Die neue Schwergewichtsautorität

Witali Klitschko schlägt den Südafrikaner Correy Sanders durch technischen K.O. in der 8ten Runde. Mit 14 Sekunden noch auf der Uhr, schritt Ringrichter John Schorle ein und brach den Kampf ab.

Bis dato dominierte Klitschko den Kampf, allenfalls die erste Runde ging an Sanders.

So einseitig sich das anhören mag, so war es doch der interessanteste Schwergewichtskampf den ich seit langer Zeit gesehen habe. Es war nichts aus der Feinkostabteilung, aber wer das sucht, ist in der schweren Gewichtsklasse eh fehl am Platz.

Es war ein Kampf mit offenem Visier und großem Herzblut vorgetragen, der einen von den Sitzen riss.

Sanders, untersetzt, unaustrainiert aussehend, legte den Rückwärtsgang ein und liess sich immer wieder in die Ecke und den Seilen zurückfallen, um Klitschko kommen zu lassen und dann überfallartig mit unglaublich schnellen Schlägen Vitali auszukontern. Klitschko war ob der Schlaggeschwindigkeit überrascht, musste im Laufe des Kampfes immer wieder Wirkungstreffer einstecken und ging gegen Ende der ersten Runde fast zu Boden.

Doch fortan siegte der Intellekt von Klitschko und Sdunek. Klitschko näherte sich extrem vorsichtig Sanders an, mit großem Spreizschritt für einen guten Stand für Meidbewegungen im Oberkörper, um den Sanders-Schlägen auszuweichen. Sanders verstand es zu diesem Zeitpunkt nicht diese recht immobile Position Klitschkos, mit den im Boden einbetonierten Füßen auszunutzen und im Hurra-Stil aus der Ecke auszubrechen.

Sanders wurde stattdessen immer langsamer, seine “Überfälle” kamen immer seltener und Klitschko konnte immer besser um Sanders herum schlagen.

Sanders musste zuviele Schläge einstecken. Die Deckung war löchrig, anfällig nicht nur für Haken um die Deckung herum, sondern auch für die straighte Gerade von Vitali.

Der Kampf lebte am Runde 4, 5 von den unglaublichen Nehmerqualitäten Sanders. Es war schon körperlich nicht mehr anzusehen, wie sich Klitschko-Schlag um Klitschko-Schlag Sanders Gesicht deformierte.

Mit seinem ersten Schlag in der 8ten Runde hatte Sanders sein Pulver verschossen. Jeder Schlag riß ihn selber fast von den Füßen. Er wankte durch den Ring, er hatte gedanklich auf Autopilot geschaltet und wäre nie zu Boden gegangen, wenn der Ringrichter nicht eingeschritten wäre, als Sanders Dutzende von Schläge widerstandlos eingesteckt hätte.

Klitschko ist damit WBC-Champion und hat auch in der öffentlichen Meinung den stärksten Eindruck aller zuletzt kämpfenden Weltmeister gemacht. What’s next? Je nach Medienberichten soll sich Klitschko nun Lennox Lewis, Brewster, Chris Byrd oder Mike Tyson als nächsten Gegner wünschen. Im Grunde genommen macht nur eine “brüderliche Revanche” gegen Brewster Sinn. Die anderen beiden Weltmeister, Byrd und noch mehr Ruiz, sind unansehnliche Defensiv-Boxer bei denen man nur verlieren, aber kaum Ruhm und Ehre gewinnnen kann.

Dazu passen die Zuschauerzahlen des Staples-Center. Mit 17.500 Zuschauern nicht ausverkauft. 12.500Karten sollen gar Freikarten gewesen sein.

Ein Wort zur Fernsehübertragung. Werden diese Sendungen vom ZDF eigentlich auch redaktionell betreut, oder wie es zu erklären das im Rahmen der einstündigen Vorberichterstattung binnen zwanzig Minuten Fritz Sdunek dreimal von drei verschiedenen ZDF-Reportern zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten befragt wird? Wie ist es zu erklären das sich Marco Schreyl in der Nachberichterstattung nicht entblödet Sdunek zum Lügendetektor-Test zu befragen, wo es bereits vor dem Kampf Thema eines Interviews mit Sdunek war?

Das ZDF muss sparen. Wie kommt es dann, das man gleich mit drei verschiedenen “Field-Reporter” unterwegs ist, und man sich den Luxus gönnt und den zweiten Kampf, gezeigt in einer zirka dreiminütigen Zusammenfassung explizit von einem zweiten Kommentator, Günter-Peter Ploog, kommentieren läßt?

Die Fähigkeit eine straighte, geradelinige Sportsendung zu machen, scheint den großen Fernsehsender abhanden gekommen zu sein.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp