Es ist Herbst, Baby. Und die NFL startet.
Morgen startet die NFL in ihre 39te Saison. Für mich ein Feiertag.
Vor 13-14 Jahren begann ich den Football zu lieben. Zuerst die World-League und dann die Bundesliga mit regelmäßigen Besuchen der Spiele der Silver Eagles und später der Blue Devils. Irgendwann geschah dann der Sprung zur NFL.
Ich war in Sachen Fernsehen gehandicapt. Ich lebte bis Mitte der Neunziger in einer Wohnung ohne Kabelanschluß, also nur mit der Grundversorgung von damals 5 Programmen. Football-gucken hieß entweder World-League bei Freunden und in der Werbeagentur schmarotzen und zum SuperBowl eine der PREMIERE-Partys besuchen.
Als Ferseh-Surrogat gab es die kratzigen, verrauschten Übertragungen auf AFN Mittelwelle, 1197 kHz.
Anfang der Neunziger begann ich, dank CompuServe, online aktiv zu werden. In einem CompuServe-Forum versorgte ich die englischspachige Gemeinde mit Fußball-Neuigkeiten aus Deutschland und so kam ein Kontakt zu einem Software-Ingenieur in den Staaten zustande. Man kam ins Gespräch und es entwickelte sich ein Deal: er schickt mir Football-Tapes, ich schickte ihm Fußball-Tapes.
Finanziell war das horrend, denn ich war nur einer seiner Versorger. Was ihm fehlte waren nicht die Übertragungen auf ARD/ZDF/RTL et al., sondern die PREMIERE-Spiele. Die musste ich damals für viel Geld (30,– DM oder so) von einem PREMIERE/SAT.1-Dienstleister kaufen. Dazu höllische Versandkosten von knapp 40-50 DM für das Paket. Wohlgemerkt: Versand per Schiff , 6 wochen lang. Luftpost hätte das Doppelte gekostet.
Aber er war im Football-Schlaraffenland. Er wohnte nahe Baltimore, eine Ecke in den USA, wo drei Großstädte binnen 50km sind: Philadelphia, Washington und Baltimore. Das hieß an jedem Wochenende 5-8 Übertragungen.
Ich war noch nie in den USA, aber die Football-Übertragungen haben mein Bild von den USA geprägt. Ich habe die Pregame-Show gesehen, sämtlicher Werbeblöcke anguckt und keine “Spitzenspiele”, sondern “normale” Football-Kost bekommen. Und ich fing an mich wie in den USA zu fühlen.
Wenn die Tapes ankam, setzte ich mich am Wochenende hin und habe sie mir bei Tageslicht angesehen. Damals in meiner neuen Wohnung, ein riesiges Fenster hinter dem Fernseher, mit Blick auf ein großes Beton-Balkongeländer und darüber den Blick auf riesige, herbstliche Bäume die von der Sonne bescheint wurden, während in den NFL-Spielen der “Indian Summer” Einzug hielt und in den Werbespots Gärtnereien aus Virginia ihre Dienste zum Laubentsorgen feilboten.
Es ist ein Gefühl was bei mir nie mehr zurückgekommen ist, seit ich PREMIERE habe. Es ist vermutlich der Unterschied zwischen etwas “frei Haus” bekommen, oder für etwas “arbeiten” zu müssen, in Form von Tapes verschicken oder mühsam Radio hören.
Trotzdem gibt es keine andere Sportart die für mich mehr Synonym für eine Jahreszeit ist, wie die NFL und der Herbst.
Ich hatte vor einigen Tagen, als ich an einem der derzeit kalten Morgen aus dem Haus ging, plötzlich diesen Geruch von feuchten Blättern und Kastanien in der Nase. Es wird Herbst. Es ist NFL. Ab morgen. (Do/Fr., ab 3h00)
Reaktionen
*snif* Ich werd sentimental.