BuLi: der Charme des Morbiden

Hey, es ist Herbst, wir nähern uns Allerheiligen und Totensonntag. Warum sollten wir uns dieser Tage nicht ein bißchen am Elend anderer Leute erwärmen, zumal das Elend aus Punktverlusten oder sechs- bis siebenstelligen Abfindungen besteht.

Heute beginnt ein weiterer Bundesliga-Spieltag, mit größtenteils eher mauen Ansetzungen, wenn, ja, wenn die Begleitumstände nicht wären.

HSV – Schalke ist mein persönliches Spitzenspiel. Vielleicht zu sehr lokalpatriotisch eingefärbte Wahl… Ich bin sehr gespannt wie das Publikum in der AOL-Arena reagiert. Einerseits hat das “Volk” die seit langem geforderte Jara-Entlassung bekommen.

Auf der anderen Seite sind die Umstände unter denen es geschehen ist, recht unschön gewesen (die am Montag eigens zur Unterstützung von Jara einberufene Pressekonferenz von Hoffmann und Beiersdorfer stellt sowas wie der moralische Genickbruch dar) und die hiesige Springer-Presse hat in den letzten Tagen aus allen Rohren gegen die Vereinsführung gefeuert und seine Sympathien für Jara entdeckt. Ich habe schlichtweg keine Ahnung inwieweit die Fans sich von der plötzlichen Moralisierei des Abendblattes und der BILD anstecken lassen.

Toppmöller hat “nur” zwei Trainingseinheiten bis zum heutigen Spiel durchführen können. Er soll wohl massiv Rahn Kopfballflanken üben lassen und alles was eine entsprechende Eisenbirne hat, soll heute im Strafraum lungern.

Unterm Strich: ich bin happy über den Wechsel, verspreche mir nach knapp zwei Jahren furchtbaren Jara-Fußball endlich spannendere Kicks vom HSV. Die Spieler hätte er dafür. Kontinuität hin und her: wenn Kontinuität Jara heißt, dann lieber für zwei Jahre wie eine Supernova am Firmament scheinen.

Rostock – Hertha BSC Berlin, PREMIERE-Top-Spiel. Noch so ein Spiel das den Charme des Morbiden trägt. Mit Sicherheit werden alle zwanzig Sekunden Zwischenschnitte auf Huub Stevens getätigt.

So unangenehm das Ultimatum ist, hatte Hertha wirklich eine andere Wahl angesichts der Medien und der Fans? Im Gegenteil: es grenzt an einem Wunder und Vertrauensbeweis, dass sie Stevens noch einmal zwei Spiele Zeit gegeben haben. Insofern muss man Hertha zum Rückgrat gratulieren.

Wenn es im Ostseestadion zu Rostock auch nur annähernd so windig ist, wie in Hamburg, verspricht es ein putziges Spiel zu werden.

Eintracht Frankfurt – 1.FC Köln Und noch einmal so ein “Trainer, ärgere dich nicht”-Spiel, bei dem man guckt, wer als erster fliegt. Andreas Rettig ist das Paradebeispiel für den Manager der alles unter Kontrolle hat, in der Kölner Medienlandschaft nicht ganz ohne. Der merkwürdige Kauz Willi Reimann, der anläßlich der Jara-Entlassung vom “geplanten Mord” sprach, ist selber nicht mehr unumstritten in Hessen.

Am Sonntag mit Bochum – Dortmund und Leverkusen – Gladbach zwei interessante Ruhr- bzw. Rheinderbys. Bochum, die aufstrebende Kraft vs. den nach Konstanz und Qualität suchenden BVB. Und Spitzenreiter Augenthaler gegen die Fohlen, die derzeit von Fach eimerweise Taktik eingeführt bekommen und zumindest propre Ergebnisse erzielen.