Homerun für Doping

Seit Wochen kommen die Einschläge näher und heute wurde die bislang mächtigste Salve abgefeuert, und die könnten treffen. Einer Zeitung ist es gelungen sich aus anonymen Quellen die Abnehmer der Doping-Mittel des BALCO-Netzwerkes bestätigen zu lassen.

Und die Namen sind groß.

Und der Zeitpunkt ist “günstig”. In einem Monat beginnt die Baseball-Saison, Baseball ist wegen der gerade beginnenden “Spring Training” genannten Vorbereitung und einiger spektakulärer Transfers in aller Munde.

Es ist mehrere Monate her, da wurden Dopingfahner in den USA fündig und hoben das bislang größte Doping-Netzwerk aus: Die BALCO (Bay Area Laboratory Co-operative) in San Francisco.

Die BALCO ist ein sportmedizinisches Institut das Blut von Sportlern untersucht und ihnen anhand der Ergebnisse eine Diät von Nahrungsergänzungsmitteln verschreibt. Die BALCO besitzt eine renommierte Kundenliste, u.a. Marion Jones, die 100m-Sprinterin, Tim Montgomery, Sprinter, Dwight Chambers, Hürden, Barry Bonds, Baseball-Rekordmann, Bill Romanowski, NFL-Bösewicht etc…

Und die BALCO steht im Verdacht das neue Steroid THG — Tetrahydrogestrinon — produziert zu haben. Nach einem anonymen Tipp durch einen Athleten gelang es der US-AntiDoping-Behörden im Zusammenspiel mit den Finanzbehörden BALCO auszuheben und anzuklagen.

Der Gschäftsführer von BALCO ist Victor Conte, der sich immer wieder im Dunstkreis von Doping-Skandalen befand, z.B. der Ernährungsberater des gedopten Kugelstoß-Weltmeisters CJ Hunter (Ex-Ehemann von Marion Jones).

Wie erwartet: in der doping-resistenten US-Öffentlichkeit die den Umgang mit deformierten Männerkörpern in Wrestling, Baseball und Football gewohnt ist, wo der Stiernacken eine normale, im College antrainierte Körpereigenschaft ist, sorgte es nur leise Schlagzeilen. Zwar wurden auch Männer im Dunstkreis von US-Sportgrößen gefasst, aber nicht aufregendes, keine Big Names.

Der “SF Gate” hat versucht heraus zu bekommen, wer eigentlich Abnehmer innerhalb des Netzwerkes gewesen ist. Und sie hat recht fette Namen bestätigt bekommen: Barry Bonds, der derzeit beste Baseball-Schlagmann, Jason Giambi und Gary Sheffield von den Yankees, Benito Santiago und zwei weitere Baseballer. Dazu gesellt sich Bill Romanowski, der Linebacker bei den Broncos und Raiders, der in der NFL bereits mehrfach wegen Doping-Vergehen bestraft worden ist.

Barry Bonds wird neben der Einnahme von Steroide darüber hinaus auch beschuldigt Wachstumshormone gekauft zu haben, die in den USA verschreibungspflichtig sind. Bonds soll auch in der legendären 2001er-Saison gedopt gewesen sein, als er den Homerun-Rekord schlug.

Die Zeitung erklärt ausdrücklich, dass sie die Athleten nicht beschuldigen das Doping eingenommen zu haben, sondern gekauft zu haben. Desweiteren schlüsselt die Zeitung diverse Verbindungen und Kontakte auf, die eigentlich keinen anderen Schluß zulassen, als dass die namentlich erwähnten Athleten bewusst sich über Mittelsmänner an BALCO gewandt haben.

Die Athleten können darüberhinaus in Erklärungsnöten kommen, weil einige, namentlich Giambi und Bonds, letzte Woche explizit via Rechtsanwälte die Einnahme von verbotenen Mitteln leugnen haben lassen.

Statements der Anwälte gegenüber der SF Gate, lassen aber erkennen, das man langsam auf die Verteidigungslinie einschwenkt “man habe nicht gewusst was man da genommen habe”…

Bobby Valentine, langjähriger Coach der Mets, kritisiert in der NYTimes die Hypokrisie der Liga: “If the league is going to bring the hammer down on this, they better admit they made a huge mistake. When I was a manager, there was no advice given to the players, and you never heard of an owner coming down to the clubhouse and saying, `I heard you are taking steroids; you could have a heart attack at 55.’ “

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Da merkt man sich bei den ersten Baseballspielen die man sich reinzieht einen Namen, schon hat Barry Bonds möglicherweise Dreck am Stecken.

    Tze, kann doch nicht wahr sein.

  3. na ja, wenn man sich den körperbau etlicher hitter ansieht, dann war mir schon klar, dass da nicht alles koscher abläuft. mich hat aber verwundert das sogar ein catcher wie benito santiago, der nun weiß gott kein bär ist, steroide nehmen soll.

    und wenn mit doping-fahnung ernst gemacht wird, möchte ich nicht wissen was im football alles auffliegt… da braucht man sich nur die körper anzusehen, oder die unglaubliche aggressivität von leuten eines schlages wie ray lewis, die ich mir ohne aufputschmittel nicht vorstellen kann.

    bei sportarten wie baseball und football halte ich doping auch eigentlich nicht für das große problem. die liegen funktionieren recht autark von anderen ligen, es sind erwachsene männer die wissen sollten was sie da nehmen, bzw. welchem risiko sie sich aussetzen.

    das kernproblem liegt für mich aber darin, dass die sportler alle bereits in den colleges herangezüchtet werden und ich mir sicher bin, dass bereits auf college-niveau massiv gedopt wird, also bei jugendlichen, die eben nicht voll entscheidungsfähig sind.

    gravierender: die neunziger jahre sahen eine “kommerzialisierung” des college-sports und seit der jahrtausendwende sehen wir nun diesen kommerz-virus auch die high-schools ergreifend.

    im baseball werden inzwischen sogar schon schüler-liga-spiele von ESPN übertragen und wenn um basketball-spieler wie LeBron James ein hype entsteht, werden gnadenlos auch high-schol basketball-spiele übertragen.

    hier wird also bereits in high-schools ein druck aufgebaut, der in letzter konsequenz bereits teens ins doping treibt.

    wer sich die in letzter zeit entwickelten college-skandale rund um vergewaltigung und schwarzgelder anschaut, der ahnt, wie skrupellos es auch bei den ganz jungen vor sich gehen kann.