Chavez zeigt Moral-es
Der Boxabend fing mit einer recht lauen Veranstaltung in der ARD an. Wie immer im Deutschen Fernsehen, versucht man selbst Boxveranstaltung aus einer Provinz-Schüleraula mit Flak-Scheinwerfern und ach-so-hippen Musikeinlagen aufzujazzen. Dazu wieder Ben Wett als peinlicher “Laaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaddddddiiiiiiiessss and Gentleman”-Michael-Buffer-Verschnitt…
Danach kam eine blaße WM-Titelverteidigung von Markus Beyer gegen einen wackeren aber limitierten südafrikanischen Herausforderer (Andre Thysse). Wie ein Beyer ernsthaft gegen die wirklich guten Leute im “Super Middleweight” wie Calzaghe, Green oder Ottke bestehen will, ist mir ein Rätsel.
Nicht gegen das Aufjazzen von Boxveranstaltung, nichts gegen Boxen in einer Dresdner Schüler-Aula. Aber bitte alles zur seiner Zeit. Und bei einem derartigen Micky-Maus-Kampf eine solche Show anzubrennen, ist einfach nur peinlich. Es ist mir ein Rätsel wieso keiner der Verantwortlichen eine derartige Geschmacksverirrung nicht erkennt. Das ist vermutlich die Erblast die aus einstigen RTL-Zeiten zu tragen ist.
Man musste schon um vier Uhr aufstehen um einen Kampf zu sehen, der aus dem obersten Regal der Box-Konfektabteilung stammt: Chavez – Morales.
Chavez, der unbekannte, mexikanische Titelverteidiger gegen den mexikanischen Volksheld “El Terrible” Erik Morales, der aus der unteren Gewichtsklasse hochgestiegen ist, um dort in einer dritten Gewichtsklasse Weltmeister zu werden.
Die erste Runde sah Chavez mit einem strassenfight-ähnlichen Stil loslegen und Morales mehrere Male in schwere Verlegenheit bringen. Chavez hat eine merkwürdig wackelige Führungshand und landet wilde Schwinger in die er seinen ganzen Schwung reinlegt. Wenn die treffen, und diese haben durchaus getroffen, dann ging es Morales durch Mark und Bein.
In der zweiten Runde war Morales wesentlich besser eingestellt und konterte die Schwinger von Chavez, der nach seinen Schwingern immer sekundenlang offen stand, mit feinsten Aufwärtshaken und brachte Chavez in Runde 2 gleich zweimal zu Boden.
Chavez versuchte durch einen wilden Schlaghagel Zeit zu gewinnen und irgendwann bei diesem Schlaghagel brach eine alte Verletzung an der rechten Schulter auf. Runde 2 war letztendlich kampfentscheidend, weil die Runde aufgrund der beiden Niederschläge sich mit 10:7 zugunsten von Morales auswirkte und weil Chavez immer größere Probleme mit dem rechten Arm bekam. Am Runde 6-7 schlug Chavez nur noch einhändig und benutzte die Rechte nur noch zur Deckung.
Die deutliche Überlegenheit von Morales ging schnell dahin, weil er seine Linie verlor. Nachher wurde bekanntgegeben dass auch bei Morales eine alte Handverletzung aufgebrochen ist und er deswegen nicht mehr so hart schlagen konnte. Eine aufgrund des Kampfverlaufes durchaus glaubwürdige Aussage.
Selbst der einhändige Chavez blieb bis in die letzte Runde erzgefährlich. Beide boten einen wackeren und interessanten Kampf. Chavez, der bis dato unbekannte (Ex-)Weltmeister dürfte durch diesen Kampf einiges an Reputation gewonnen haben und ich wünsche mir ihn in weiteren hochklassigen Ansetzungen zu sehen.
In einem “Undercard”-Kampf sah man einen neuen, interessanten Mann aus Puerto Rico: Miguel Cotto der Victoriano Sosa in einem unaufgeregten Kampf mit einem beeindruckenden Arsenal an Schlägen auseinandernahm. Cotto wird mit Sicherheit demnächst ganz große Kämpfe bestreiten.
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