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Der Scharfrichter wartete gleich hinter der Ecke. Die Mannschaftskabine dünstet noch Männerschweiß und Testeron aus, da sind die Entlassungspapiere schon ausgehändigt. Wie erwartet. Na ja, fast.
Neben den bereits im Vorfelde entlassenen oder angekündigten Entlassungen von “Nussknacker” Dan Reeves/Atlanta und Jim “Beamter” Fassel/New York Giants, sind heute drei erwartete Namen geflogen.
Dave “Wer, bitte?” McGinnis/Arizona konnte der Sensationssieg gegen Minnesota und alle Solidaritätsbekundungen aus Green Bay nicht helfen. In letzter Zeit fällt verstärkt der Name vom Ex-Vikings Dennis Green als Nachfolger, der davor länger in Atlanta im Gespräch war (oder ist?). Mich würde ein Engagement von Green in Phoenix überraschen, denn der Teameigner der Cards ist nicht dafür bekannt mit Geldmitteln ein Team aufbauen zu wollen.
Greg Williams/Buffalo war bereits vor der peinlichen Niederlage bei New England im Kreuzfeuer, nicht zuletzt weil das Spielermaterial eigentlich als minimum playoff-reif gilt. Immer wieder krusiert zur Zeit der Name von Patriots OffCoord. Charlie Weis auf Bewerbungsunterlagen. In Buffalo, Stichwort Ex-Pats Drew Bledsoe, würde der Mann sogar richtig Sinn machen.
Die Entlassung vom “Mr. Thin man” Dick Jauron/Chicago galt hingegen als nicht so sicher. Bei den Bears findet vereinsintern eine Art “Bürgerkrieg” statt, zwischen Teilen der Besitzerschaft und des Managements. Der Frontenverlauf war unklar, fest stand nur, dass der General Manager Jauron gerne weg haben wollte. Machtkampf gewonnen.
Überraschend auch wer nicht gefeuert wurde. Marty Schottenheimer/San Diego bekam bereits vor einigen Tagen die Absolution. Die Teambesitzer der Chargers, die Spanos, gelten als Geizkragen der Liga, die sich lieber fünf Draft-Picks in der 7ten Runde holen, als einen teuren Mann in der ersten. Sie hatten wohl wenig Bock eine Abfindung für einen golfspielenden Coach zu zahlen. Dann schon lieber den Coach fürs Geld trainieren lassen.
“Kaltschnäuzigkeit” beweist Wayne Huizenga, Besitzer der Miami Dolphins, der entgegen des massiven Fan-Willens, “Schnäuzerkeit himself” Dave Wannstedt nicht nur nicht zu Fischfutter verarbeitet hat, sondern zudem mit einer Verlängerung von 2Jahren ausgestattet hat. Ihm wird aber nun ein “General Manager” für Personalentscheidungen zur Seite gestellt, also das Seattle/Holmgren-Modell.
Quasi sekündlich wird mit der Entlassung von Bill Callahan/Oakland gerechnet. Vom Superbowl-Teilnehmer zum zweitschlechtesten Team der Liga in nur 11 Monaten. Die internen Reibereien sind nicht nur Legende, sondern haben im Vorfeld zum letzten Spiel in San Diego ein neues Highlight bekommen, als Callahan 90 Minuten vor Kickoff aus disziplinarischen Gründen CB Charles Woodson und RB Charlie Garner vom Spiel suspendierte. Beide fehlten bei einem Teammeeting am Samstag Abend, sind “zufällig” gleichzeitig Wortführer des teaminternen Widerstandes gegen Callahan.
Nach dem Aussprechen der Suspendierung ist es zur einer offenen Revolte in der Teamkabine gekommen, die gesamte Secondary drohte das Stadion verlassen zu wollen.
Selbst ein intelligenter, besonnener und erfahrene Spieler wie WR Tim Brown sprach nach dem Spiel gegenüber einer Zeitung, dass etliche Mannschaftsteile persönliche Aversionen gegen Callahan aufgebaut hätten, die eine weitere Zusammenarbeit verunmöglichen würden. Soviel Koks kann Al Davis sich nicht reinpfeiffen um nicht darauf zu reagieren.
Der gestrige Spieltag dürfte den Kopf von Butch Davis/Cleveland aus der Schlinge gerettet haben, so denn er überhaupt da drin war. Die Browns zeigten in einer Partie in der es für sie um nichts ging, eine, nach amerikanischen Maßstäben, ehrwürdige Leistung.
Ganz genau das Gegenteil boten die Minnesota Vikings. In einem Spiel in dem es um alles für sie ging, nämlich um die Playoff-Teilnahme — ein Sieg hätte gereicht –, haben sie sich vom schwächsten Team der Liga vier Sekunden vor Schluß schlagen lassen. Nach einem 6-0-Start in die Saison, sind die Vikings aus den Playoffs draussen.
In Minneapolis/St.Paul sprechen die Kolumnisten schon davon dass dies Coach Mike Tyce den Job kosten könnte. Ich selber halte aber den Teambesitzer für zu besonnen um so “kurzschlüssig” zu reagieren.
Richtig rotieren wird das Trainerkarussell erst im Laufe des Januars, wenn nach Saisonende die College-Coaches und die ausgeschiedenenen NFL-Playoff-Coaches angesprochen werden können.
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