Und die ARD bewegt sich in Sachen Doping doch
Mir ist heute abend so ziemlich alles aus dem Gesicht gefallen, als ich diesen Artikel für die Freitagsausgabe der “Berliner Zeitung” gelesen habe. Weil ich angenehm überrascht wurde.
Die Sport-Internet-Redaktion der ARD (sport.ard.de) hat ein aufwändiges Doping-Special im Web abgelegt: “Achtung, Positiv“. Moderator Claus Lufen führt durch eine Flash-Applikation (hier eine HTML-Version) in der sich verschiedene Reportagen, Interviews und Texte zum Thema Doping abrufen lassen.
Es ist überraschend viel Inhalt. Es ist verdammter guter Inhalt und verdammt wichtiger Inhalt. Es ist eine interessante Form der Aufbereitung und man kann die ARD nur beglückwünschen sich an so eine Form heranzutrauen.
Meine Frage an euch: hat irgendjemand von euch von diesem Special gewusst? Schaut man die Kommentare zum Special an, scheint die Applikation seit letzten Samstag online zu sein. Ich habe davon nichts gewusst. Und das habe ich an der ARD zu kritisieren: das Spiecial selber ist aktuell auf der sport.ard.de-Seite nicht prominent platziert. Wie kann zudem die ARD in Sachen Radsport und Deutschlandtour eine fette Presseerklärung rausgeben, mit hanebüchene Statements zum “Dopingkampf der ARD”, aber gleichzeitig in dieser Presseerklärung nicht auf diese Vorzeigeapplikation hinweisen? Wieso hat sport.ard.de inzwischen sogar eine eigene Rubrik “Doping”, verlinkt diese aber nirgends in der Navigation?
Hey ARD, hier habt ihr etwas was ihr ohne Schamesröte promoten könntet. Versteckt es nicht verschämt in den hinteren Winkel eures Webservers.
Nichtsdestotrotz: Glückwunsch zu diesem Special. Glückwunsch zur Experimentierfreude. Glückwunsch zu den Inhalten.
PS: Zurück zum Artikel in der Berliner Zeitung. Auch der Rest den WDR-Mann Steffen Simon im Artikel zu sagen hat, klingt gut. Budgeterhöhung für investigativen Sportjournalismus, Änderungen in Sachen Berichterstattung im Regionalsport und möglicherweise ab August ein halbstündiges “Sportspiegel”-eskes Hintergrundmagazin
Reaktionen
Sportspiegel, seufz, das waren noch Zeiten.
Heute hat man doch eher den Eindruck, dass ALLE Beteiligten nur die große Kohle suchen.
Naja, warten wir mal ab.
Beim SWR/SWF gab es doch mal ‘Sport unter der Lupe’. Gibts das noch? Wenn ich mich recht erinnere, war das auch eine halbe stunde Stunde lang un hat immer drei Themen beinhaltet.
Mich nervt das Thema Doping nur. Man schaltet irgendeine x-beliebige Radsportveranstaltung bei den öffentlich-rechtlichen an und es wird 50% oder mehr nur über Doping geredet. Meine Meinung ist, entweder ich zeige den Sport oder ich zeige ihn nicht, weil ja angeblich alles nur Doping ist. Aber wenn ich den Sport zeige, dann regt mich diese Maso-Ader der “Journalisten” auf. Der Solms vom DLF hat ja überhaupt kein anderes Thema mehr. Schalte mal Sport am Sonntag an, nach 10 Minuten ist das Wochenendgeschehen abgehandelt, danach kommt nur noch Doping und Stasi. Wer will das hören? Wenn es keine Radsportveranstaltung ist, dann wechselt es von Maso auf Sado – dann sind es die Ausländer die dopen und die Deutschen sind alle zu clean um ins Finale zu kommen. Ich habe nicht gegen Aufklärung in dieser Sache, aber wenn ich eine Sportveranstaltung sehe, will ich nicht ständig hören, dass eh alles Quatsch ist. Und ich will es schon gar nicht von Leuten hören, die vom Sport selbst keine Ahnung haben wie die Fernseh- und Rundfunkjournalisten vom öffentlich-rechtlichen. Die leben fast alle nur ihre Eitelkeiten aus, auch beim Doping-Thema.
das special ist ja der wahnnsinn!
danke, dogfood für den hinweis. das ich sowas noch erleben darf.
@Olaf: “Sport unter der Lupe” wurde vor ungefähr 2-3 Jahren abgesetzt.
@McP: ich weiß ja nicht welche Sendungen du gesehen hast, aber “Doping im Radsport” fand bei den Öffentlich-Rechtlichen bis letzten Sommer in den Übertragungen nicht statt und selbst im letzten Sommer wurde es eher kläglich abgehandelt (ich erinnere mich an eine oberpeinliche Diskussion u.a. mit dem SR-Intendanten Fritz Raff). (Von EUROSPORT wollen wir an dieser Stelle gar nicht reden)
Ja, ich habe auch das Gefühl dass deutsche Sportsendungen bei deutschen Athleten schneller mit der Unschuldsvermutung sind, als bei anderen Athleten.
Das ist natürlich eine böse Pauschalisierung, die soooo nicht stimmt, aber einiges darüber aussagt, wie die Sportberichterstattung der ÖR wahrgenommen wird. Insofern ist da was dran. Aber insofern ist dieses Special und sind die Ankündigungen die Steffen Simon macht, möglicherweise eine Kehrtwende zum Besseren.
Die Sportsendungen des Deutschlandfunks und Deutschlandradios sind ein Sonderfall. Diese leiden häufig an dem “Thomas-Kistner-Effekt”. Ein Journalist der sich derart in ein Thema reinsteigert und verbeißt, dass er nahezu alle andere Themen nur in Relation zu diesem einen Thema setzen kann. Bei Kistner sind es Doping und Sepp Blatter, bei Herbert Fischer-Solms Doping und Stasi. Anfangs ist es noch interessant, aber nach dem zehnten Beitrag/Artikel heißt es innerlich nur noch “whatever…”.
Mir tut es meistens um die Sendezeit im DLF/DLR leid, denn auf diesen Sendern hätte man nun wirklich alle Freiheiten Sport inhaltlich und in der Verpackung interessant darzustellen. Stattdessen werden 25-50 Minuten so unglaublich dröge verbrannt. Ich habe seit 3-4 Monaten das “Sportgespräch” als Podcast abonniert. Es gab bislang nicht ein einziges Thema, das mich länger hat halten können.
Nein, ich rede nicht davon intelligenten und kritischen Diskurs mit dem Sport abzusetzen. Wer dei Sportsendungen des BBC World Service, BBC Five Live oder die Guardian Podcasts kennt, weiß was ich meine.
@Olaf Sport unter der Lupe war IIRC eine reine SWF-Produktion, die dann im Rahmen der Fusion mit dem SDR durchs Raster fiel. Aber waren das (zumindest später) nicht gar 45 Minuten?
Muß ich immer wieder dran denken, wenn Elton John im Radio läuft…
@dogfood die Fusion (und damit die Absetzung) war schon 1998 ;)
Ausweislich zweier Fundstellen bei Google wurde “Sport unter der Lupe” 2000 eingestellt. Gut möglich dass das Format bei der Senderfusion von 45 auf 30 Minuten verkürzt wurde.
Habe das Gefühl – und nicht nur anlässlich des Specials -, dass diese Perlen auch dazu da sind, auf sie zeigen zu können, wenn die nächste Doping-Sau getrieben wird: “Sieh da, wir haben ausführlich und hintergründig drüber berichtet.” Da man aber irgendwie auch von lebt, möchte man sich “seinen” Sport aber auch nicht durch unnötig prominente und permanente Hinweise – oder gar Werbung – auf so “schwierige Themen” selbst kaputtmachen. Wen’s interessiert, der findet’s schon. Alle anderen können in Ruhe weiter bunte Bilder gucken.
Etwas peripher zur Thematik, aber hier ein kurzer Auszug von einem Interview mit Christian Ziege über AC Mailand:
QUOTE
Stimmt es, dass Milan Ihnen eine Zahnspange verpasste – zur Optimierung der Sprintstärke?
Ziege: Naja, so ungefähr. Es war schon etwas komplexer. Da wurden alle Spieler genau durchgecheckt. Damals war man der Auffassung, dass sich ein gerader Kiefer auf die Körperspannung auswirkt. Bei mir hat das auch was gebracht, bei einigen anderen ist es dann aber deswegen zu muskulären Problemen gekommen.
ENDQUOTE
Wenn ich mich nicht irre, hat Bayerns Lucio auch auf diese Weise seine Sprintstärke optimiert. Ich glaube, in der Saisonvorbereitung ne Zahnspange bei ihm gesehen zu haben. Ich will mich ja nicht dumm stellen, aber: Ist das nicht ziemlicher Quark? Und deutet das nicht – vorsichtig, vorsichtig – auf etwas ganz Anderes hin?
Vielleicht (viel) zu viel zwischen den Zeilen gelesen, aber ich hatte beim Lesen des Artikels den Eindruck, Braun wollte andeuten, der WDR muss so etwas gegen die Gesamt-ARD durchsetzen.
sport unter der lupe – kurz SUDEL – war wahnsinn
Auf was sollen denn die Zahnspangen hinweisen? Die Anspielung ist mir schleierhaft.
Das Thema Zahnspangen war auch mal in Mode als bei der Leichtathletik WM in Paris (2001, glaub ich) einige Sportler des Dopings überführt wurden und fast alle eine Zahnspange trugen. Damals wurde vermutet, dass diese eingesetzt wurde um den Veränderungen engegenzutreten, die durch Wachstumshormone im Kiefer hervortreten können. Hab ich zumindest so in Erinnerung, aber vielleicht weiß es jemand besser.
@tiptop
Das sollte meine Anspielung in der Tat anspielen. DLV-Mannschaftsarzt Wegner im August 2003:
ZDFonline: Dennoch bleibt die Ernüchterung, dass andere Nationen offensichtlich dopen. Welche sind das?
Wegner: Zuerst einmal: Es nützt nichts, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Wir sollten das Selbstbewusstsein entwickeln, dass wir es eben ohne Doping zu was bringen können. Zum anderen fällt im US-Team die stark vertretene Zahnspangen-Fraktion auf. Da brauch’ ich gar keine Namen nennen. Sehen Sie sich nur die Athleten mit stark ausgeprägtem Unterkiefer an. Die haben alle Wachstumshormone genommen. Wer mag da noch glauben, dass rein zufällig im US-Team so viele Athleten mit angeborener Kiefer-Hypertonie stehen?
Ach ja; neben Zieges Hypertonie wollen wir mal nicht die von Lucio vergessen:
“Wenn er ein Lächeln auf sein Gesicht zaubert, blitzt es in seinem Mund. Der Grund ist eine Zahnspange, die ihm bei einer Kiefer-Operation eingesetzt wurde.” Allerdings aus nem Sponsorentext, Quelle unklar.
sehr interessant.
Der name der hier in Sachen Zahnspangen nerwähnt bleibt, ist Marion Jones, die mit einem Mal, obwohl sie längst zillionenfache Goldmedaillien-Gewinnerin war, anfing Zahnspangen zu tragen.
Lucio würde ich da ausnehmen. Ich denke bei ihm ist das dentale Problem offensichtlich.
@dogfood
Marion Jones DER Klassiker natürlich. WG: Lucio – Finde ich zwar auch glaubhaft, seine Spielweise aber würde den Verdacht eher erhärten. Ist aber alles sowieso Spekulation. Fussball sowieso nicht gerade Spitzenreiter im Antidopingkampf. Gabs eigentlich damals Gerüchte bei Griechenlands Fussballern? Kann mich nicht entsinnen, Griechenland aber mE de facto Staatsdoping.
Gibt es irgendjemanden Kundigen, der Zieges Behauptung, dass sich ein gerader Kiefer auf die Körperspannung auswirkt und die Sprintgeschwindigkeit steigert, in einen wiss. Kontext stellen kann? Müsste ich doch eigentlich viel schneller sein ;-)
OKOK, einen hab ich noch:
After nine SMTC athletes took home medals at the 1991 World Athletic Championships in Tokyo, doping experts pointedly noted the unusual fact that seven of those medal winners, Lewis most prominently, wore dental braces.
Bericht auf Salon.com vom März 2002. SMTC ist der berühmte Santa Monica TRack Club, und Lewis ist, tja, Carl Lewis, der Betrogene von Seoul.
betrogene ist gut. wie jan ullrich so schön sagte: “ich habe niemanden betrogen.” jaja.
gewisse kiefer sind mir übrigens neulich auch wieder bei den holländischen schwimmerinnen aufgefallen, allen voran bei Inge de Bruijn, die ja auch mit 34 (für Schwimmerinnen ein sehr hohes Alter) immer noch vorne mitmischt. und was lese ich da gerade bei wikipedia (jaja…): “Im Jahr darauf trat de Bruijn in Barcelona erstmals bei den Olympischen Spielen an. Über 100 m Freistil und mit der 4×100-m-Freistilstaffel errang sie jeweils den 8. Platz. In den folgenden Jahren litt sie stark unter Motivationsschwächen. Sie verzichtete auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen 1996.
Diese Entscheidung bereute sie jedoch so stark, dass sie sich entschloss, in die USA überzusiedeln, um dort zu trainieren. Dieser Entschluss wurde 1999 mit dem Titel über 50 m Freistil bei den Schwimmeuropameisterschaften in Istanbul belohnt.”
ein schelm, wer böses dabei.. usw. aber nun auch schluß mit den haltlosen spekulationen.
wie siehts eigentlich mit dem dopingprozeß gegen juve aus, der läuft doch noch, oder?
Na Juve hat auch nen ganz großen Kiefer – und ganz zu schweigen, die sieben Titel von Schumi, mit dem Kinn, der muss doch einen Wahnsinns-Doping Konsum gehabt haben……. :-)
[…] Schon lustig. Da hat man zumindest ein wenig mit dem undurchschaubaren Mysterium ARD zu tun, erfährt aber erst über allesaussersport.de von ungewöhnlich innovativen Annäherung an das Thema Doping. Sport.ard.de hat eine Web-TV-Applikation gebastelt, in der Claus Lufen versucht Doping – als System fast so komplex wie die ARD – von allen Seiten zu beleuchten. Mal abgesehen davon, dass die Hintergrundmusik stresst – ziemlich, ziemlich gut. Das kompensiert noch nicht die Boßdorfs dieser Welt, ist aber ein Schritt zurück Richtung Sportjournalismus. […]
gerade per Ticker (n-tv, n24, spiegel.de):
“Staatsanwalt: In Spanien sichergestellte Blutkonserven “zweifelsfrei” von Jan Ullrich”
*suprise* :D
Und Ulle wittert wohl immer noch mindestens eine Weltverschwörung
http://www.youtube.com/watch?v=oHtRD8nkENI