Shane Mosley: im Alter gereift

“Sugar” Shane Mosley – Luis Collazo

Es war 2004/2005 so als ob jemand den Stecker gezogen hätte. Mit dem Rückzug von PREMIERE aus den Box-Übertragungen, hatte ich null Chancen mich einigermaßen auf dem laufenden über US-Boxen zu halten. EUROSPORT bot nur einige Konserven mit Monaten Verspätung und als Mac-User kann ich halblegale P2P-Streams eh knicken, da diese ausschließlich Windows-Lösungen sind. Vorbei mit dem bekifften Mayorga, dem Beau De La Hoya oder dem erzcleveren Winky Wright

Aus dieser Zeit, 2003, 2004 herum, hatte Shane Mosley eine der interessanteren Biographien (wie man auch teilweise auf aas nachlesen kann). Technisch war er begnadet. Aber sein Ego war größer als seine taktische Kompetenz. Ähnliches konnte über seinen Vater Jack Mosley gesagt werden, der damals sein Trainer war, der z.B. beim ersten Kampf gegen Winky Wright klar “geoutcoacht” wurde. Shane Mosley sagte sich im März 2004 nach dem ersten Wright-Kampf von seinem Vater los und nahm fast zwei Jahre lang Joe Goosens als Trainer, ehe Sugar-Shane zum zweiten Vargas-Kampf im letzten Sommer wieder seinen Vater als Coach nahm.

Mosley hat inzwischen in den USA, nicht zuletzt dank der Oscar De La Hoya-Kämpfe, an Statur gewonnen. Immer wieder kamen im Kampf heute nacht Sprechchöre mit seinem Namen. Shane Mosley kämpfte diszipliniert, er und sein Vater schienen jederzeit Kontrolle über den Kampfausgang zu haben. Nichts mehr von der Hilflosigkeit vergangener Jahre zu bemerken.

Luis Collazo, zehn Jahre jünger, gilt trotz eines bereits besessenen WM-Gürtels, noch als auftsrebendes Talent, bekam aber heute deutlich seine Grenzen aufgezeigt. Collazo mit Trainer Nirmal Lorrick startete sehr abwartend, schien Mosley sich müde arbeiten lassen zu wollen um dann in der zweiten Kampfhälfte zuzuschlagen.

Die Rechnung ging aber nicht auf, weil Mosley eine konstant hohe Work-Rate aufrecht erhielt und selbst in den späten Runden noch mit unglaublich schnellen Fäusten ausgestattet war. Die Entscheidung fiel deswegen eigentlich schon in der 6ten, 7ten Runde, als Collazo erkennen musste, das Mosley weder in Geschwindigkeit noch in Technik nachließ. Collazo hatte zuwenig im Repertoire um dem etwas entgegenzusetzen. Seine Deckung war gut, so dass auch Mosley trotz variantenreicher Schläge nicht wirklich einem KO nahe kam.

In der 11ten Runde kam es noch zu einem Niederschlag, als Collazo durch den Schwung eines Schlages in eine Faust von Mosley reingetragen wurde, der Schlag kam direkt aufs Ohr und Collazo wurde umgerissen.

Entsprechend klar fiel das Punkteurteil aus: 118:109, 118:109 und 119:108 für Mosley. Der Kampf war nicht so einseitig, aber Mosley Runde für Runde meistens ein ausreichend kleines Stück besser. So gut habe ich Mosley noch nie gesehen, selbst bei seinem letzten Sieg gegen Oscar de la Hoya, fand ich ihn ungleich schwächer, fader.

Vivian Harris – Juan Lazcano

Der erste Hauptkampf Harris – Lazcano, ein Eliminator-Fight, war ungleich intensiver, da es auch ein taktischer und psychologischer Schlagabtausch war. Vivian Harris ist auf der Suche nach einer neuen WM-Chance nach dem Verlust des Gürtels im Sommer 2005 gegen Carlos Maussa durch KO in der 7ten Runde, während es für Juan Lazcano vermutlich die Chance seines Lebens auf einen WM-Kampf war.

Harris ging mit Reichweitenvorteile und als technischer überlegener Boxer in den Fight, während Lazcano eher als Zecke, als Giftzwerg bekannt war. Was den Kampf interessant machte, waren die unterschiedlichen Facetten des Kampfes, die von Runde zu Runde wechselten.

Lazcano versuchte in der ersten Runde die Reichweitenvorteile von Harris durch Abtauchen zunichte zu machen. Harris reagierte in der zweiten Runde indem er eine Serie von Aufwärtshaken schlug, die auch immer wieder durchkamen.

In der dritten Runde suchte Lazcano den Vorwärtsgang, mit Druck Harris in den Infight zu drängen. Nach einer lauten Ansprache des sehr agilen Coaches Lennox Blackmoore besann sich Harris auf seine Reichweite und hielt zumindest zu Beginn der Runden bewusst die Distanz zu Lazcano.

In der 5ten Runde begann Lazcano vermehrt mit dreckigen Schlägen zu arbeiten, z.B. viele verdeckte Tiefschläge und man merkte wie er damit tief in das Hirn von Harris vordrang. Harris wurde immer enervierter, richtete sich teilweise auf und blickte zum Ringrichter Tony Weeks “Hey das war ein Tiefschlag”, während Lazcano weiterschlug.

In der zweiten Ringhälfte dominierte Harris, allerdings ohne sich durchzusetzen. Er kam sichtlich nicht mit den dreckigen Schlägen klar, wirkte nicht konzentriert und nahm teilweise mit hängen gelassener Deckung volle Schläge von Lazcano in Kauf. Lazcano wiederum, baute körperlich ab. Die Strategie mit dem Abtauchen konnte er konditionell nicht mehr durchhalten und versuchte sich verstärkt in Infights. Aber Harris konnte kein Profit ziehen. Harris hatte zu sehr mit dem Kampfstil zu tun. Immer wieder wurde er von Blackmoore in den Ringpausen angeschriehen, ohne Erfolg.

Ringrichter Tony Weeks machte eine schwache Figur, da er lange Zeit Lazcano nicht eindringlich ermahnte die Tiefschläge sein zu lassen. Erst spät, in der 12ten Runde, reagierte er, als Lazcano gar eine Serie von vier Tiefschlägen hintereinander schlug, gab er einen Punktabzug gegen Lazcano.

Es wurde ein knapper Punktsieg für Vivian Harris: 114:113, 115:112 und 115:112. Harris wirkte psychisch nicht gefestigt. Der Geist ist im Gegensatz zur Technik noch nicht WM-reif.

Dit’n’Dat

Am Wochenende wurden Verträge für einen Kampf zwischen Winky Wright und Bernard Hopkins unterschrieben. Kampfdatum: 21.7.2007.

PREMIERE kehrt vielleicht zum Boxen zurück. Anläßlich eines Dinner-Boxens für Sponsoren, ließ Arena Boxpromotion (nicht verwandt & verschwägert mit dem Sender) durchsickern, dass es konkrete Verhandlungen gab. Dies habe ich inzwischen auch von einer anderen Quelle erfahren.

Kein guter Start für ProSiebens und SpotlightsFightNight” nächsten Freitag. Die Einordnung im TV-Guide von ProSieben als “Show” statt Sport, scheint sich immer mehr zu bewahrheiten. Da keine Einigung mit dem ursprünglich vorgesehenen Moderator erzielt worden ist (nach Informationen von quotenmeter.de soll es ein anderer ProSieben-Moderator sein), wurde vorgestern kurzfristig der Einsatz von Stefan Raab am nächsten Freitag bekanntgegeben. Man hat also im ganzen ProSieben-Sat.1-N24-Senderverbund keinen sportaffineren Moderator auftreiben können und setzt stattdessen auf die Karte “Entertainment”. Vielleicht entscheiden am Ende nicht die Punktrichter, sondern man lässt die Zuschauer per SMS abstimmen.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Ich finds interessant, dass du in einem älteren Artikel über den ersten Mosley-Wright-Kampf schreibst, dass Mosleys Vater jenem Scheuklappen antrainiert hätte.
    Diese Metapher fiel mir nämlich auch ein, als ich Mosley-Collazo gesehen hatte. Mosley hatte nämlich garnichts von scheu. Er boxte ziemlich aggresiv (mehr noch als gegen Vargas) und war ab und an auch relativ offen für Collazos Linke, die schon hin und wieder als Konter durchkam.

    Nunja, gegen Collazo wars passend, gegen jemanden wie Cotto müsste Mosley aber anders zu werke gehen. Aber egal, Cotto ist ja derzeit anderweitig beschäftigt.

  3. Jo, vielleicht tat der zwischenzeitliche Wechsel zu Goosens beiden gut, denn auch Daddy schien mir gut für den Kampf eingestellt gewesen zu sein.

    —–
    Per Pressemitteilung von ProSieben raus:

    Die FightNight wird am kommenden Freitag moderiert von:
    – Stefan Raab (“Harte Treffer garantiert”)
    – Regina Halmich (“erfolgreichste Boxerin der Welt”)
    – Oliver Pocher (“Entertainer”)
    – Jan Stecker (“Box-Experte”)
    – Johanna Klum als VIP-Reporterin

    Kommentator wird Matthias Preuß sein. Wenn mich mein Gedächnis nicht trügt, war er bei PREMIERE der zweite Mann hinter Tobias Drews ehe er wegen einer Krankheit lange Zeit ausfiel.