Der Kick am Mittag
Häh. Eine Gedanke geht durch Deutschland und schlägt Wellen. Bundesliga-Spiele am Samstag mittag? Nur damit die Schlitzis teurere Fernsehrechte kaufen? (iehe z.B. Sport1-Meldung)
Hoh! Sage ich, erstmal langsam mit den Pferden. Zum einen kam dieser Gedanke von Werner Hackmann, der aus mir immer noch nicht nachvollziehbaren Gründen irgendwann als Liga-Präsident gewählt worden ist und dessen Visionen in der Regel bis zur nächsten Zigarettenpackung reichen. Mit anderen Worten: ob Hackmann etwas sagt, oder in China fällt Samstag mittags (deutscher Zeit) ein Sack Reis um, ist wurscht.
Auch deutet die Frequenz mit der derzeit die Liga solche Pläne wie Liga-PayTV, Freitagsspiele, Mittagsspiele abfeuert, auf strategische Planung mit der Präzision einer Schrotflinte hin: einfach mal Brainstormen und nach draussen Posaunen, irgendwas brauchbares wird schon dabei sein.
Mit anderen Worten: der Vorschlag ist so wie er dargebracht wurde, für Ablage P wie Papierkorb bestimmt.
Ich finde den Vorschlag trotzdem interessant.
Die Notwendigkeit einen solchen recht unorthodoxen Vorschlag anzubringen (die Engländer haben meines Wissens die Mittags-Spiele anfangs nicht wegen ballverliebte Chinesen gemacht, sondern um den Hools weniger Zeit zu geben zwischen Aufstehen und KickOff sich die Hucke vollzusaufen), deutet aber an wie sehr die Bundesliga wegen der finanziellen Situation die Pupe geht. Und ich frage mich, wer da neben dem BVB noch Dreck am Stecken hat. Schalke wäre m.E. ein weiterer heißer Kandidat. HSV? Hertha?
Der Mittagszeit-Vorschlag zeigt aber auf einen anderen wunden Punkt der Bundesliga: die suboptimale internationale Vermarktung der Bundesliga. Selbst in den Hochphasen eine Lizarazu gab es im französischen Fernsehen kaum Bundesliga-Spiele zu sehen, während man morgens, mittags und abends mit Ausschnitten von den heroischen Taten der Zidane, Desaillys, Trezeguets, Petits, Pires, Henrys oder Vieras aus Italien, Spanien oder England zugeschüttet wurde.
Nun ist aber ein Viera und der alltägliche italienische Kick nicht unbedingt einem Lizarazu oder dem durchschnittlichen Bayern-Spiel überlegen.
Man versuche Ausschnitte aus der Bundesliga in den Sportnachrichten von CNN, EUROSPORT oder BBC World zu sehen. Fehlanzeige, nada, nix. Maximal Standbilder. Man schaue sich die Sendeplände der US-Sportsender oder des internationalen ESPN-Kanals an. Bundesliga findet im Vergleich z.B. zum sehr offensiv auftretenden englischen Kick, nur zu Bruchteilen statt.
Angesichts der Gier die kommerzielle Fernsehsender auf Fußball haben, gibt es für mich nur einen Schluß: die Bundesliga hat jahrelang bei der Vermarktung gepennt, z.B. den Schub aus dem WM-Sieg 1990 nicht genutzt.
Kann es einem nicht egal sein, ob am deutschen Fußballwesen nun die Welt genest? Gegenfrage: Wieviele deutsche Spieler spielen im Ausland? Wieviele hochklassige deutsche Spieler? Wenn ich mir angucke was da sonst so an Spielern kreucht und fleucht, kann mir keiner erzählen dass es nur am Geld oder der Qualität liegt. Es ist auch eine Frage der Außendarstellung. Im Wettbewerb mit englischen Profis, sieht ein deutscher Profi im europäischen Ausland keine Schnitte, und wenn sein Verein in der zweiten UEFAcup-Runde rausfliegt, findet er erstmal ein dreiviertel Jahr im Fernsehen gar nicht mehr statt.
Die Qualität des deutschen Fußballs steht und fällt zwar nicht mit der Außendarstellung, aber es ist ein unterstützendes Element. Man muß ja schon Gott danken, dass sich die Liga ein gemeinsames Logo ausgedacht hat. Auch wenn es stark voin den US-Sportarten-Logos abgekupfert ist, so ist es immer noch besser als der schwarz-rot-goldene Strudel.
Mittagsfußball ist ein Vorschlag der derzeit weit über das Ziel hinausschießt, nicht zuletzt weil die Engländer diesen Markt inzwischen schon besetzt haben. Aber der von Uli Hoeneß vorgebrachte Vorschlag den LigaCup zu einer im Ausland ausgetragenen Veranstaltung zu machen, halte ich für eine Idee mit Augenmaß, etwas mit überschaubaren Aufwand, um einen Fuß in den asiatischen oder US-amerikanischen Markt zu bekommen. Auch hier: Vorbilder gibt es genug, Supercup-Spiel (war es Italien oder England?) die in den USA ausgetragen wurden (New York?).
Auch wenn nun Hoeneß dabei wieder das Kotzen kriegt: auch längere Tourneen der deutschen Nationalmannschaft wären eine solche Marketingmaßnahme, die indirekt Interesse und damit Geld in Bundesligataschen wandern lassen würde.
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