Tour: J moins trois
Immer wieder beliebtes Thema des Radsports und in der Tour: Doping. Jean-Marie Leblanc, der noch drei Jahre lang die Tour leiten wird, zeigt sich in einem Interview überzeugt, dass wir es diesmal mit einer porentief reinen TdF zu tun haben. In Sachen Infrasturktur, so Leblanc, könne man nicht mehr gegen Doping machen, als die Tour machen würde.
Schlecht getimet, der Versuch das Thema Doping damit medial totzutreten. Heute vormittag wurde mittels Haftbefehl der litauische Rennfahrer Raimondas Rumsas in Italien festgenommen, eine Auslieferung nach Frankreich wird erfolgen.
Rumsas ist kein Unbekannter, war der überraschende Tourdritte 2002 (hinter Armstrong + Beloki). Am Tag nach Beendingung der Tour 2002 wurde Rumsas Ehefrau Edita an der französische Grenze mit bergeweise Präparate festgehalten, einiges davon auch als Doping verwendbar. Und wegen dieser Geschichte geht es nun vor Gericht. 2003 wurde Rumsas während des Giros auch noch positiv auf EPO getestet und für 1 Jahr gesperrt.
Rumsas ist derzeit bei keinem namhaften Team angestellt.
Le Boss
Wo Doping im Radsport, da auch Lance Armstrong nicht weit, den immer eine Dunstwolke von Vermutungen und Verdachtsmomente umgeben.
Der Franzose an und für sich, gibt einen feuchten Kehricht ums Doping – siehe Virenque – , von daher sind diese Dopingverdächtigungen gegen Armstrong nicht der Grund für die Antipathien mit denen man dem US-Amerikaner begegnet. In der NZZ wurde am Sonntag von einem Journalisten der L’Équipe gut beschrieben, was die “verkampfte Beziehung” zwischen Armstrong und den FRanzosen ausmacht: “Respekt für den Dominator”
Armstrongs sehr amerikanische Art, sich in Szene zu setzen, wird vom französischen Publikum nicht goutiert – vor allem, weil es den Radsport als Teil seiner eigenen Kultur versteht. Der Monat Juli ist in Frankreich nicht nur gleichzusetzen mit Ferien, sondern auch mit der Tour, die man irgendwo am Rande der Strasse selbst miterlebt.
Entsprechend eng ist das Rennen mit der Geschichte des Landes und seinen gesellschaftlichen und politischen Bewegungen verknüpft. Darum hängen die Franzosen an der Tradition der Tour; geradezu eifersüchtig versuchen sie, die damit verbundene Kultur zu bewahren. Deshalb reagierten sie sehr irritiert auf die Ankunft des Unternehmers Bernard Tapie in den achtziger Jahren, der das Team rund um Greg LeMond lohnmässig in neue Sphären katapultierte. Der bis dahin äusserst volksnahe Sport verlor damit ein Stück seines Identifikationspotenzials. Die seit 1999 anhaltende Phase der Dominanz Armstrongs hat diese Entwicklung noch beschleunigt – zu sehr forciert der Amerikaner die minuziöse Professionalisierung eines Sportes, der lange nach alten Werten und Verhaltensweisen funktionierte hatte.
[…]
Wieso ist einer, der sechsmal die Tour gewinnt, nicht der populärste Fahrer des Feldes? Diese Frage hat sich der Amerikaner öfter gestellt, auch öffentlich. Und nach und nach hat er gemerkt, dass es klug wäre, sich etwas menschlicher zu geben. 2003, im Jahr, als er von Ullrich am härtesten bedrängt wurde, fing er darum an, sich vor den Kameras und Mikrofonen auch auf Französisch auszudrücken.Diese Geste machte Armstrong sympathischer. Allerdings harmonierte sie nicht mit seinen Auftritten: Stets umgeben von einer Garde von Leibwächtern, gibt er das Bild eines privilegierten Menschen ab. Das passt nicht in die Vorstellung der Franzosen, wonach ein Champion stets nahbar und bescheiden sein müsse. Seine Beziehung zur Sängerin Sheryl Crow hebt ihn noch weiter über die Masse.
Papier-Trainingslager
Die Popularität einer Sportart läßt sich auch an der Anzahl der Sonderhefte ablesen, die auf den Markt geschmissen werden. Ein morgendlicher Besuch beim Kiosk zeigte heuer drei Typen von Sonderheften.
Die Pflichtübung
Zu den “Standards” gehört die Juli-Ausgabe der TOUR in der immer ein Sonderteil “Tour de France” eingelegt ist. Die TOUR hat wohl noch ein “richtiges” Sonderheft herausgegeben, welches ich aber nicht gefunden habe.
Das erklärt vielleicht auch warum die Beilage wie eine Pflichtübung wirkt. Ich habe es nicht nachgezählt, habe aber den Eindruck, dass es von Jahr zu Jahr weniger Seiten gibt. Es gibt eine lange Armstrong-Story (wer es noch nicht mitbekommen hat: Armstrong hört nach der Zielankunft in Paris mit dem Radsport auf), eine – Surprise – Ullrich-Story und eine Klöden-Geschichte. Dann folgt Seite um Seite das Streckenprofil und Kurzportraits von Tourfavoriten, das Reglement und schließlich die Fernsehzeiten. Nett: einige Photos die die Tour jetzt und zu Opas Zeiten vergleichen.
Keine Mannschaftsübersichten und das Streckenprofil enthält keinerlei Durchfahrts- oder Startzeiten.
Die Billigheimer
Der OZ-Verlag hat vom Redaktionsbüro Wipperfürth ein “Tour de France”-Heft produzieren lassen. Aus dem Hause OZ-Verlag kommen sonst Perlen wie “Diana Häkel Spaß”, “Lea Special Basteln”, “Stick-Spaß” oder auch “Anpfiff”.
“KAUFT MICH! KAUFT MICH!” schreit das Heft beim Zeitschriftenhändler, sozusagen die kleine billige Nutte im großen Zeitschriftenpuff. Die erste Anzeige im Heft: Klingeltöne. Das verwendete Druckpapier kaufe ich normalerweise dreilagig auf Rollen.
Eingeleitet wird das Heft mit dem gängigen Triumpvirat: Portrait Armstrong, Story Ullrich, Geschichte Klöden. Danach werden die Favoriten vorgesteltl, immerhin in der sinnigen Aufteilung nach Sprinter, Kletterer, Gesamtsiege.
Die Etappen werden zwar einzelnd auf auf je einer Seite vorgestellt, aber man drückt sich um die absolute Pflicht: Streckenprofile gibt es nur für Bergetappen, aber selbst da ohne die üblichen Legende wie “Bergkategorie”, “Verpflegung”, “Sprintwertungen”. Dafür hat man Marcel Wüst ködern können, der zu jeder Etappe 2-3 Sätze zu sagen hat.
Immerhin werden die Teams auch einzeln vorgestellt, allerdings mit teilweise nichtssagenden Sätzen. Nett hingegen die hinteren vier Seiten mit Statistiken der letzten Jahre.
Das Heft muss man sich nicht wirklich kaufen, wenn aber gerade nix anderes da ist…
De Luxe
Mir neu ist ein deutsches Rennsport-Magazin namens “Procycling“, was wohl die deutsche Lizenz eines britischen Monatsmagazins ist. Richtig fettes Papier, richtig guter Druck und die Photos auch ganz okay.
Die “Procycling”-Ausgabe im Juli kommt mit einem herausnehmbaren Sonderteil. Yep, herausnehmbar und damit Sieger in der “Vor dem Fernseher griffbereit hinlegen“-Kategorie. Im Sonderteil dann wieder die Storys zu Armstr… Nein! Die Jungs (und Mädels) sind cleverer!
Im Heft gibt es neben dem Sonderteil noch ein großes “Dossier”, in der die großen Tourstories abgenudelt werden. Aber, nein, was heißt “abgenudelt”: Es gibt auch nicht die üblichen 08/15-Stories, sondern z.B. ein Artikel mit Treffen von Vater-Sohn-Fahrern, wie die beiden Roches (Stephen + Nicolas), die beiden Bernaudea und den beiden Duclos-Lasalle. Es gibt eine lange Geschichte zur Vendée im Westen Frankreichs, es wird an den Tod von Fabian Casartelli vor 10 Jahren erinnert und die französische Radsportmisere analysiert.
Der Sonderteil “beschränkt” sich überwiegend auf nackte Fakten, abgesehen von einem ebenso langen wie überflüssigen Interview mit UCI-Präsident Hein Verbruggen.
Die Etappen werden auf je einer halben Seite prsentiert. Zur jeder Etappe gibt es ein ordentliches Streckenprofil und wird ein “Favorit” und ein “Geheimtipp” für den Etappensieg vorgestellt. Dazu, wichtig!, endlich eine Startzeit.
Schließlich bekommt jedes Team eine halbe Seite, auf der nach den Faktoren “Speerspitze”, “Geheimtipp”, “Schwachstelle” und “Prognose” Einschätzungen zu den Equipes gegeben werden, teilweise mit grenzwertigen Kommentaren “Den französischen Fahrer ist eine großzügige Presseberichterstattung sicher, egal wie sie fahren. Deswegen fehlt Ihnen die Motivation […]” – Klar, weil die französischen Fahrer außerhalb Frankreichs im Rennkalender alles in Grund und Boden fahren…
Abgerundet wird mit Fernsehkalender und Glossar.
Fazit: von den drei Heften sticht ganz klar das Procycling heraus, das mit 4,80 zudem auch nicht über Maßen teuer ist. Allenfals das TOUR-Sonderheft könnte Procycling noch aus dem Sattel fahren.
Reaktionen
Die Procycling gibt’s schon seit Anfang 2005. Ein super Heft, wenn nur nicht der Preis so hoch wäre.
Wo Doping im Radsport, da auch Lance Armstrong nicht weit
… Dr. Jürgen Emig hamse eingebuchtet, hat der auch was genommen?
Ich fürchte ja… er kam mir immer so “Prinz-Valium” vor…