Kroatiens 23 für die WM 2006
[Update 7.6. 22h00: Infos zum Torwart ergänzt]
Kroatien (müsste das Land nicht passenderweise “Kroatic” heißen?) gewann am Dienstag abend ein Testspiel gegen das sich im Neuaufbau befindlichen Österreichic 4:1. Darauf basierend, plus den Infos aus den KICKER-und SportBILD-WM-Sonderheften und meinen Archiven, meine Beobachtungen
Die kroatische Elf
Es ist quer durch die Medien unisono immer wieder dasselbe zu hören: der Optimismus ist bei den Kroaten groß. Im Vergleichic zur 98er-Elf ist man individuell vielleicht nicht ganz so bestückt, dafür soll der Teamgeistic umso größer sein.
Auf dem Papier spielen die Kroaten ein 3-5-2. Tatsächlich sind zwei der drei offensiven Mittelfeldspieler Flügelläufer die sich sehr schnell zurückziehen können und auf der jeweiligen Seite die Abwehr verstärken. Gegen Österreich kam noch eine andere Variante hinzu: eine “Asymetrie” zugunsten des rechten Flügels. Kroatien arbeitete nur mit zwei nominellen Innenverteidigern und einem Rechtsverteidiger (#7 Simic) plus rechten Flügelläufer (#2 Srna). Die linke Seite hingegen wurde komplett und ausschließlich von Srnas Gegenpart #8 Babic abgedeckt.
Zwar sind Srna und Babic häufig an den Angriffen beteiligt, aber eher im Sinne von Kurzpässen und nicht das klassische “bis zur Grundlinie sprinten und dann reingeflankt”.
Die Kroaten sind defensivstark (kein Gegentor in der Quali gegen Schweden & Ungarn). So locker und luftig ein 3-5-2 aussehen mag, sie sind in der Lage hinten sehr kompakt zu stehen. Daran bissen sich die Schweden die Zähne aus. Die Kroaten strahlen hinten auch eine gewisse “Zeckigkeit” aus, mit dem nicht jede Mannschaft gut umgehen kann. Die Brasilianer sollten so etwas aus Südamerika gewohnt sein, aber für die kleinen, schmächtigen Schlitzis aus dem Land der leckeren Instant-Nudelsuppen ist das ein anderer Schnack wenn 1m95-Hüne Simunic zutritt.
Sie sind aber auch offensiv stark genug um Gegentore zu verkraften (5 Tore in den beiden Spielen gegen Bulgarien). Auffällig: Kroatien gewinnt selten per Kantersieg.
Tor
#1 Pletikosa sah gegen Österreich eher fad aus, verschuldete ein Tor, wurde aber nach langem Pokern vom Nationaltrainer zur Nr. 1 ernannt, nachdem in den testspielen #23 Butina bevorzugt wurde. Alle drei Torhüter sollen eher zur europäischen Mittelklasse gehören.
Abwehr
Die nominelle Abwehrkette ist #7 Simic – #4 R. Kovac – #3 Simunic (von r.n.l).
Gegen Österreich saß der “Linke” Simunic auf der Bank, Tomas und R. Kovac spielten zentral, rechts ergänzt um #7 Simic, alternativ #13 Tomas. Der Raum links wurde durch den Mittelfeldspieler #8 Babic abgedeckt, der ein riesiges Laufpensum absolvierte.
Das Mittelfeld
Ein Fünfer-Mittelfeld mit einem zentralen Spielmacher (#19 Kranjar), zwei defensiven Leuten, eher zentral aufgestellt, sowie zwei offensiven Flügelläufern.
Defensiv: #10 N. Kovac – #5 Tudor
Offensiv: #2 Srna – #19 Kranjcar – #8 Babic
Der 22jährige Spielmacher #19 Kranjcar spielt zentral oder weicht links aus, nimmt die Ecken von links. Kranjcar ist der Sohn vom Nationaltrainer Zlatko Kranjcar, was in der kroatischen Öffentlichkeit immer wieder für Ärger sorgt. Dem Nationaltrainer wird von Dinamo Zagreb-Fans vorgeworfen, den Wechsel seines Sohnes zum Erzfeind Hajduk betrieben zu haben. Sohnemanns Manager wurde einige Tage später von Unbekannten erschossen.
Wie etwas weiter oben erwähnt, bleiben die beiden Flügelläufer #2 Srna und #8 Babic wie festgetackert auf ihrer Seite stehen. Die Erde ist aus Sicht der beiden zwar keine Scheibe, aber ein 15m breiter Streifen diesseits der Seitenauslinie. Sie beteiligen sich aber eher mit Kurzpässen als mit klassischen Flankenläufen an der Offensive. Beide verfallen manchmal in die Attitüde aus dem Halbfeld die Bälle irgendwie nach vorne zu schlagen. Diese Flügel gelten als potentieller Schwachpunkt, weil sie mitunter weit aufrücken und die kroatische Abwehr mit nur drei Mann schnell entblößt ist, wenn die Staubsauger #10 N. Kovac und #5 Tudor nicht aufpassen.
#2 Srna nimmt die Ecken von rechts und einige Freistöße. #8 Babic hat einen gepflegten Fernschuß.
Eine Alternative für das offensive Mittelfeld (oder auch als Stürmer) ist #21 Balaban, der auch mal gerne Freistöße aus 20m scharf und mit Effet ins Tor zirkelt.
Der Sturm
#9 Prso gilt als gesetzt. Ein Stürmer der sich auch gerne mal zurückfallen läßt und sich “nur” an den Pässen zu seinem Sturmpartner beteiligt. Oder auch im Strafraum ganz fallen läßt um per Schwalbe Elfer zu provozieren. Prso ist (wie seine Sturmpartner) ein gute Knipser, war aber bei der EM 2004 fast ein kompletter Totalausfall.
Die Position des Sturmpartners ist offen: #17 Klasnic oder #18 Olic. Olic scheint der kopfballstärkere Mann zu sein, während Klasnic sehr gut im Kurzpaßspiel mit Prso harmonierte.
Der Kader
Torwart
1 Stipe Pletikosa
23 Tomislav Butina
12 Joseph Didulica
Abwehr
3 Josip Simunic
4 Robert Kovac
7 Dario Simic
11 Mario Tokic
13 Stjepan Tomas
Mittelfeld
Defensiv:
5 Igor Tudor
6 Jurica Vranjes
10 Nico Kovac
14 Luka Modric
15 Ivan Leko
16 Jerko Leko
Offensiv:
2 Darijo Srna
8 Marko Babic
19 Niko Kranjcar
20 Anthony Seric
21 Bosko Balaban
Sturm
9 Dado Prso
17 Ivan Klasnic
18 Ivica Olic
22 Ivan Bosnjak
Weitere Kader siehe unter dem Tag “Kader 2006”
Reaktionen
Vielleicht kann ich mit einigen Infos noch weiterhelfen.
Die Tatsache, dass der Nationaltrainer in Kroatien, vor allem aber in Zagreb, nicht gemocht wird ist nichts neues, diese Erfahrungen haben schon die Vorgänger von Kranjcar gemacht.
Dieses Jahr war es zwar besonders stark ausgeartet, was jedoch an der Nicht-Berücksichtigung von Dinamo Zagrebs Stürmer Eduardo da Silva lag. Der Manager von Kroatiens frischgebackenem Meister Dinamo ist zugleich auch der Manager des eingebürgerten Brasilianers. Nun ist es ja so, dass auf dem Balkan nicht die Vereine an Spielertransfers verdienen sondern eher solche zwielichtigen Typen (man muss nur den Calmund Rainer fragen). Hätte nun Kranjcar den Torschützenkönig Da Silva mit zu WM genommen, hätte sich dies auch später in der Ablöseforderung niedergeschlagen, von der ein hierzulande unvorstellbarer Prozentteil in die Tasche des Managers wandert. So musste dieser Typ (mit Namen Zdravko Mamic – sein Bruder Zoran spielte mal für Leverkusen, Bochum und G’Fürth) in den saueren Apfel beißen und beschränkte sich darauf die Fans gegen Kranjcar aufzuheizen oder vor laufenden Kameras die Frau Mutter des Nationaltrainers in einer nicht sehr schönen Art und Weise zu erwähnen. Das ganze artete in den letzten Tagen ein wenig aus, hat sich mittlerweile aber bissel gelegt.
Ähnlich verhält es sich mit dem Filius des Nationaltrainers, der es in der vorherigen Saison wagte zum Hass-Rivalen nach Split zu wechseln. Er galt (oder gilt immer noch) als das größte Talent des kroatischen Fußballs seit vielleicht Zvonimir Boban und man erhoffte sich bei ihm ebenfalls einen Riesentransfer ins Ausland, doch er verließ den Verein nach einer katastrophalen Hinrunde für etwa 1 Million € nach Split, was ihm die Fans nun sehr schwer verzeihen konnten. Doch hat dies absolut gar nichts mit der Ermordung seines Managers (immer diese Typen) zu tun. Das lag eher daran, dass sich der Man sein Brot zum größten Teil als Kredithai (im wahrsten Sinne des Wortes) verdiente, seine Kundschaft reichte von einfachen Leuten bis zur Sportprominenz (so schuldete ihm der jetzige Trainer von Dinamo Zagreb so etwas um die 300.000 €). So wie es aussieht kam er mit seinen Geschäften ganz miesen Mafiosi in die Quere, die in dann ermorden ließen.
@iggypop: cool! Danke für die umfangreiche Zusatzinfo!
Scheint sehr interessant zu sein da unten. Und hier regen wir uns auf, wenn Mosigniore Deisler (oder wer auch immer) 1 Mio Handgeld bekommt.
Schöne Gestalten auf dem Balkan………
Heute lese ich im ARD-Videotext diese seltsame Nachricht:
“Kroaten müssen Trikots ändern – Die kroatische Nationalmannschaft muss ihre Trikots ändern. Auf Drängen der FIFA wurden im letzten Augenblick zwei Reihen roter Quadrate unter der Spielernummer auf dem Trikotrücken hinzugefügt, wie die Zagreber Zeitung “Vecernji list” schrieb. Die FIFA gab zur Begründung an, das bisherige kroatische Trikot habe 30 Prozent mehr weiße Fläche gehabt als erlaubt.”
Welche merkwürdige FIFA-Vorschrift mag da denn wieder dahintertstecken? Und warum ist das deutsche Trikot nicht zu beanstandan, das ja deutlich mehr weiße Fläche hat?
dogfood, weißt du etwas darüber?
Googlet man nach, stößt man allesamt nur auf Meldungen die sich auf die Zeitung berufen. Als Quelle ist das möglicherweise etwas dürftig.
Ich weiß nicht was die FIFA reitet. Einerseits kann ich mir vorstellen, dass sie vorschreiben welche Farbanteile Heim- und Auswärtstrikots haben müssen, damit beides deutlich unterscheidbar ist. Andererseits hat sich Nike im Falle Kroatiens wohl damit beholfen, einige rote Quadrate am unteren Jersey-Bereich hinzuzufügen, der eh in die Hose gesteckt wird und damit i.d.R. nicht sichtbar wäre. Wenn das stimmt, wäre das nürtlich ein völlig unsinniges Gebahren (und die FIFA sollte lieber endlich vorschreiben, dass die Spielernamen auf den Jerseys drauf sollen)