Wider dem Spannungsboden
Sixteen days
Der Zeitplan für die Olympischen Spiele Athen 2004 ist – mit Verlaub – grenzwertig. Jeder Veranstalter bemüht sich einen Spannungsbogen aufzubauen, mit den Höhepunkten am Ende.
Aber Athen 2004? Seit zwei Tagen dümpelt Olympia vor sich hin. Man zappt sich morgens durch die sechs olympischen Fernsehkanäle und bekommt Wiederholungen vom Vorabend oder Platzierungsspiele um Platz 17 beim Tischtennis o.ä. geboten.
Die Leichtathletik verabschiedet sich bereits einen Tag vor Schließung der Spiele, Fußball, Basketball, alles längst abgeschlossen.
Gerade die Leichtathletik schleppte sich an den letzten Tagen nur mühsam dahin. Wie kann man solche Orgien an Vorkämpfen veranstalten und am letzte Tag hat man das Gefühl gerademal nur drei Finals gesehen zu haben (in Wirklichkeit waren es acht) und um Viertel vor Zehn ist die Kiste schon zu.
Vielleicht stellvertretend für Athen 2004: man war bemüht, aber für wahre Größe reichte es nicht.
Outing
Ich gebe es zu: ich habe gestern Rhythmische Sportgymnastik gesehen, ein Sport den ich so selten sehe, dass ich noch nicht einmahl weiß, woh die ganzen h‘s hinhkommen.
Eine Sportart die bislang nur aufgrund der domina-ähnlichen Kommentatorin Christa Haas unterhaltsam war. Auch wenn sie es geringfügig blümeranter ausdrückte, sinngemäß pflegt sie über die Übungen von kleinen Minderjährigen in hautfarbenen Kostümen zu sagen “Es tut mir aufrichtig leid, sie mit dieser Scheiße zu belästigen, aber anscheinend haben die körperlichen Züchtigungen nicht ausgereicht um dem Kind das richtige Fangen der Keulen reinzuprügeln. Ich bin persönlich angewidert von den eben gesehen Leistungen und verpüre den Ausbruch von Ekelherpes, wenn noch mal so ein Blag kommt und die Keulen nicht vernünftig fängt.”
So ähnlich drückt sie es jedenfalls aus, wenn sie mit ihrer kleinen Trittleiter auf den Kommentatorentisch klettert und ans Mikro kommt.
Um aber wieder auf die Rithmische Sportghymnastik zurück zu kommen: gestern war der Mannschaftswettbewerb und es gab reichlich abgefahrene und zirkusreife Sachen zu sehen. Was fünf Mädels mit Ringen, Bällen und Bändern anstellen, war optisch originell und artistisch sensationell.
Heulsuse
Keiner ist bei den Siegerehrungen schöner anzusehen, als El Gerrouj, stolz wie Hulle und trotzdem noch eine gesunde Portion Ehrfurcht und Respekt vor dem Sport und der Leistung besitzend. Bei abgefuckteren Sportlern sieht man deutlich bereits die demnächst abgeschlossenen Werbeverträge in den Augen blitzen, die Siegerehrung dient der Selbstdarstellung. Ganz schlimm die 4x400m/M, als die Amis zwei Meter hinterm Ziel routiniert die bereitliegenden US-Flaggen entgegennahmen und das Jubeln als abgewichste Pflicht-Verlängerung des Laufes hinnahm.
El Guerrouj kann noch so sehr Segelohren und Pferdegebiß haben, sein permanenten Kampf zwischen Stolz, Lächeln und wässrigen Augen auf dem Podium war um einige Größenordnungen anmutiger und mit Sicherheit eines der Bilder die ich von Athen 2004 im Gedächnis behalten werden.
Reaktionen
ihre weihleidige seite enttäuschender und wohl selbst auch enttäuschter sportler versucht vom eigenen versagen abzulenken – und hat ein scheinbares opfer gefunden: christa haas, die zdf reporterin, der die kommentierung des gesehen zugefallen ist. was soll die frau machen? schönreden? nein ! sie sagt dass die leistung der sportler unzureichend und blamabel ist, sie sagt das höflich und was sie sagt ist mehr als zutreffend. sie deswegen als “domina-ähnliche Moderatorin” zu bezeichnen ist eine unverschämtheit gegenüber einer begnadeten journalist die sich der wahrheit verpflichtet fühlt und kein dampfplauder im stile waldemar hartmanns ist, der auch noch die größte niederlage zum sieg erklärt. ich denke mal christa haas wird über ihre ehrabschneidenden kommentare entsetzt sein – schlimm was man ertragen muss wenn sich im öffentlichen fernsehen bewegt.
Herr Bovier, Sie haben recht, eine meiner Triebfedern für dieses Blog ist meine missratene Sportgymnastik-Karriere und ich wette minimum ein Drittel meiner Leser sind eben so an der Aufnahme in den Olympiakaders für die Keulen hängengeblieben.
Ansonsten möchte ich Ihnen herzlichst zu Ihrem Gedächnis gratulieren, dass Sie sich knapp ein Jahr nach der Reportage anscheinend noch soweit der Kommentierung von Frau Haas entsinnen um derart waidmännisch den schriftlichen Blattschuß zu wagen.
Mit positiven Schlagzeilen macht man nunmal wesentlich weniger Hits als mit negativen Schlagzeilen.
Das hat der gute Herr Pahl nunmal verinnerlicht.
… wie jeder sehen kann, der sich z.B. aktuell die letzten zehn Headlines auf aas durchliest. Knallige, negative Headlines, auf Effekt hingetrimmt. Wie man es nicht besser in der Christa-Haas-Grundschule beigebracht bekommt.
Ausnahme bestätigen halt die Regel. Vielleicht solltest Du nicht nur Deine Headlines lesen, sondern auch Deine beigesteuerten Texte ;)
Wenn irgendwo etwas Negatives zu berichten ist, insbesondere bei Sportarten, -ligen oder Serien die Dir nicht in den Kram passen, bist Du doch der erste und größte Lautsprecher der Welt :)
Aber laß mal, ist halt Dein Blog und ich amüsiere mich hier hin und wieder köstlich.