NHL vorm Wochenende: eine von vier

(Spoiler-Warnung: enthält Ergebnisse aus der Nacht)

Von den vier Conference-Semifinals in den NHL-Playoffs standen drei Serien nach einem Stand von 3-0 kurz vor dem Ende. Abgeschlossen wurde aber nur Anaheim – Colorado. Anaheim gewann auch das zweite Auswärtsspiel gegen harmlose Avalances 4:1 und ist damit erster Final-Teilnehmer im Westen.

Eine zweite Serie, Carolina – NJ Devils, geht heute abend um 21h (NASN + PREM) in New York ins Spiel 4. Es scheint fast spannender zu sein, ob sich Leodators Beobachtungen zu Spiel 3 auch in Spiel 4 fortsetzen: die Devils kriegen ihre Halle nicht ausverkauft.

Und wenn ich hätte wetten müssen, ich hätte einiges darauf gesetzt, dass am Donnerstag Buffalo – Ottawa als Serie mit 4-0 für Buffalo abgeschlossen werden würde. Pustekuchen: die Sens gewannen 2:1 in Buffalo und in der Serie steht es “nur noch” 1-3. Ich fand dass den Buffalo Sabres diesmal die Bissigkeit über weite Teile der Strecke abging. Nach dem 1:2 früh im dritten Drittel gab es nicht viel Aufbäumen von den Sabres. Das Publikum fand ergo diesmal auch nicht so ins Spiel wie in Game 3.

Vom TV-Sender gab es während des Spiels eine Statistik, wie häufig in der MLB, NBA und NHL in den Playoffs 0-3-Serien-Rückstände aufgeholt worden sind. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, in der NBA kein einziges Mal, in der MLB selten und in der NHL nur zwei Mal seit 80 Jahren.

Die Serie kann nun ein interessantes Momentum bekommen, da gerüchteweise die Rückkehr vom Sens-Goaltender Dominik Hasek im Bereich des Möglichen ist (Hasek laboriert immer noch an seiner Adduktorenverletzung von Turin 2006). Der Einsatz für das heutige Spiel gilt noch als sehr unwahrscheinlich.

Spiel 5 findet heute abend statt, NASN bringt morgen mittag (13h30) eine Aufzeichnung.

Die ansehnlichste Serie der Semifinals ist San Jose Sharks – Edmonton Oilers. Nach dem 6:3-Sieg der Oilers in dieser Nacht steht die Serie bei 2-2. Die Serie liefert nicht nur eine dreifache Overtime (wie am Mittwoch). Sie ist auch die physischste Serie. Dort werden reihenweise Checks durchgeführt (und nicht immer mit Strafen versehen), für die man in Deutschland wg. Körperverletzung ohne Bewährung verknackt wird. Edmonton ist deutlich bestrebt Thornton und noch mehr Cheechoo aus der theoretisch torgefährlichen ersten Reihe, körperlich aus dem Spiel zu nehmen.

Der 6:3-Sieg von Edmonton hört sich deutlicher an, als Spiel 4 in Wirklichkeit war. Wie bei den anderen Spielen der Serie, waren die Specials Teams diesmal auch kein Thema. Die Entscheidung fiel erst Mitte des 3ten Drittels mit dem 5:3 von Edmonton. Zu dem Zeitpunkt nahm San Jose den fast fehlerlosen Goalie Toskala raus und Nabokov rein. San Jose dachte eher an Spiel 5 zuhause. Jenes Spiel 5 So/Mo um 4h auf NASN.

Ich bin nicht der große NHL-Experte und vielleicht habe ich Scheuklappen auf, aber ich muss wieder Cheerleader für CBC spielen. Ich finde die CBC-Berichterstattung, sowohl durch die Kommentatoren als auch die Studio-Berichterstattung in den Drittelpausen so meilenweit der OLN- (nicht ganz so meilenweit: NBC-)Berichterstattung überlegen, …

Die Kommentatoren vereinen Substanz mit Emotion und ich halte Ron MacLean für den derzeit besten Studiohost verglichen mit deutschen, kanadischen oder US-amerikanischen Sportsendungen. Er macht etwas, was ich “lockere Präzision” nennen würde. Er weiß was er fragt, er weiß was für ein Thema er innerhalb des kurzen Studioblocks durchbekommen will, bleibt aber trotzdem leger im Ton. Bei den US-Kollegen hat man sehr häufig das Gefühl, dass sie nur noch in einem Denk- und Sprechschema agieren können. Das Frage- und Antwort-Ping-Pong-Spiel von OLN (und NBC) wirkt einstudiert, tausendmal durchexerziert und ist so überraschungsarm wie eine Mahlzeit bei McDonalds. Nur ab und zu wird es von schönen Sequenzen unterbrochen, wenn NBC z.B. mit Analyst Olczyk aufs Eis geht und einige Moves demonstriert.

Wie Ron MacLean in einem 3-4-Minuten-Stück per Interview den neuen Coach der Toronto Maple Leafs interviewt, die Standardfragen vermeidet oder zumindest variert (Stichwort: Einsatzzeiten von Sundin) ist hohe Schule. Es gibt von meiner Warte aus gesehen, keinen Studioblock, der einen derartigen Nährwert hat (BTW: der deutsche Moderator dem ich so etwas am ehesten zutraue, ist PREMIEREs Jan Henkel) wie CBCs “Hockey Night in Canada” mit Ron MacLean.

Wie geschrieben: in einer Drittelpause des Edmonton – San Jose-Spiels wurde der neue Coach der Toronto Maple Leafs Paul Maurice an die Seite von MacLean gesetzt. Maurice ist nicht nur ein blutjunger Coach (39 Jahre und bereits 8 Jahre NHL-Coach-Erfahrung) sondern sehr gewandt vor den Kameras. Maurice hatte keine Scheu zumindest die Art und Weise wie Mats Sundin vom Vorgänger Pat Quinn eingesetzt worden ist, zu kritisieren. Er widersprach der häufig geäußerten Meinung, dass Sundin zu alt ist und setzt auf besseres Management seiner Shifts.

In Toronto wird die Ernennung von Maurice mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Einigen Hardcore-Fans ist deutlich anzumerken, dass sie jemanden der bislang vorallem die Carolina Hurricanes trainiert hat, nicht für voll nehmen, sondern lieber so eine alte Kante a la Pat Quinn hätten haben wollen. Das muss ungefähr so sein, wie wenn Otto Rehhagel durch Jürgen Klopp ersetzt wird.

Paul Maurice ist nicht der unbeleckte Jungspund. In seinen acht Trainerjahren in der NHL in Hartford und bei den ‘Canes hat er Carolina immerhin einmal in die Finals um den Stanley Cup gebracht.

Maurice wird ferner vorgeworfen unattraktives, defensives Hockey zu spielen. Die Medien gehen auseinander über die Meinungen ob Maurice innerhalb des Teams ein guter Kommunikator ist. Befragt man die Spieler, scheint es nur positive Meinungen zu geben. Die Tür des Coach stünde nicht nur jederzeit offen, Maurice suche selber proaktiv den Kontakt mit den Spielern.

Von Maurice wird erwartet, das er frischen Wind in das Team reinbringt, denn die Strukturen sind unter dem altmodischen Coach Quinn, sehr eingefahren gewesen. Gerade die Bemerkung über Sundin macht deutlich, dass Maurice nicht Jugend der Jugend nehmen will, sondern auch Respekt für die Veteranen hat, sofern diese auch Leistung bringen. Maurice war zuvor Coach des Quasi-Farmteams der Maple Leafs, den Toronto Marlies in der AHL.

Sein Training soll schneller und intensiver sein und die Maple Leafs dadurch fitter und temporeicher agieren können.

Kuriosität am Rande: Paul Maurice musste seine Spielerkarriere früh beenden, nachdem bei einem Benefizspiel (sic!) der Puck von seinem Schläger in sein rechtes Auge prallte. Seine Sehkraft auf diesem Auge ist seitdem stark eingeschränkt. Er ist in seiner Familie kein Einzelfall. Sein Vater Denis hat als 5jähriger das rechte Auge verloren, nachdem er von einer Schaufel getroffen wurde und sein Bruder Shane wurde mit einem Sehfehler im rechten Auge geboren. Paul Maurice erzählte auf seiner Debütpressekonferenz in Toronto wie er nach der Augenverletzung das erste Mal wieder am Familientisch saß und um Mitleid heischte, aber:

You don’t get a lot of sympathy from a table of one-eyed people.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. “Vom TV-Sender gab es während des Spiels eine Statistik, wie häufig in der MLB, NBA und NHL in den Playoffs 0-3-Serien-Rückstände aufgeholt worden sind. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, in der NBA kein einziges Mal, in der MLB selten und in der NHL nur zwei Mal seit 80 Jahren.”

    Comebacks der Art aus 0:3 mach 4:3 gabs in der Amerikanischen BigLeague Historie genau 3mal.

    1.NHL: Toronto-Detroit 4:3 nach 0.3 in den Stanley Cup Finals 1942

    2.NHL: NY Islanders-Pittsburgh 4:3 nach 0:3 in Runde 2 Playoffs 1974/75.
    In Runde 3 hatten die Islanders wieder 3:0 Rückstand, konnten gegen Philadelphia wieder ein Spiel 7 erzwingen, scheiterten aber dann.

    3.MLB: Boston Red Sox-New York Yankees 4:3 nach 0:3 in der ALCS 2004.
    Im Anschluss gewann Boston die erste World Series seit 1918…

    In der NBA tatsächlich noch nie.