March Madness 2008: Elite Eight
Je nach Gusto kommt es heute und morgen zum “Achtelfinale” der March Madness, den Elite Eight oder den Regional Finals.
In der letzten Runde gestern und vorgestern, den Sweet Sixteen, war alles dabei, Favoritensiege, Überraschungen, knappe Siege, Kantersiege. Die #1-Seeds sind diesmal sehr sicher durchgekommen, während #2 Tennessee – vorher als potentieller #1-Seed gehandelt – #3 Louisville überraschend deutlich zum Opfer fiel.
Die Mannschaft von der am meisten geredet werden wird, ist aber die Cinderella des Turniers: #10 Davidson, die beim Sieg gegen Wisconsin eine monströse Leistung gezeigt haben.
Sa 23h40, WEST: #1 UCLA Bruins – #3 Xavier Musketeers
(Kommentar: Verne Lundquist & Bill Raftery)
Gemessen an seine bisherigen Gegner, erwies sich #12 Western Kentucky für UCLA als überraschend hartnäckiger Gegner. 88:78-Sieg für UCLA, aber so viele Punkte hat UCLA in dieser Saison zuvor nur einmal, beim Sieg gegen California zugelassen. UCLA begann das Spiel nach 10 Minuten zu kontrollieren und ließ kaum Körbe zu. 40:21 war der Halbzeitstand für UCLA.
Aber die Bubis von Western Kentucky kamen zurück und konnten 5min vor Schluß auf 4Punkte Rückstand verkürzen. Besorgniserregend für das defenselastige Team muss es sein, dass sie es in der 2ten Halbzeit nicht geschafft haben, den Go-To-Guy der Hilltoppers auszuschalten: Tyrone Brazelton mit 25 Punkten.
Die Xavier Musketeers aus dem Norden von Cincinnati haben ebenfalls einen Schlüsselspieler: den Vorlagengeber #24 Drew Lavender. Gegen WVU gewann man 79:75 in OT. Zu Beginn des Spiels zog man mit eine Serie von Dreiern davon, ehe WVU mit der Defense anzog und die Shooting% der Musketeers ins Bodenlose sank. Xavier nur mit 7 Punkten Vorsprung zur Halbzeit und nach einer Minute der zweiten Hälfte war jener endgültig dahin und beide Mannschaften lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen bis zum Ende der OT.
Zwei Schlüssel gab es für den Sieg: WVU geriet gegen Ende der zweiten Hälfte massiv in Foul Trouble. Ihre stärkste Offensivwaffe Joe Alexander musste vor Ablauf der 40 Minuten nach seinem 5ten Foul das Feld verlassen. Zweiter Knackpunkt: Xavier packte zum richtigen Augenblick wieder seine Dreier aus und machte sie binnen 90 Sekunden rein: Lavender mit einem, Raymond mit zwei. Vor dieser Dreier-Serie stand es 69:72, danach 78:74 mit 20 Sekunden zu spielen.
UCLA gegen Xavier. Xavier hat sich besser gehalten als ich es von einem Atlantic-10-Team erwartet habe. Der #3-Seed war also berechtigt. Sie haben zudem in den letzten Wochen gezeigt, dass auch sie eine gepflegte Defense spielen können und vorallem diese Defense zur Halbzeit auch an den Gegner anpassen können: siehe Runde 1 gg Georgia, siehe A10-Playoffs gg. Dayton.
Für UCLA spricht ihre gute Defense gegen Dreier (zweitbeste der Pac-10) Gegen UCLA spricht der Umstand dass sie eine unverändert kleine Rotation spielen (nur 6 Spieler mit mehr als 5 Min Einsatzzeit gg WKU) und entsprechend auch bei der Foulbelastung bis auf Anschlag waren.
Ich tippe trotzdem auf UCLA.
Sa/So 3h05, EAST: #1 North Carolina Tar Heels – #3 Louisville Cardinals
(Kommentar: Dick Enberg & Jay Bilas)
Wie North Carolina derzeit durch das Feld pflügt, ist schon fast hochnotpeinlich. Beim Spiel gegen Washington State schauten sie zehn Minuten lang dem Treiben zu (14:15) und gaben dann Gas. 35:21 zur Halbzeit, 68:47 der Schlussstand und die Tar Heels haben grad mal mit Standgas gespielt. Sage und schreibe 15 Spieler wurden von Coach Roy Williams eingesetzt. Die Bankdrücker durften auch mal March Madness-Luft schnuppern. Es war fast so wie ein Experiment von Roy Williams: “Mal sehen ob wir auch Defense spielen können“. Experiment gelungen. Next Up: Louisville.
Rick Pitino der Cardinals wird seiner Legende gerecht und hat zum achten Mal hintereinander die Elite Eight erreicht. Nach zwei Niederlagen zum Saisonabschluss haben sie die bisherigen drei Hürden in der March Madness sehr souverän gemeistert, konstant 79 oder 78 Punkte erzielt und dabei auch erschreckend leicht Tennessee aus dem Weg geräumt, von vielen als sicherer Final-Four-Kandidat gewettet.
Es wird zumindest anfangs ein interessantes Spiel werden. North Carolina spielt die schnellste Offense des Landes, sich fast permanent im Fast Break befindlich. Louisville wartet mit einem ersten Abwehrriegel in Form von Guards auf, die gerne früh auf den Mann gehen, Pressing machen und Steals forcieren. Im Kreis spielt man Zone. North Carolinas schnelle Offense ist anfällig für Turnovers und hier könnte der Hebel von Pitino ansetzen.
Die Schlüsselfigur wird North Carolinas #50 Tyler Hansbrough sein. Mit Rebounds und per Punkte ist er sowohl Start- als auch Endpunkte zahlreicher Angriffe. Louisville hat das Material um Hansbrough auszuschalten, angefangen mit David Padgett. Vier ebenso lange Lulatsche reichen aus um durchzuwechseln und die Fouls schön breit zu verteilen.
Im Prinzip eine offene Partie, aber so dominant wie North Carolina bis dato gewesen ist, muss man das Ding UNC geben.
So 20h20, SOUTH: #1 Memphis Tigers – #2 Texas Longhorns
Memphis galt als wackeliger #1-Seed, aber der 92:74-Sieg gegen das defense-starke Michigan State war eine einzige Machtdemonstration. 30 Punkte-Führung und Standing Ovation zur Halbzeit, halbleere Halle ausgangs der zweiten Halbzeit, weil keiner das einseitige Spiel sehen wollte. Memphis kann also auch Defense. Und Memphis kann inzwischen auch Freiwürfe: 74% in der Partie, damit kann diese Schwäche aus der regular season auch zu den Akten gelegt werden.
Memphis besitzt ebenso wie North Carolina eine sehr markante Offense, die eng mit dem Namen des Trainers verbunden ist. John Calipari verwendet eine Weiterentwicklung der Princeton-Offense, die “Dribble-Drive Motion Offense“. Knackpunkt ist die Penetration in den Kreis durch Dribblings statt Screens. Gerade Mannschaften mit Manndeckung kommen leicht unter die Räder, da sie durch die Dribblings völlig auseinandergerissen werden.
Die Texas Longhorns haben letzte Saison von Zonen- auf Manndeckung umgestellt, haben aber gegen Stanford gezeigt, dass sie auch wieder zurückschalten können. Die Longhorns sind ein junges Team und sie sind sehr stark von ihrem Spielmacher DJ Augustin abhängig und trotzdem erstaunlich stabil.
Völlig offenes Spiel. Sehen auch die Wettbüros so, die Memphis nur mit drei Punkte vorne sehen.
So 23h05, MIDWEST: #1 Kansas Jayhawks – #10 Davidson Wildcats
Klare Verteilung der Sympathien: Davidson gegen Goliath.
Gemeinsam mit North Carolina hat Kansas – wie erwartet – die bisherigen Runden am souveränsten gemeistert. Auch wenn Villanova nicht der Gegner vom ganz großen Format war, wurden die Villanova Wildcats fachgerecht zerlegt wie es sein sollte. Das Spiel war schon zur Halbzeit mit 19Punkten Vorsprung entschieden. Der 72-57-Sieg spiegelt nicht die Einseitigkeit der Partie wieder.
Kansas ist extrem ausgewogen besetzt, auch in den Mannschaftsteilen: eine der gefürchtetsten Defenses des Landes, eine der besten Offenses, tiefer Kader, viele Punkte von der Bank.
Kaum sind die einen Wildcats erledigt, kommen die nächsten, Davidson. Und Junge, was haben die bitte #3 Wisconsin an die Wand gespielt? Was haben die bitte Wisconsin an die Wand gespielt!!!!? Das war für ein Mid-Major beängstigend groß.
Davidsons Qualitäten liegen vor allem in der 2ten Halbzeit, so auch hier: mit 36:36 ging es in die Pause, mit 73:56 wird gewonnen.
Der spektakulärste Spieler des Turniers ist Reggie-Miller-Look-A-Like #30 Stephen Curry. S-t-e-p-h-e-n C-u-r-r-y. Nach 40 Punkten gegen Gonzaga, 30 gegen Georgetown, ließ er nun 33 gegen Wisconsin folgen. Gegen! Wisconsin! Die gesamte US-Blogosphäre liegt ihm zu Füßen. Mindestens.
Davidson ist ein kleines Team, das gerne Dreier nimmt. Ihre eigentlich Offense besteht aber daraus per komplexe Screen-Konstrukte (teilweise bis zu drei Screens hintereinander) ihrem Schlüsselspieler Stephen Curry Raum zum Werfen zu geben.
Was die Jungs wirklich groß macht, ist die Abgezocktheit, die sich vermutlich sich zu Saisonbeginn in engen Spielen gegen Topmannschaften wie Duke, UCLA und UNC angeeignet haben. Sie haben alle Geduld der Welt um die Situation sich entfalten zu lassen. Curry mit 11 von 22, bei den Dreiern 6 von 11. Curry und der Rest der Mannschaft forcieren keine Würfe, machen nichts Wildes.
Wirklich beängstigend wird es, wenn man sich die Defense ansieht. Davidson ist eher untersetzt und trotzdem haben es weder die Jungs aus Georgetown noch Wisconsin trotz klarer Größenvorteile geschafft am Brett zu dominieren. Davidson macht es mit einer schnellen und aggressiven Defense wett. Den Battle um Turnovers kann Davidson immer für sich entscheiden.
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