Pavlik – Miranda und Taylor – Spinks

Ein unterhaltsamer HBO-Kampfabend aus Memphis. Die Undercard erwies sich als eigentlicher Hauptkampf, während der Hauptkampf wiederum das “Skandalurteil” aus Hamburg am gleichen Abend relativierte.

Für meine eingeschränkte Wahrnehmung ist der Middleweight-Eliminator zwischen Kelly Pavlik und Edison Miranda ein potentieller Fight of the Year. Tag der offenen Tür. Beide Boxer marschierten und boten sieben Runden lang einen offenen Schlagabtausch bei einem Minimum an Abwehrarbeit. Kein blindes Gebolze, sondern insbesondere von Pavlik schön verteilte Schläge.

Beide fingen sich unendlich viele harte Schläge ein und gingen ein atemberaubendes Tempo. Von Beginn an gab es aber immer stärker werdende Vorteile für Pavlik, den es immer besser gelang Miranda vor sich her zu treiben und an den Seilen zu stellen. Bei Miranda ging langsam das linke Auge zu, aber die 6te Runde mündete in ein Desaster für Miranda. Nach einem harten Treffer ließ sich Miranda in die Seile fallen nur um 3-4 weitere Treffer zu nehmen und zu Boden zu sinken. Noch deutlich angeklingelt stand Miranda auf, spuckte seinen Mundschutz aus und wankte in die Ecke um den sauber gemachte Mundschutz wieder in den Mund zu bekommen. Steve Smoger gab den Kampf wieder frei und Pavlik konnte Miranda wieder an den Seilen stellen und fällen. Miranda ließ sich wieder Zeit mit dem Aufstehen, Smoger gab die Runde wieder frei und Miranda konnte sich über die verbleibenden zehn Sekunden retten.

Smoger gab aber wegen des absichtlich ausgespuckten Mundschutzes einen Punktabzug, so dass Miranda die Runde mit 10-6 flöten ging. Doch er konnte sich glücklich schätzen das Smoger den Kampf überhaupt noch einmal freigab, denn nach dem ersten Niederschlag war Miranda nicht mehr in der Lage geradeaus zu laufen.

In der 7ten Runde machte dann Pavlik kurzen Prozess und nach einer Minute musste Smoger dazwischen springen und den Kampf abbrechen, nachdem Miranda wieder in den Seilen hing.

Ganz massive Vorstellung von Kelly Pavlik. Hohes Tempo. Starke Schläge. Offensichtlich auch psychisch extrem stark. Wenn ich die mir bekannten Namen der Middleweight-Klasse ansehe, ist Pavlik zu gut für Sturm und Abraham. Ich würde gerne sehen wie Winky Wright mit jemand wie Pavlik fertig wird.

Ein Name der hier fehlt, ist der amtierende Weltmeister der WBC und WBO Jermain Taylor. Der boxte anschließend im Hauptkampf gegen Cory Spinks. Spinks kam sehr gut mit der höheren Gewichtsklasse zurecht und übernahm von Anfang an die Initiative, während Jermain Taylor nie richtig in den Kampf fand. Er fand nie die Distanz und kam mit der Rechtsauslage nicht zu Rande.

In einem höhepunktlosen Kampf, der nach der Pavlik-Miranda-Nummer sehr öd erschien, war Spinks die dominierende Figur und selbst inkl Titelverteidiger-Bonus hätte der Kampf zumindest knapp zu seinem Gunsten ausgehen müssen. Selbst Trainer Emanuel Stewart hatte vor der 12ten Runde sichtlich keine Hoffnung mehr auf einen Sieg und ließ Taylor in den Schlußsekunden der Pause alleine auf dem Stuhl sitzen. Aber am Ende stand eine krasse Fehlentscheidung der Punktrichter.

Michael Pernick gab den Kampf 115:113 für Taylor. Nicht schön, nicht fair, aber halbwegs tolerierbar.
Dick Flaherty gab den Kampf 117:111 für Spinks. Auch das machbar, wenn man einige knappe Runde an Spinks gab.
Aber Gale van Hoy wertete den Kampf sensationelle 117:111 für Taylor, also diametral entgegengesetzt im Vergleich zu Flaherty und das war eine Wertung die sich dem Verständnis so ziemlich aller entzog.

HBO fiel durch den ansonsten so hoch geachteten Larry Merchant unangenehm auf. Merchant stellte “Softball”-Fragen an Taylor und machte mit Spinks überhaupt kein Interview.

Ich weiß nicht wie Jermain Taylor es machen will, aber ein Titelkampf gegen Pavlik wäre das Ende seiner Amtszeit als Weltmeister.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Miranda-Pavlik:
    Toller Kampf von Pavlik, hatte ihn zuvor nur gegen Zertuche gesehen. Wirklich stark, auch wenn er selbst ein paar Treffer schlucken musste.

    Taylor-Spinks
    Ich hatte es 115:113 für Taylor. Es waren einige knappe Runden dabei, die man in beide Richtungen hätte geben können. So gesehen, wäre auch ein Spinks-Sieg in Ordnung gewesen. Das 117:111 für Spinks halte ich aber für zu hoch. Nungut, er hat mehr gemacht, aber dennoch im Schnitt nur gut 7mal pro Runde getroffen und damit selten mehr als sein Kontrahent. 3 Runden für Taylor ist da meiner Ansicht nach einfach zu wenig.

    Mir persönlich hat Merchant gefallen, sein Inteview mit Taylor fand ich ok. Er hat ihn ja auch angemessen auf Pavlik angesprochen.
    Ich bin mal gespannt, ob Taylor als nächstes gegen Pavlik oder gegen Calzaghe antritt … wird gewiss schwer für ihn sein, ungeschlagen zu bleiben.

  3. War Spinks überhaupt zu nem Interview bereit? Manch Boxer, der in der letzten Runde rumrennt wie Ottke und jubelt wie Spinks ärgert sich schonmal so sehr über ein Punkturteil, dass er nach der Urteilsverkündung den Ring verlässt…

  4. Ob Spinks nun explizit ein Interview abgelehnt hat, kann ich nicht beurteilen, aber Spinks war noch zirka 2 Minuten nach Ende des Taylor-Interviews im Ring und stieg danach ohne Hektik oder Eile aus dem Ring. Er hat auf mich jedenfalls keinen “wutschnaubenden” Eindruck gemacht.

    Ich fand das Interview von Merchant mit Taylor ungewohnt lasch. Ich schätze ihn eigentlich sehr für clevere, unkoventionelle Fragestellungen und auch ohne Scheu für kritische Fragen. Aber das Thema Spinks, die Reaktion von Taylors Trainer Stewart, der normalerweise eher von der phlegmatischen Art ist, und die Reaktion der Leute, die hat er gemieden wie die Pest.

  5. miranda scheint gewichtsprobleme gehabt zu haben bzw zu haben.

    By Edison “Pantera” Miranda: I’m sorry to all my fans for my performance on Saturday night. I let you down, but know that I tried my best with what I had to win the fight. I thank you for all the support you have given me and I promise that I will return to the top and win a world championship for you.

    I realized the importance of this fight for my career, my fans and most of all, I did not want to disappoint HBO who has been my supporter after the events in Germany. I was faced with adversities that I have never had to deal with in this fight, with my weight. All during training camp, no matter how hard I worked the weight did not come off like it had before. I did not eat or drink anything Thursday or Friday and still I had trouble making weight but I did not want to let the network down and my fans around the world. I went into the ring weak and ill, but I gave it my best effort!

    To Kelly Pavlik, congratulations on your win; it was an honor to be in the ring with a warrior who thinks and fights like you do, and I hope we can fight again in the future. As for my immediate future, I’m going to take a little time off from the gym to relax, and after talking with my team, I’ll decide what the next step will be. Who knows, the next time you see me I may be chasing after a world super middleweight title.

    Know this though, I will be back and better than ever!

  6. Taylor und Pavlik boxen übrigens am 29. September gegeneinander. Taylor hatte auf nen Kampf mit Calzaghe gehofft, aber HBO war nicht bereit die 6 Millionen zu zahlen, die nötig gewesen wären um die Börsenvorstellungen beider Boxer zu decken (selbst bei gefülltem “Millenium Stadium”) … jene 6 Millionen gabs damals bei Taylor-Wright.

    Beide Boxer werden höchstwahrscheinlich nach dem Kampf in das Supermittelgewicht wechseln.