NFL Week #17, Washington Redskins – NY Giants: schwankender Coaching Staff
(Spoiler voraus).
Zwei große NFC-Franchises schwanken dem Saisonende entgegen. Die Redskins hatten nicht mehr viel zu verlieren, sind seit Wochen aus dem Playoff-Geschäft draußen. Dass die Giants nach sechs Niederlagen in sieben Spielen überhaupt noch drin sind, verdanken sie eher der schwächelnden Konkurrenz.
Nach der neuerlichen Niederlage gegen New Orleans handelte Headcoach Tom Coughlin und schmiß OffCoord. Hufnagel raus. Das Playcalling übernahm der QB-Coach Kevin Gilbride, dem aber die offizielle Beförderung versagt worden ist. Und nun nach dem 34:28-Sieg gegen die Redskins haben es alle gewusst: Hufnagel hat Schuld gehabt, Gilbride ist ein Genie. Der Niedergang der Giants wird an der Verlagerung des Offense-Spiels weg von RB Tiki Barber hin zum passorientierten Spiel festgemacht.
Die NY Times führt als Beispiel die Zahl der 100yd-Spiele von Barber in der ersten Saisonhälfte (sechs bis inkl. Week #10) im Vergleich zur zweiten Saisonhälfte (ein Spiel bis gestern) an. Chris Collinsworth, Analyst beim NFL Network, führt an, dass die geskripteten ersten 15 Spielzüge der Offense eine Fifty-Fifty-Verteilung zwischen Lauf- und Passspiel vorsehen, aber Hufnagel anschließend schnell den Faden verlor und wischiwaschi spielen ließ. Tiki Barber wiederum sagte Collinsworth, dass ein Teil des Problems darin lag, das Hufnagel von Coughlin in die Box auf den Tribünen geschickt wurde, statt am Seitenrand zu stehen und die Spieler daher nicht mit ihm kommunizieren konnten.
Die Giants gewannen in Washington dank der ersten Halbzeit. Die Redskins begannen mit einen fabulös guten ersten Drive, als RB Betts den Ball in der gegnerischen Red Zone fumbelte und Giants DL Robbins den Ball für 67yds retournieren konnte (Collinsworth: Robbins bettelete förmlich drum, getackelt zu werden). Die Giants konnten von Washingtons 12 kein First Down oder TD erzielen, 3:0-Führung für die Giganten.
Washington schien nicht geschockt zu sein und antwortete im zweiten Drive mit einem Trickspielzug, der all das Elend der Giants-Secondary freilegte. Von der Giants-48 übergibt QB Campbell den Ball an WR Randle-El, der den Ball daraufhin in die Endzone wirft. In der Endzone steht WR Santana Moss, umgeben von den beiden Giants-Cornerbacks. McQuarters steht hinter Moss und läuft noch tiefer um ein Stück Luft in der Endzone zu decken, während der vor Moss positionierte CB Madison gedanklich mit der Schönspielerei anfängt und überlegt wie er den Ball fängt, während der physische Moss sich einfach durchsetzt und den Ball zum TD fängt. Spätestens nach dieser Aktion muss Coughlin Madison und McQuarters splitterfasernackt die Fifth Avenue heruntertreiben, damit die beiden von den New Yorkern mit einem nassen Handtuch abgeledert werden können.
Es sollte der letzte Hauch von Brillianz von Washinton für eine längere Zeit werden. Von Mitte erstes Viertel bis Mitte drittes Viertel gelang den Redskins nur noch ein einziges First Down. Teilweise unpräzise Pässe, teilweise INTs, teilweise Strafen.
Bei den Giants startete aber die Tiki-Barber-Show. Coughlin/Gilbride stellten die Offense um. Der verletzte LT Petitgout wurde diesmal vom Start weg nicht durch #70 Whitfield ersetzt. Stattdessen rückte LG #66 Diehl auf die LT-Position und #65 Ruegamer füllt die Lücke als Guard. Das klappte nicht immer gut, ausgangs des zweiten Viertels wurde für ein Drive wieder zur Kombi Whitfield/Diehl gewechselt, aber in der zweiten Halbzeit waren dann wieder Diehl/Ruegamer auf dem Feld. Tiki Barber profitierte zudem von der Verletzung von TE Shockey. An seiner Statt startete TE Shiancoe, der als wesentlich besserer Blocker gilt. Nimmt man dann noch FB Finn hinzu, bekam Barber für das Spiel hinreichend blockende Unterstützung, um letztendlich sein letztes regular season Spiel mit 234 Laufyards und 3 TDs abzuschließen.
Die Giants schipperten, nachdem sich die Redskins geistig aus dem Spiel verabschiedeten, einem ruhigen Abend entgegen. 20:7-Führung zur Halbzeit, 27:7 im dritten Viertel.
Und dann nahm Redskins-QB Campbell wieder Fahrt auf. Plötzlich klappten die Pässe wieder, plötzlich warf Campbell wieder präzise und die Redskins fingen Mitte des dritten Viertels wieder an, lange Drives zu produzieren. Die Giants konnten gestoppt werden: einfach das Laufspiel der Giants stoppen, Manning war keine Gefahr. Das Spiel fing an komplett zugunsten der Redskins zu laufen. 34:14 zum Ende des dritten Viertels, dann 34:21 und schließlich 34:28 mit 3’22 noch zu spielen.
Es blieb beim 34:28-Sieg der Giants, weil Campbell im letzten Drive zu überhastet warf und seine Anspielstationen verfehlte. Die Giants sind damit so gut wie sicher in den Playoffs und mit einem Schlag sind für den heutigen Sonntag alle NFC-Spiele wirklich witzlos geworden. Interessant ist nur noch das Fernduell zwischen Philadelphia und Dallas. Der “Sieger” (Philly ist im Vorteil) darf am Wild Card-Weekend zuhause gegen die Giants spielen, der “Verlierer” bei den Seattle Seahawks.
Die Giants werden nach dieser Offense-Leistung vieleicht wieder Mut schöpfen, aber der knappe Sieg wurde gegen die drittschlechteste NFL-Defense erzielt. Und da sieht dann ein 6-Punkte-Sieg schon anders aus.
Läufe über Barber sehen wie eine Option aus, aber das Problem des Passspiels bleibt. Die OL ist zu schlecht gegen den Pass Rush und es war gestern Eli Manning deutlich anzumerken: wenn er den Ball mit seiner ersten Anspieloption los wird, ist alles in Butter. Wenn diese aber gedeckt ist und er die zweite und dritte Option abfragen muss, fängt er an überfordert zu wirken. Wenn dann gleichzeitig noch die Pocket kollabiert und er seitwärts rausrollen muss, dann merkt man, wie in seinem Kopf vier verschiedene Dinge gleichzeitig vorgehen. Wenn er mit dem Kopf eben nicht mehr zum Receiver guckt, den er eine Sekunde später anspielen wird, sondern auf den herannahenden Passrusher. Chicken-Manning. Wie ein aufgescheuchtes Huhn.
Nachdem in der Woche viel über den Coaching Staff der New Yorker diskutiert wurde, inkl. dem großen Fragezeichen das über dem Kopf von Coughlin schwebt, erstaunt es mich, wie ruhig es in Washington bleibt. Immerhin leistet sich Headcoach Joe Gibbs (der auch nicht für lau arbeitet), zwei der teuersten Coordinators der Liga. Gregg Williams, der Wundermann für die Defense, der als Nachfolger für Gibbs gehandelt wurde und dessen Defense diese Saison nicht nur eingebrochen ist, sondern auf dessen Kappe auch der kuriose Einkauf von S Archuleta geht.
Und schließlich wurde als OffCoord Al Saunders von den Chiefs geholt, damit Gibbs die Plays nicht mehr selber ansagen muss. Saunders wurde schon in der Preseason mit großen Augen angeguckt, weil die Startformationen nicht einen einzigen Punkt machten. Trotz gutem Laufspiels, rangieren die Redskins in der Punkteausbeute im unteren Ligadrittel.
Für den Bockmist ist Joe Gibbs durchaus verantwortlich zu machen, denn auch in seinem dritten Jahr hat er es nicht geschafft, außerhalb des Feldes Strukturen aufzubauen, die die Redskins zum Erfolg führen. Im ersten jahr glaubte er noch alles im Alleingang zu erledigen und sah in Sachen Salary Cap und Clock-Management sehr alt aus. Im zweiten Jahr sorgte er für Entlastung an diesen Punkten und gönnte Gregg Williams ein wenig mehr Scheinwerferlicht und vor dieser Saison gab er das Playcalling an Saunders ab. Und wieder sind keine essentiellen Fortschritte zu sehen. Es ist Gibbs einziger Erfolg es zu schaffen, dass sich der sonst ungeduldige Teambesitzer Snyder immer noch komplett raushält. Snyder hat schon öfters gezeigt, dass er finanziell recht schmerzfrei agiert und Joe Gibbs hat offensichtlich eh carte blanche bekommen.
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