Die Formel-1-Blase
Noch knapp drei Wochen bis zum Beginn der diesjährigen F1-Saison in Melbourne (7ter März). Die Saison2004 stellt einen Wendepunkt in der F1-Historie dar, da sich nun die Abkehr von den klassischen Motorsport-Ländern hin zu den neuen Ufern in Nah- und Fernost manifestiert. Shanghai und Bahrain geben ihr Debüt (26ter Sept, 4ter April).
Umgekehrt stehen diverse europäische Grand-Prix auf der Kippe. Frankreich stand kurz vor dem Exitus, Silverstone steht seit Jahren unter Beschuss, Spa war weg vom Fenster, Imola steht vor dem Ausscheiden und Dampfplauderer Ecclestone kündigt den Abzug von noch mehr europäischen Rennen an.
Und warum das Ganze? Wer nach Erklärungen sucht, hört viel Dampfplaudereien. Markt der Zukunft. Wachstum. Steigendes Interesse. Konkretes wird nicht geliefert. Es bleibt meistens in der Güteklasse wie heute morgen in einem Interview der BBC mit einem Finanzanalysten “Steigendes Interesse” blabla “Wenn F1 in Indonesien läuft, sind die Strassencafés voll, es wird noch zelibriert, anders als in Europa”.
Bei 40-60% Einschaltquote in Deutschland würde ich auch nicht gerade auf mangelndes Interesse schliessen.
Langer Rede kurzer Sinn: die F1-Oberen versuchen sich hier ihren eigenen Hype aufzubauen, der momentan noch nicht wirklich durch reeles Interesse gestützt wird. Der Grand Prix von Malaysia zählt zu den eher schlecht besuchten Veranstaltungen. Asiatische Fahrer haben sich noch nicht durchsetzen können. Die Sponsorengelder aus Asien sind eher spärlich.
Nun kommt Bahrain hinzu, ein Grand Prix bei dem ich noch nicht mal im Ansatz ahne, wie die überhaupt eine sechstellige Zuschauerzahl anlocken wollen. Und wer sich die Hochpreispolitik in Europa anguckt, kann berechtigte Bedenken haben, wie man Tribünen in Istanbul, Moskau, Shanghai und Indien füllen will.
Und mit gerade mal 7,8 Teams die eine finanziell einigermassen gesicherte Zukunft haben, kann man nicht für jedes Rennen einen “Local Guy” einschleusen.
So wie es aussieht, hat die F1 entschlossen, endgültig zum artifiziellen Theater zu werden. Die Rennen brauchen nicht mehr an Orten veranstaltet zu werden, wo die Fans sind. Sollen doch nach Bahrain 50.000 Zuschauer kommen. Solange es in Europa im Fernseher läuft…
Obwohl, und das ist ein Knieschuss der sich letztendlich auch auf die Gelder auswirken könnte: wollen RTL, TF1, SKY und Konsorten wirklich noch genauso viel für die Übertragungen zahlen, wen das Gros nicht mehr Sonntag mittags, sondern irgendwann um 6, 7h morgens stattfindet?
Die heutige F1 ist von einer (Schein-)Ökonomie geprägt. Die Symptome ähneln dem New Economy-Hype. Man vertraut auf Expansion und Boom an anderer Stelle, statt seine Schwachstellen zu bearbeiten. Spätestens wenn die Zuschauer in Asien doch nicht in den Massen strömen, weil Siege von Deutschen und Kolumbianer vielleicht doch nicht so sexy sind, wenn das Fahrerfeld aufgrund der Konkurse von Minardi und Jordan und des Rückzuges von Jaguar, BAR und Toyota auf zehn Piloten geschrumpft ist, hat man die Wand geortet, auf die man derzeit mit hoher Geschwindigkeit zufährt.
Wo man derart am Publikum vorbeifährt, bieten sich auch Gelegenheiten. Beispielsweise die DTM. Wenn die DTM mehr Eigenständigkeit gegenüber Daimler-Chrysler/Mercedes zeigen würde, die peinlich darauf bedacht sind, nicht der F1 Konkurrenz zu machen, und daher die DTM deckeln.
NASCAR in den USA hat es vorgemacht. Low-Budget. Low-Budget bei den Teams. Low-Budget bei den Eintrittspreisen. Volkstümlichkeit. Präsenz durch mehr als 40 Saisonrennen. Abwechslungsreicher Modus.
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