Vom Expertenwesen

Man erwarte bitte keinen besonders gedrechselten, allumfassenden Eintrag. Mein Kommentar unter dem gestrigen Blogeintrag wurde einfach nur länger und länger…

Die Diskussion entzündete sich gestern vorallem an Franz Beckenbauer, der bei PREMIERE durch fachliche Fehler auffiel und vor dem Spiel Real Madrid als defensive Mannschaft beschrieb – offensichtlich konnte er sich einen Wandel seit dem letzten Aufeinandertreffen der Bayern mit Real und Fabio Capello nicht vorstellen und hat sich keines der Real-Spiele unter Schuster im Fernsehen angesehen. Nach dem Spiel schilderte er den madrilenischen Treffer als Tor das aus heiterem Himmel fiel, während es in realiter das Resultat einer mehrminütigen Drangphase war, die mit Steilpässen immer wieder die Bremer Abwehr austestete.

Die Argumentation der Pro-Beckenbauer-Fraktion: “Aber ich denke der JOB von Beckenbauer ist einfach nur BECKENBAUER zu sein.

Nun sind die Schwächen Beckenbauers wie z.B. die Sprunghaftigkeit seiner Meinung bekannt. In der Tat dürfte kein Sender einen Franz Beckenbauer wegen seiner wohlfeilen Analysen verpflichten, sondern eher in einer Grußaugust-Funktion. Nicht die Person Beckenbauer wird eingekauft, sondern der Name, der Glanz vergangener Tage und des heutigen Boulevards.

Wenn man davon ausgeht, dass Menschen die für Fußball im Fernsehen Geld ausgeben, zu den eher interessierteren Fußball-Fans gehören, stelle ich mir die Frage, wozu es einen Köder via Glamour braucht, zumal Beckenbauer auch sonst in dieser Medienwelt omnipräsent erscheint und daher nichts “exklusives” hat.

Anyway. Für mich als Zuschauer fangen die Probleme an, wenn Beckenbauer als “Experte” verkauft wird und in der Sendung auch die Experten-Rolle ausfüllen muss. Wenn Beckenbauer offensichtlich unvorbereitet Statements zu den Mannschaften geben muss. Es stört mich als Zuschauer, weil Unsinn dabei rauskommt. Und es stört mich als Freiberufler, weil ich mich frage, was für einen Arbeitsethos ein Beckenbauer besitzt, der weiß dass er am Dienstag arbeiten muss und zu Real gefragt wird, sich aber offensichtlich nicht ein einziges Tape angeschaut hat.

Verarschung.

Raison d’être

Wozu überhaupt einen Analysten oder Experten? Das läßt sich auf die Frage reduzieren: wird die Übertragung mit ihm besser?

Wann wird eine Übertragung besser? Wenn er mich unterhalten hat und/oder wenn er mir etwas Interessantes erzählt hat. Wenn er etwas sagt, dass mich später noch beschäftigt. Wenn es eine Meinung ist, die gepflegte (!= “Doppelpaß”) Diskussionen auslöst.

Franz Beckenbauer fällt in diesen Belangen durch. Inhaltlich ist er nicht mehr auf aktuellem Stand und seine Phrasen zum Spielgeschehen bestehen nur noch aus geschätzt 10 Textbausteinen, die das gesammelte deutsche Fußballreporterwissen der Achtziger und Neunziger umfassen, Marke “Über den Kampf ins Spiel finden” oder “Wir haben den Kampf nicht angenommen”. Phrasen die Beckenbauer selten an Situationen oder Personen festmachen kann. Kein Wunder, er würde vermutlich öfters ziemlich nackt dastehen, wenn er an einem Grafiktablett zu zeigen hätte, was er denn nun eigentlich gemeint hat.

Neben der Spur

Hannover 96 verdanken wir zwei interessantere Varianten in Sachen Experten an der Seite von Kommentatoren: Nicolas Kiefer und Oliver Pocher.

Beide kamen jeweils mal unter der Woche bei Bundesliga-Nachholspielen von Hannover 96 zum Einsatz (Kiefer an der Seite von Matthias Stach) und beide Male waren es amüsante Versuche.

Beide waren mit Feuer und Flamme bei der Sache. Ihr Enthusiasmus für den “anderen” HSV sprang rüber. Pocher zeigte zudem in manch anderen Halbzeitgesprächen solide Ansätze an Analyse.

Die beiden Experimente mit Kiefer und Pocher machen deutlich, das zum Ausfüllen des Experten-Posten nicht immer ein Fachmann mit ellenlangem Fußballdiplom von Nöten ist. Sie haben einfach nur Spaß gemacht und das kann bei bestimmten Spielen auch legitim sein.

Meßlatte

Ewald Lienen. Tausche vier Beckenbauers gegen einen Ewald Lienen. Ewald Lienen ist ein Lehrstück gewesen, wie man sehr vieles sehr richtig machen kann.

Das Faszinierende an der Lienen-Geschichte, war dass der Mann alle Ingredienzien besitzt, um sich völlig lächerlich zu machen. Die medial aufgejazzte Zettelblock-Geschichte, das fahrige Sprechen und speziell bei jenem Champions League-Spiel hat er sich permanent versprochen und von Ajax statt Arsenal gesprochen. Das hat er zwar schnell gemerkt und sich entschuldigt, konnte es aber nicht abstellen. Der Freud’sche Fehler blieb drin.

Normalerweise wird so ein Typ von den Zuschauern zum Teufel gejagt. Aber zumindest hier in den Kommentaren ist allen Sehern das Essen aus dem Mund gefallen, weil die Kommentierung brilliant war. Sowas hatte man bei deutschen Fußballübertragungen noch nie gehört.

Ewald Lienen hat der Kommentierung von Dittmann Mehrwert gegeben. Er ging auf Dinge ein, die man als Zuschauer oder Trainerschein nicht erkennen konnte, er schilderte auch immer wieder das große Bild, wie sich das komplette Team verhielt, während der Zuschauer auf der Mattscheibe nur den kleinen Ausschnitt serviert bekam. Lienen tat dies zudem mit einer ansprechenden Sprache (abgesehen vom “Ajax”-Faux Pas) und war mit großer Begeisterung bei der Sache. Der Mann war an dem Abend beseelt und freute sich wie ein kleines Kind über das Spiel, aber auch darüber, dass er anderen Leuten das Wissen vermitteln konnte. Ganz der Fußballlehrer. Es war eine mitreißende Übertragung.

Zudem wurde Lienen schnell “selbständig” und schaltete sich von alleine in Sprechpausen von Dittmann ein, statt das obligatorische “Herr Experte, nach einer Viertelstunde, was können wir da für ein erstes Fazit ziehen?” abzuwarten.

Im übrigen rechne ich es auch Kai Dittmann extrem hoch an, dass er ein so gutes Duo mit Lienen abgab. Beide fanden sehr schnell eine Art blindes Verständnis wer was wann zu sagen hatte. Sehr lässig war es den Arsenal/Ajax-Haspler schnell auf die Schiene “running gag” zu bringen, weil es diesem Haspler die Fallhöhe nahm.

Knackpunkt ist doch der: hat die Übertragung mit Lienen mehr Spaß gemacht? Ja. Hat man durch Lienen mehr über das Spiel erfahren? Ja. 2:0 für Lienen/Dittmann

Die Anderen

Jürgen Klopp – Über den braucht nicht diskutiert zu werden, weil er längst in den Heiligenstand erhoben worden ist. Nach dem Stand der Dinge: zurecht. Bei Klopp fällt angenehm auf, dass er kein Problem hat, nötigenfalls auch gegen den Strich zu bürsten und einen Strich durch Kerners Konzept zu machen. Sei es wie zuletzt als Kerner versuchte Ballack wegen des Fehlens in Wales anzuschwärzen oder als Klopp bei einem Brasilien-Spiel aus seiner Analysten-Rolle fiel und einfach sich nur auf das Spiel freuen wollte.

Auch hier, ähnlich wie damals bei Lienen, ansteckender Enthusiasmus.

Stefan Effenberg – Von einem Effenberg braucht man keine klassischen Analysen zu erwarten. Effenberg ist eine Marke und ein Effenberg sieht die Spiele immer noch aus Spielersicht. Man erwarte also keine konkrete Aufzählung der Fehler der Viererkette, sondern eher das Hineinversetzen in die Denke von Spielern. Dann heißt es nicht dass Kaka durch bessere Raumverteilung im Mittelfeld gestellt werden sollte, sondern dass der Sechser dem Kaka mal eines auf die Nuss gibt, damit Ruhe im Mittelfeld ist. Kein Experte bringt diese Spielersicht derzeit so authentisch rüber wie Effenberg.

Wo sich Effenberg positiv von einem Beckenbauer abhebt, ist die Meinungsfreudigkeit. Wenn Effenberg spricht, dann sind das Steilvorlagen um in Blogs Diskussionen zu eröffnen, anders als das beliebige Larifari-Gerede von Beckenbauer.

Mit dieser Mischung aus Schnörkellosigkeit, kraftvoller Sprache und Authentizität ist Effenberg vielleicht der “amerikanischste” aller Experten, die sich sehr häufig weniger durch ihre analystischen Fähigkeiten auszeichnen, sondern durch Meinungsstärke. Ein klassischer Pundit.

Die Frage ist, wie lange sich ein Effenberg wird noch “halten” können, denn seine Authentizität lebt von seiner Nähe am Fussball. Abwarten inwieweit ein Effenberg sich in fünf Jahren aufgebraucht hat und ganz wie Beckenbauer auch nur noch Satzbausteine verwendet und immer noch auf seine dann uralte Spielerkarriere vertraut.

Fredi Bobic – Der nächste Ex-Spieler. Im Gegensatz zu Effenberg ist mir Bobic zu beliebig. Ich weiß nicht, was er er rüberbringen will. Als Ex-Spieler zu blaß, verbal zu harmlos und null Analyse.

Didi Hamann – Das fehlgeschlagene Experiment. PREMIERE hat bei England – Brasilien eine neue Konstellation mit Kai Dittmann getestet. Lobenswerter Versuch, aber leider hat es nichts gebracht.

Hamann verkörperte alle Probleme die man mit einem Experten als zweiten Mann neben dem Kommentator haben kann. Hamann hat nur auf Zuruf den Mund aufgemacht. Seine Tonalität ist so wie seine Inhalte: einschläfernd. Obwohl er in der Premier League spielt, hat er nichts erzählen können, was man als Pay-TV-Fußball-Fan nicht schon vorher wusste. Ich war richtiggehend baff, wie wenig Hamann als aktueller Premier League-Spieler zu dem englischen Team beisteuern konnte.

Matthias Sammer – Kurz nochmal zu ihm wg. Tobis Bemerkung “hat seine Mannschaft zugrunde gerichtet”.

Keine Frage: Sammers Leistungen als Vereinstrainer habe ich auch nicht gemocht und auch als DFB-Mann hat er das eine oder andere diskussionswürdige Interview gegeben. Nur: im Fernsehen tritt er in anderer Funktion auf. Und da ist “diskussionswürdig” schon mal was gutes. Da interessiert es mich nicht wie er sich beim VfB verhalten hat oder ob er ein Unsympath ist, der alte Omas auf die Straße schmeißt oder – noch schlimmer – im Auto Gunter Gabriel hört, sondern was er jetzt hier und heute sagt.

Man muss den Leuten zugestehen, dass sie sich verändern können. Sammer war als Trainer bei Interviews ein Qual. 1m80 Weltenschmerz und einen Brand auf Schiedsrichter.

Matthias Sammer kommt aber in seiner Funktion auf der Welt herum und schaut, im Gegensatz zu Franz Beckenbauer, Fußballspiele mit wachem Auge an. Er achtet dabei sowohl auf Details als auch auf das große Bild (Zustand des spanischen Fußballs im Allgemeinen etc…) Ein Sammer hat was zu erzählen.

Sprachlich ist er dabei wie Effenberg einer der direkt durch die Mitte zwischen die Augen geht. Straight. Schnörkelos, aber interessiert an der Sache.

Marco Bode – Ich bin bei ihm noch auf neutral gestellt. Abseits von normaler Freundlichkeit ist bei ihm kaum etwas an Emotionen zu bemerken. Da springt, anders als bei Effenberg und Sammer, kein Funke rüber. Der Mann strahlt aus jeder Pore ein derartiges Harmoniebedürfnis aus, dass man keine kontroversen Statements erwartet. In Konsequenz kann ich mich momentan an keinen Moment erinnern, in der ich eine Bode-Bemerkung richtig gut fand. Meistens frage ich mich: war Marco Bode überhaupt da?

Er kann sich eloquent ausdrücken. Er ist intelligent. Ich geb ihm noch Zeit. Vielleicht braucht er nur den richtigen Moderator an der Seite.

Christian Beeck und Peter Közle – Beliebig, belanglos, austauschbar. Bei beiden will ich das noch mit einem Sternchen versehen: es darf die Rolle des Moderators nicht unterschätzt werden, der auch vernünftige Fragen liefern muss. Was soll zum Beispiel ein Peter Közle aus dem Stehgreif heraus zu der Situation beim SV Wehen-Wiesbaden mehr erzählen, als wir alle in der Zeitung gelesen haben?

Das ist ein grundsätzliches Problem des Experten an Bundesliga-Samstagen und Zweitliga-Sonntagen: sie werden als omnipotente Gesprächspartner für gleich 10-12 unterschiedlichen Mannschaften hingestellt. Verwundert es da, dass nicht viel mehr als Pauschalitäten herauskommen kann? Die Rolle des Experten geht in diesen Sendungen der Schwerpunkt ab. Einen Beeck könnte man zum Beispiel als “Ost-Experten” aufbauen und dann gezielt zu Jena, Aue und Co. befragen. Im Umkehrschluß würde dies natürlich auch bedeuten, dass im Studio die Mannschaften des Samstages und Sonntages von mehr als einem Experten abgedeckt werden müssten.

Oder man reduziert die Rolle des Experten in diesem Fall auf: “Was ist in dieser Szene beim Abwehrverhaltens schiefgelaufen” und läßt den Experten am Tablett erklären, was los gewesen ist. Dann tut es sogar ein technokratischer Mann wie Jörg Berger, der so grau auftritt wie seine Haare, aber mit der richtigen Fragestellung etwas erklären kann.

Felix Magath – Magath ist bei ARENA eine sensationelle Fehlbesetzung gewesen. Ihn schien man nur mit vorgehaltener Pistole zum Reden bringen zu können und wer seine Interviews als Trainer gesehen hat, wie zähflüssig jedes Wort aus dem Mund rann, für den waren seine Auftritte als Experte keine Sensation. Eine Grundvorausetzung für einen TV-Experten sollte eine gewisse Lust am Reden sein.

Auch inhaltlich waren Magaths Statements – wie auch schon als Trainer – anspruchslos. Meistens kamen jene 08/15-Standard-Happen raus, die man als geneigter Fernsehzuschauer bereits eine halbe Stunde vorher auf ein Kärtchen niedergeschrieben hat. Magath und das Analystentum, das funktioniert nur in Zeitungen, wo Magath an seinen Formulierungen schnitzen kann.

Thomas Helmer – Bei dem frage ich mich die ganze Zeit, ob er sich bei BÄH nicht unter Wert verkauft. Es blitzen bei seinen Fragen immer wieder gute Momente durch. Immer wieder denke ich mir: “das hätte ich an seiner Stelle auch gefragt“. Reden kann er. Hirn hat er auch. Das mit dem fiesen Bart lässt sich regeln. Kurz: auch wenn Thomas Helmer noch viele Macken hat, ich würde den nicht abschreiben.

Mein Vorschlag

Youri Mulder
Wenn ich die Reaktionen hier in den Kommentaren betrachte, ist Mulder zweifellos der Name der am meisten Phantasie angeregt hat, die meisten Glückshormone ausgelöst hat. Mit seinem Auftritt bei ARENA bei (ich glaub) Schalke – HSV Bochum – Schalke (danke Matthias & sunny2k1 ), als er dem pöbelnden Slomka ins Wort fiel “Trainer, nüsch immer Schuld auf Schiri schüben!” hat er hier binnen Sekunden kultische Verehrungen ausgelöst.

Mulder scheint wie ein guter Fußballfan zu ticken (dieser nicht unwesentliche “einer von uns“-Moment) und hat keine Scheu vor Autoritäten. Dem Slomka fiel er ins Wort und konnte argumentativ nachweisen, dass Slomka damals mit der Pauschalkritik am Schiri Unrecht hatte. Vor 2-3 Wochen gab es bei BÄH in der Spieltagsanalyse noch so einen Fall, wo er Helmer und Strunz ins Wort fiel, nachdem diese ein Zeitungsinterview von Van der Vaart minutenlang ausgewalzt hatten. Am Zeichenbrett konnte er später auch einige Situationen gut auflösen.

Was ich seit letzten Frühjahr sagen: den Mulder müsste man verpflichten. Der Mann hat die Traute was zu sagen. Er hat aus seiner Bundesliga-Spielzeit noch ein sympathisches Image. Er ist dank seiner Erfahrungen im holländischen Fernsehen TV-erfahren. Meine Empfehlung: Sofort aus dem Vertrag mit NOS rauskaufen und einen Rentenvertrag geben.

Eines haben alle von mir präferierten Experten gemein: sie hatten bereits als Trainer bzw. Spieler keine Scheu die Klappe aufzureißen und sagten dabei Sachen über die man später noch gesprochen hatte. Sie haben ein Standing mit dem sie sich nötigenfalls auch gegen Moderatoren durchsetzen.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Juri Mo(?)ulder, hat bei Bochum – Schalke kommentiert.

  3. Ich dachte auch Moulder, hab aber nochmal im Netz nachgeguckt. Ist wohl in der Tat Mulder.

  4. Moulder’s Auftritt war doch beim Revier-Derby Bochum vs. Schalke letzte Saison, als man den Gelsenkirchner zwei diskussionswürdige Elfer nicht gegeben hat!

  5. Ich versuche mal als Bayern-Fan (bbbuuuuuu .. jaja, ich weiss) und Breitnigge.de-Leser hier auch so objektiv wie möglich zu bleiben:
    Beckenbauer ist sicher kein Analyst uind haut auch schonmal derbe fehlerhafte Kommentare raus, dafür aber immer mit Charme – sprich, zur Unterhaltung reichts. Ausserdem fällt mir immer auf, dass er “seine” Bayern auch gerne kritisiert und sich da mit Moulder nicht viel gibt.
    Zu Lienen und Kloppo kann ich Dir nur Recht geben, das sind zwei mit Leidenschaft und Sachverstand, die man gerne hört.
    Allerdings fehlen mir auf Deiner Liste 2 Gestalten, bei denen ich tatsächlich ab und zu den Ton ausstelle, da sonst mein Puls zu hoch geht (ist früher nur bei Heribert Fassbender passiert -> Delling und Netzer, die Powsenclowns der ARD, die weder witzig noch mit jeglichem Fach-Wissen glänzen können. Ich dachte nach der Schelte von Rudi Völler nach dem Färör-Spiel (oder war es Island?) hätte man an darauf geachtet mehr Qualität zu übertragen – aber weit gefehlt. Die Schluss-Kommentare von Netzer und Delling sind einfach als fussball-interessierter nicht zu ertragen.
    Fazit: Lieber 4mal Beckenbauer als 1mal Delnetzer!

  6. Um einmal kurz die Pisademo zu unterbrechen, sein Name ist Youri Mulder.

    Aber mit holländischen Namen haben ja viele erhebliche Probleme. Wie der Premiere-Kommentator, der den Namen von Dirk Kuijt konsequent seit Jahren falsch ausspricht (kleiner Tipp: der Name enthält kein O und man braucht beim Sprechen auch keines dazuerfinden).

  7. Interview Mulder-Slomka unter http://youtube.com/watch?v=HsUqmNYMBV0

  8. Beckenbauer geht mir auch schon seit längerem auf die Nerven. Aber so ist das halt mit einer “Lichtgestalt”: Er ist ein derartiger Überpromi, dass es auch völlig egal ist, WAS er eigentlich sagt. Ich höre ihm inzwischen schon gar nicht mehr zu. Leider (und das ist ein wohl ein typischer Kollateralschaden) färbt das bei mir inzwischen auch auf andere Experten ab – je prominenter desto schlimmer. Das sind so Leute wie Pocher tatsächlich recht amüsante Abwechslungen. Ich würde allerdings noch einen anderen Namen ins Spiel bringen, dessen Geschichten ich in der TAZ immer mit Begeisterung gelesen habe: Yves Eigenrauch, der nämlich auch noch der deutschen Sprache vollständig mächtig ist ;)

  9. Wie immer eine äußerst gelungene Analyse der Situation.

    Mir ist beim Lesen des Artikels klar geworden, dass bei vielen Experten bei mir auch oft die persönlichen Vorbehalte eine Rolle spielen und ich diese teilweise auch nicht ausblende. Als Beispiel sei nochmal Matthias Sammer angeführt (sorry, ich will das nicht totreden, aber daran kann ich es aufhängen):

    Mir sind seine knarzigen Trainerinterviews ebenso in Erinnerung geblieben. Dazu kommt der damalige sportliche Misserfolg und als Zuschauer (Fan -und nein ich bin weder BVB noch VFB-Fan) dachte ich mir: Erklär mir die Situation doch jetzt bitte anständig oder lass es ganz bleiben.
    Später dann seine Interviews in Zeitungsartikeln als DFB-Oberer. Durchaus diskussionswürdige Ideen und wenn ich mit einigen seiner Vorschlägen nicht einverstanden bin, sage ich automatisch: Ist ja der Sammer, konnte es bei seinen Vereinen auch nicht umsetzen. Was will der eigentlich?
    Taucht sein Gesicht jetzt auf der Mattscheibe auf, stelle ich den Ton meistens ab (Ich musste gerade lange überlegen, wann ich ihn zum letzten mal hab reden hören…). Ein offensichtlicher Fehler meinerseits. Ich bin gerne bereit das zu korrigieren und ihm beim nächsten mal genau zuzuhören.

    Was ich aber eigentlich sagen will, dass die persönlichen Anymositäten und Voreingenommenheit eine entscheidende Rolle spielt. (Ähnliche Vorbehalte hätte ich bei Effenberg und Co.). Ich finde einiges davon spiegelt sich auch hier in den Kommentaren wieder. Vielleicht sollte man dann doch mehr auf artfremde Experten zurückgreifen. Markus Kavka oder Christoph Dieckmann anyone? Da wären im allgemeinen die Vorurteile (zunächst) nicht so gross.

  10. Ich denke da auch, man muss unterscheiden zwischen “alten” Hasen, die keinen auf den Zeh treten wollen oder jungen Wilden:

    Zu den alten Hasen gehört definitiv Beckenbauer dessen Aussagen man “politikerlike” in fünfzehn verschiedene Windrichtungen deuten kann. Ich denk mal, da verarmt einfach das Funktionärshirn und der wird sicher den ganzen Tag anstatt wie von dogfood gewünscht, sich vorzubereiten, diverse Kaffeeträtschen und Dinners mit der Real-Vorstandsetage gehabt haben. Genauso der Netzer, der ja seine Meinung auch binnen 3 Querpässe fünfmal ändert.

    Und die jungen Wilden wie Klopp, Effenberg, Mulder & Co. trauen sich einfach auch mal auf den Putz zu hauen, weil sie natürlich auch nicht in einer Funktion sind, um deren “Mist” dann auch selbst auszubaden. Beckenbauer könnt halt nie so auftreten wie “einer von uns”, weil er halt als hochrangiger Funktionär von DFB, UEFA und FIFA “einer von denen” ist. Der muss seine Worte sachter wählen, auch wenn er trotzdem mal einen rausdrischt.

  11. Bei all dem wichtigen und richtigen, das hier über Firlefranz geäußert wurde: Ich glaube nicht, dass er aus Angst vor irgendwem sich nicht mutiger äußert, denn er hat oft genug gesagt, wie wurscht ihm die Meinung anderer ist. Und die Bayern-Oberen werden vor Ärger in die edlen Konferenztische gebissen haben, wenn er den FCB mit Obergiesing verglich. Die Kommentare waren ja vor seiner Berufung in die FIFA nicht gehaltvoller.

    Mulder hat mir auch ausnehmend gut gefallen, nicht nur, weil er Slomka rundgemacht hat, sondern, weil er kompetent ist und diese Kompetenz so rübergebracht hat, dass man es verstanden hat.

    Delnetzer kann man in der Tat nicht mehr ernstnehmen (und fehlt deshalb folgerichtig in Dogfoods Analyse. War vor acht Jahren wirklich gut, hat sich aber total totgelaufen (bis das die ARD merkt, vergehen aber noch mindestens drei Welt- und Europameisterschaften).

    Übrigens: Die Premiere-Experten im Eishockey wie Andi Niederberger gefallen mir ausnehmend gut. Sie sind mit viel Freude an der Sache und analysieren die Spiel m.E. hervorragend.

    Apropos: Pro7 kündigt das Live-Spiel morgen mit dem “Fußball-Fachmann” Oliver Welke an. Dazu Sven Gätjen und als Reporter Holger Pfandt, wenn ich es richtig erinnere.

  12. Vielen Dank für diese lange Übersicht.

  13. Falls jemand den Schweizer Sender SF2 empfängt: Erstmals – und ohne Ankündigung – kommentiert da heute bei Barcelona – Lyon Volker Finke mit.

  14. Die Premiere-Experten haben es aber auch schwer: Wasserziehr: “Herr Effenberg, Sie haben 35 Sekunden Zeit

  15. @Frankfurter Löwe:
    Jaaaaa, bin fast vom Stuhl gefallen als ich das hörte. Unglaublich.

  16. Volker Finke ist genial!!!! Wer sie Möglichkeit hat unbedingt auf SF2 umschalten.

  17. Cooles Thema haste da angepackt, dogfood!

    Find ich spannend und interessant zu diskutieren. Daran könnten sich manche Tageszeitung mal ein Beispiel nehmen. Stichwort “Agenda Setting” oder “Nachrichtenwert”.

    Bin kein großer Anhänger weder von MaSa noch von seinen Ex-Clubs BVB/VfB, aber egal, ob als Trainer oder jetzt als DFB-Jünger, was er sagt trifft meistens zu. Zumindest gehts in die richtige Richtung. Als MaSa nach B-Liga-Spielen in Interviews oder Analysen ruppig und unwirsch reagierte, dachte ich mir oft, dass bei solch flachen und reißerischen Fragen meine Reaktion nicht viel anders ausfallen würde.
    Zur Person an sich kann, ja darf sich der gemeine Fußball-Fan normalerweise gar kein Urteil erlauben. Wer kennt ihn denn schon persönlich (ich nicht *g*)?

    Beckenbauer ist eindeutig ein Relikt der Vergangenheit. Als Spieler sowieso, als Trainer ebenfalls und als “Experte” nun auch. Seine Erdinger-Exzellenz Franz Ex-Experte Beckenbauer der oZweite hat die Fußballbühne zwar nicht verlassen, aber angebaut. Sein Anbau ist der Boulevard, was ihn für intelligente Fußball-Interessierte uninteressant macht.

    Bobic, Lienen, Beeck und Co sind mir noch nicht über den Weg gelaufen. Leider, was Lienen betrifft, zum Glück, wenn ich an Fredi und Komplizen denke.

    Mein ganz persönlicher BÄH-Freund Thomas Helmer ringt mir immer wieder ein Lächeln ab, wenn er sich in seinem goldenen BÄH-Käfig austobt. Ohne ihn persönlich zu kennen, ihn aber als Spieler zu schätzen, bin ich der Meinung, dass er nicht nur bei BÄH, sondern generell im TV fehl am Platz ist. Er wirkt steif, nicht authentisch, unerfahren. Und das nach fast einem halben Dutzend Jahren TV-Erfahrung. Kostproben von seinem Einsatz während der WM bei BahnTV würd ich ja mal gern sehen…

  18. Nur am Rande:

    Ich werde es nicht mehr erleben, dass ein deutscher Kommentator/Moderator Dirk Kuijt richtig ausspricht (nämlich KAUT). In England hat das drei, vier Wochen gedauert, ab ca. September 2006 hat in UK keiner mehr KEUT gesagt.

    So, zum Thema:

    Ich denke, es ist spielen viele Faktoren hier rein, sowohl auf Senderseite wie auch auf Fanseite. Auf Fanseite spielt, wie hier richtig gesagt, auch persönliche Sym-/Antipathie mit, außerdem, was der Mann sagt. Es gibt in Deutschland nur wenig “seriösen” Sportjournalismus, da ist viel “Fanjournalismus” dabei, es wird viel zu viel mit dem sprichwörtlichem “Schaum vorm Maul” analysiert. Und ich befürchte, dass viele Zuschauer das auch lieber sehen als einen Klopp am Zeichenbrett. Das hat doch ‘nen Grund, dass es Taktikanalyse erst seit gut einem Jahr in Deutschland gibt und es bisher kaum ein anderer Sender übernommen hat.
    Naja, vielleicht außer der Dummheit der Moderatoren/Experten, denn – wie hier auch schön gesagt – so ein Zeichenbrett entlarvt die Unfähigkeit recht schnell. Und mich wundert es ja immer noch, dass ein – sorry – fachlicher Tiefflieger wie Kerner nicht rebelliert, wenn er regelmäßig von Klopp an die Wand analysiert wird.

    Und warum trauen sich nicht mehr Sender, kompetente, meinungsstarke Experten einzusetzen?

    Ich denke, dass sie zum einen nicht auf Bäumen wachsen, zweitens man auch Angst vor den “Fußballgranden” hat, denen zuviel Kritik nicht schmecken könnte, und zum dritten die schon angesprochene “Angst” vor dem “dummen Zuschauer”, der diese tiefgründige Analyse dann mit Umschalten “würdigt”.
    Letzteres kann man eigentlich nur mit einem gewissen “Zug” in der Analyse verhindern, der aber bei einer Livesendung, noch dazu nur zehn Minuten nach Abpfiff, nur selten reinkommt. Da muss man vorbereiten, da muss man Szenen analysieren, da muss man Überleitungen finden, wie es bei den Analyse-Segmenten bei MOTD ganz gut gemacht wird.

    In Deutschland hat ein Experte scheinbar “zu funktionieren” und fünf bis zehn Minuten nach Abpfiff ‘nen lustigen, markanten oder provokanten Satz zu sagen.

    Qualität? Kompetenz? Offenbar hier leider zweitrangig.

  19. @reality check: KAUT trifft es aber auch noch nicht 100%. Den Namen kann wohl nur ein Holländer richtig aussprechen.

  20. Ich weiß, ein Muttersprachler wollte mir das mal erklären, musste aber auch bald aufgeben – KAUT kommt der Sache allerdings weitaus näher als KEUT. ;)

  21. Achso und es sagen in England auch alle Lehmann und Klinsmann.
    Da heißen die Leeman und Klinsman. Uwe Krupp hieß in USA auch immer Uwie Kruup. Und Joken Heckt. Jetzt wirds aber langsam etwas seltsam mit den Lobhudeleien für die auländische KommentatorenRiege.
    Ich schau American Sports auch immer im Originalton, aber nicht weil die europäische Namen immer korrekt aussprechen.

  22. @freddy: absolut. die englischen kommentatoren von channel 4 haben zu andi möllers und jürgen kohlers glorreichen juve-zeiten das mit den umlauten nie verstanden. so wurden die beiden durchgehend andi “moller” und jürgen “köhler” genannt.

    übrigens zu der lobhudelei der englischen sportreporter: die sind mir 6 jahre lang doch ordentlich auf die nerven gegangen, aber das war in den frühen 90ern, seitdem kann ich das nicht mehr beurteilen.

    wunderbar aber die geschichte mit der berichterstattung des london marathons im jahr 2005 auf der bbc, wo bei der wendemarke klar war, dass paula radcliffe das ding gewinnen würde und nur die frage war, ob sie die weltrekordzeit brechen würde. fast eine stunde lang hubschrauber- und motorradbilder von frau radcliffe mit ihrem interessanten laufstil und dazu englische reporterergüsse: “she is one of the greatest athletes this country has produced in a long time, an outstanding idol for all the young children in the country to aspire to equal her gloray…” ein pathos in der stimme, wie sonst nur bei ww2-gedenkveranstaltungen. dann werden die km-zeiten langsamer und es wird klar, dass paula den weltrekord nicht knacken wird und die beiden reporter beginnen zu spekulieren, woran es wohl liegen könnte, als man aus einer hubschrauberkamera plötzlich sieht, wie frau radcliffe kurz anhält und niederkniet. “oh, was that a cramp? do you think she is having cramps? could this explain why she is slowing?” “that was difficult to see from up there but it could very well be. maybe we can get a reply of the scene…” und der bildregisseur tut ihnen den gefallen und die zeitlupe der motorradkamera zeigt wie sich paula radcliffe hinkniet, ihre laufshorts zur seite zieht und neben den bürgersteig pinkelt.

    selten habe ich lauteres und längeres peinlich berührtes kommentatorenschweigen im fernsehen erlebt…

  23. @RealityCheck: Taktikanalyse ist doch ein alter Hut. Stichwort “Der Reinert Snäkx Taktiktisch” mit Udo “Opa erzählt vom Krieg” Lattek. :-$

    @freddy7: Man sollte sich schon bemühen, den Namen richtig auszusprechen, sofern zumutbar. Und “Kaut” ist zumutbar. Das kommt der niederländischen Aussprache ziemlich nahe, auch wenn es zugegebenermaßen falsch “klingt”, wenn man es geschrieben sieht. “Koit”, “Kait”, “Küüt”?!? Bei dem Kerl ist man sich ja noch nicht mal bei der Schreibweise einig. Kuijt, Kuyt… ;-)

    Aber bei Namen herrscht unter Reportern oft ein (im Zweifel falscher) Konsens. Bestes Beispiel: Adam MaÅ‚ysz. (“Maalisch”), so dass das eigentlich Richtige plötzlich falsch wirkt, wenn es sich einmal eingeschliffen hat.

    BTT:

    Was mich an Ewald Lienen stört: Er ist zweifellos in Interviews abseits des Platzes ein ruhiger, intelligenter Mann, an der Linie aber das genaue Gegenteil. Dagegen ist das HB-Männchen ein Phlegmatiker. Die Szene, als vor einem Schiri hochhüpfend, ihm die rote Karte aus der Hand zu reißen versuchte, dürfte Einigen noch in Erinnerung sein. Dazu paranoide Interviews nach den Spielen und extreme Reizbarkeit. Da kann ich mir schon vorstellen, dass es bei den Sendern Vorbehalte gegen ihn gibt.

    Und zum Thema “typisch Franz” gibt es wohl Keinen, der den Kaiser und seinen Habitus besser imitieren und ihn damit demaskieren kann als Olli Dittrich. http://www.youtube.com/watch?v=D73037y1qxc Großartig!

  24. @mo: Großartige Geschichte, hier immer noch großes Gelächter.

    Was ich aber eigentlich sagen wollte: Gelungene Zusammenstellung, ich vertrau dogfood jetzt einfach mal, viele von den Experten hab ich bisher nicht gesehen.

    Würde mir persönlich auch mehr Taktik-Analyse (am besten mit diesem Videodings) nach den Spielen wünschen, gerade weil ich leider ziemlich fußballtaktikblind bin… also ich schau mir das alles wahnsinnig gerne an, kann außer bei absolut eindeutigen Dingen aber nie sagen, was jetzt woran lag. Außerdem erkenn ich keine Spieler, höchstens den einzigen Blonden oder Schwarzen in einer Mannschaft. Naja, da würden mir solche auflösenden Analysen extrem helfen.

    Allgemein ist es aber schwer: Dinge, die ich gerne hören würde, gehen für andere wieder als banal durch. Für noch unbedarftere Fußballgucker wird es hingegen schon wieder zu speziell, die wollen lieber Phrasenbrei und prominenten Gesichter à la Netzer/Delling. Leider sieht man solche Casual-Gucker von Senderseite offensichtlich in der Mehrheit (bei Länderspielen dürfte das auch stimmen).

    Einziger Einwand: Helmer kann nicht reden. Nicht. Reden. Nicht. Der macht das jetzt schon so lange und klingt immer noch wie ein Sechstklässler, der beim Schultheater die mühsam einstudierten Sätze spricht. Da ist mir dann auch egal, was er da sagt, das kann ich einfach nicht ernst nehmen. Aber falls es gut ist, kann er ja versuchen, eine Zeitungskolume zu kriegen, wo man ihn nicht hört (okay, wenn sich das jetzt in den letzten Wochen geändert haben sollte, nehm ich das zurück).

  25. @DonkeyMoon

    Ja sogar Fußballer haben ein Recht darauf, das man versucht ihre Namen richtig auszusprechen. Ich wollte lediglich auf die Diskrepanz hinweisen, die hier in vielen Kommentaren herrscht nach dem Motto: Geh nach England da ist alles gut. Da werden sogar die Namen richtig ausgesprochen, sogar das. Der Himmel eines Sport TV Zuschauers kann nicht schöner sein.

  26. Ein sehr schöner Exkurs zu Fußballexperten, zu Recht beim indirekten-freistoss verlinkt.
    Ich habe mich tatsächlich mal während meines (noch andauernden) Publizistikstudiums mit den Fußballexperten befasst und eine Hausarbeit darüber geschrieben. Denn mich hat auch die einzig entscheidende Frage interessiert: Bringen sie dem Zuschauer wirklich was, verbessern sie die Qualität einer solchen Sendung?
    Dabei muss man zunächst mal berücksichtigen, dass sie das evtl. gar nicht sollen. Denn ein Experte kann zwei Funktionen haben: Entweder soll allein sein Name Zugkraft haben und dafür sorgen, dass mehr Zuschauer einschalten. Oder er soll tatsächlich eine erklärende Funktion haben. Ist ja auch gesagt worden. Und bei Beckenbauer kann man wohl ohne weiteres annehmen, dass ersteres der Fall ist. Bei einem Fredi Bobic oder Peter Közle vielleicht eher weniger, bei einem Jürgen Klopp evtl. beides.
    In meiner Arbeit habe ich die Analysen von Premiere, ZDF und ARD während des Confed-Cups 2005 untersucht. Die wesentliche Erkenntnis dabei war: Es ist gut, wenn der Experte weiß, wofür er da ist. Beim ZDF hat man mit Klopp/ Meier einfach ein gutes Duo gefunden. Die Sendungen mit ihnen waren deutlich abwechslungsreicher als die der anderen, einfach weil jeder auch ein Spezialgebiet hat (Klopp: Taktik, Meier: Regeln). Diesbezügliche Fragen werden dann einfach sachkundiger beantwortet. Interessant übrigens, dass Beckenbauer beim ZDF tatsächlich mehr Redeanteile hatte, als Klopp oder Meier, obwohl er am wenigsten in der Sendung war…
    Bei Premiere konnte mich damals nur Hitzfeld überzeugen und zwar immer dann, wenn er über Spieler geredet hat, die er kannte: Da kamen immer Informationen, die der Zuschauer sonst nicht hätte bekommen können. Ansonsten wirkten die Premiere tatsächlich sehr austauschbar. Versuche, einen Ned Zelic als Australienexperten einzufliegen, scheitern, wenn dieser kaum Deutsch spricht und einfach nicht zu sachkundigen Äußerunge fähig ist. Positiv bei Premiere: Es wurde immerhin nur über das anstehende Spiel geredet und nicht über Deutschland, selbst wenn die gar nicht spielten. Bei ARD und ZDF war das anders.
    Netzer/ Delling merkt man an, dass sie sehr eingespielt sind. Sehr gleichmäßige Redeanteile, aber auch routinehaftes Abfeiern der Themen.
    Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass die Experten zum einen gezielt ausgewählt werden. Ein Sender muss sich überlegen: Welches Wissen hat der Zuschauer nicht, kann aber vom Experten erbracht werden, z.B. eben Taktik, aber auch interne Infos? Oder: Welche Funktion kann ein Experte bringen, die der Moderator nicht bringen kann, z.B. wie im Fall Pocher/ Kiefer: Die Ansichten eines Fans. Sicher interessant mal zu erfahren, was ein Fan von Spieler/ Trainer XY hält.
    Die zweite wichtige Sache: Der Experte muss medienkompetent sein, d.h. sein Wissen auch entsprechend rüber bringen können. Das ist ja die große Stärke eins Klopp, dass er theoretisch auch alleine moderieren könnte. Bei einem Felix Magath ode Fredi Bobic sind da einfach Defizite spürbar. Auch Effenberg könnte mehr, aber er zieht sich immer auf seine Stanzen zurück. Er wirkt extrem unsicher vor der Kamera, gestikuliert viel mit dem Mikro in der Hand, usw…
    Es reicht eben nicht, selber auf dem Platz gestanden zu haben, um super Bescheid zu wissen.

  27. Was ist eigentlich mit Netzer? Oder ist das “Der, dessen Name nicht genannt werden darf”?

  28. Die Analyse finde ich auch sehr gelungen. Das Problem beim Fernsehen liegt halt nur bei der Massenkompatibilität ihrer Sendungen und leider verschreckt man wahrscheinlich viele Zuschauer durch zu genauen Spielanalysen. Oder zumindest scheinen das viele Sendestationen zu denken. Aber das ZDF hat durch die INstallation des Expertenduos Meyer/KLopp vielsprechende Ansätze für eine interessante Spielanalyse hervorgebracht und ein mal ein bisschen Mut zur Veränderung gezeigt.
    Zu Mathias Sammer hab ich dann allerdings auch noch eine Meinung. Es ist ja schön wenn es Personen im Fernsehen gibt an denen sich die Zuschauer “reiben” können und deren Meinungen zu Diskussionen führen.
    Sammer steht für mich aber für den Klüngel und die Rückständigkeit des DFB. Zum Einen seine Installation zur Machtdemonstration gegebenüber Jürgen Klinsmann. Zum Anderen als eine seiner ersten Handlungen installiert er Heiko Herrlich als U17 Trainer, der sich bis dahin in seiner Trainerlaufbahn nur durch die Leistungsminimierung von ehemals starken dortmunder Jugendmannschaften hervorgetan hat. Diese Berufung fand zusätzlich noch nach der erfolgreichen Qualifikation für die WM unter einem anderen Trainer statt, was für mich auch nicht nach einem glücklichen Zeitpunkt aussieht.
    Auch wenn dies in keiner Hinsicht seine Qualitäten als Kommentators wiederspiegelt, möchte ich aus verschiedenen Gründen aber trotzdem, dass diese Person in der Versenkung verschwindet.
    Aber das ist nur meine Meinung.
    Gruß Danbreit

  29. Es geht ein wenig am Thema vorbei aber bin ich eigentlich der einzige, der gestern Herrn von Thurn und Taxis bei der Sat1 Übertragung von Glasgow vs Stuttgart zum Haare ausraufen ungelenk und inkompetet fand?

    Gruß M

  30. Du bist der einzige der das noch für erwähnenswert hält.
    Das ist seit Jahren konsens.

  31. das is lieb von Dir, trotzdem bin ich irgendwie froh, weil das in anderen Foren doch anders klang.

  32. Netzer & Delling habe ich einfach nur vergessen. Aber im Grunde genommen ist über die beiden alles gesagt worden.

    Sie waren mal wichtig, weil die beiden den TV-Experten in der Post-Rummenigge-Ära wieder rehabilitiert haben. Aber nun ist nur noch Form über Funktion. Waldorf & Stadler-Szenen für das Publikum draußen.

  33. Es scheint ja speziell in Deutschland zum unumstößlichen Mantra obrigkeitsbeflissener Menschen zu gehören, jede, und noch so harmlose, Bemerkung, so sie denn medial veredelt als Expertenmeinung tituliert wird, als gegeben anzusehen. Die Schar der Protagonisten wurde ja schon genannt. Und alle haben ihre Schwächen und Stärken. Das macht sie dann beinahe menschlich und hebt sie ein wenig von ihrem zementierten Sockel herab.
    Wie so häufig bei hochpreisigen Produkten, und die hinter vorgehaltenen Händen gemauschelten Zahlen erklären, weshalb es für den ein oder anderen Verbalakteur vorteilhaft erscheint, seinen steuerlichen Wohnsitz nicht unbedingt in Deutschland zu unterhalten, unterscheidet sich deren qualitativer Nährwert nicht zwangsläufig von preisgünstigeren Angeboten. Fußball, so heißt es doch, sei die einfachste Nebensache der Welt. Wozu benötigen wir dann noch Experten? Selbst in unserer PISA-Studien demolarisierten Republik dürfte die Analyse eines Fußballspiels zig Millionen kompetente Fachmenschen finden. Und wenn beispielsweise die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, die Apanagen ihrer Experten einsparen und in vorausschauende Bildungsprojekte investieren würden, gäbe es dann nicht eines, nicht allzu fernen, Tages den glücklichen Umstand, aus einem riesigen Pool an Kompetenz fischen zu können? Deutschland quasi als eine Art Barcelona der Fußballanalyse. Aber bevor ich mich zu weit auf das Glatteis der Polemik wage, will ich zumindest noch andeuten, wofür dieses Konglomerat an Expertenwissen auch stehen könnte.
    Egal, ob sie vom hohen Berg der Kitzbüheler Alpen hinabsteigen oder den weiten Weg von der Westküste der USA nicht scheuen, Experten sind in erster Linie Verkäufer ihrer selbst. Ihre Präsenz wird akzeptiert und verklärt sich schnell zur Kompetenz. Des Betrachters Häme und Frust entladen sich genauso schnell auf die Experten wie Zustimmung und Freude. Und würden wir den geadelten Stand der Experten unserer Tür verweisen, wenn sie eben dort auftauchten um ihre (Neben-) Produkte anzupreisen? Franz B. verkauft ein Bier, Jürgen K. einen rezeptfreien Tranquilizer, Urs M. Schweizer Schokolade und Günter N. Seriosität. Wer würde bei diesen Offerten nicht zugreifen, wo einige von uns doch schon die kaiserlich-veredelten Knorr-Suppen schlürften.

  34. Ich finde es nicht ganz unwichtig, dass die TV-Experten auch eine gewisse Sympathie ausstrahlen. Wenn ich z. B. Effenberg mit Bode vergleiche, ist mir zweitgenannter ungleich sympathischer. Und wenn ich dann noch die Leistung von Effe am Mi als Experte in Glasgow betrachte, kann ich beim besten Willen nicht behaupten, dass er Bode oder auch den Kaiser (lang lebe der Kaiser) fachlich überragt. Er hat NICHT interessantes von sich gegeben.

    Die Redeanteile von Urs Meier gehen zu Lasten von Kerner – das ist gut so. Dennoch verstehe ich nicht, was er da soll. Die Regelfragen sind zu 95% No-Brainer (was die Kommentatoren während einer Übertragung leider generell nicht davon abhält, die Szenen falsch zu bewerten – aber ich brauche doch nicht Meier dafür, um das zu korrigieren).

    Und nun noch ein Plädoyer für BÄH: Die Spieltagsanalyse am Montagabend halte ich für sehr gelungen. Die letzten beiden Male waren bei Helmer die Herren Thon und Strunz, bzw. Rehmer und Bobic zu Gast. Gute, fachliche Kommentare zu einzelnen Szenen gemischt mit “Hineinversetzen in die Denke von Spielern” (siehe Blogeintrag zu Effenberg ganz oben) und dabei auch noch recht witzig. Sicherlich nicht so wissenschaftlich betrieben wie es Lienen tuen würde – aber für den Montagabend, also schon mit einigem Abstand zu den Spielen sehr interessant und alles in allem bemerkenswert.