SpoBiS 2011 (1): Ankommen in der Welt des Rollköfferchen

Blogs, schnelles Medium und so – oder auch nicht, wenn man sich in einem armseligen Schweizer EC einen Erkältungsvirus einfängt und ein Großteil der Kunden aus dem Winterschlaf aufwacht und beschließt, die Vorwarnzeit für Aufträge auf zwei Tage zu senken.

SpoBis 2011 im Congress Center Düsseldorf
Bild aus zwei Fotos zusammengesetzt & bearbeitet

Und so kommt es, dass ich erst mit einem Monat Verspätung anfangen kann, die SpoBiS im Blog aufzuarbeiten. “SpoBiS” wie in Sports Business Summit – dem größten europäischen Kongress rund um Sportbusiness, also Vermarktung oder andere Formen des Geld-Scheffels durch Sportverbände, -vereine, Medien, Konsumartikelhersteller, Berater und Agenturen. Der zweitägige Kongress wird vom deutschen Branchenblatt “Sponsors” veranstaltet. Sponsoren sind u.a. zwei Marktforschungs- und Beratungsunternehmen für Sportbusiness, IFM und Sport + Markt, Eurosport und CMS Hasche Sigle, eine Kanzlei die nicht nur, aber auch den Schwerpunkt Sportbusiness und -beratung hat.

Die “natürliche Auslese” der Besucher erfolgt mit dem Geldbeutel in Form der Eintrittskarten von 700,– (Tagesticket) bis über 1.000,– Euro. Daraus ergibt schon automatisch “Fachbesucher only“. Meine Anwesenheit war der Einladung als Diskussionsteilnehmer bei einem der zahlreichen Panels zu verdanken.

Der Kongreß zog für die 2011er-Ausgabe von München nach Düsseldorf ins Congress Center Düsseldorf (CCD) um. Das CCD liegt am Rheinufer, am südlichen Zipfel des Messegeländes, zwischen Düsseldorfer Innenstadt und Flughafen.

Die Welt der 700-Euro-Eintrittskarten ist nicht das Biotop in dem ich mich täglich bewege und so war das für mich auch eine kleine Expedition ins Reich der Anzugsträger und Rollköfferchenzieher. Spätestens der Blick ins Programmheft löste die Kleidungsfrage für die Expedition.

Aus dem Programmheft: SpoBiS-Panel-Einheitskleidung
Dunkles Jackett, keine Krawatte, hellblaues Hemd 1-2 Knöpfe offen
(von mir dezent anonymisiert)

Dunkler Anzug, blaues Hemd, krawattenlos, aber ein bis zwei Knöpfe aufgeknöpft. (Frauenanteil: ca. 10%) Das ist das SpoBiS-Biotop. Querschläger der ich bin, entschied ich mich für ein schwarzes Hemd mit Weste. Konformist der ich bin, hatte ich erstmals seit Menschengedenken meine Kappe nicht mit – und lief im Tageslicht entsprechend wie ein Maulwurf mit zugekniffenen Augen herum.

Non-Konformist der ich bin, wählte ich die Anreise mit Öffentlichen Nahverkehrsmittel statt Taxi oder angebotenen Fahrdienste. Wenn man wissen will wie eine Stadt tickt, muss man Bussen und U-Bahn fahren oder zu Fuß laufen. Wenn man wissen will, wie ein Event tickt, muss man sich das Event auch aus größerer Entfernung ansehen.

Wenn man nach zehn Fußminuten vom U-Bahnhof “Messe Nord”, direkt neben der Esprit Arena der Fortuna, zum CCD kommt, verstärkt sich der Eindruck des Kongresses als eigene Welt, als Raumschiff am Rande von Düsseldorf.

“Ich bin Blogger und Sie?”

Ein Highlight der zwei Tage in Düsseldorf war meine U-Bahn-Konversation am zweiten Tag mit einem Italiener. Der wirkte in der U-Bahn recht desorientiert und fragte den nächstbesten, nach Geschäftsmann Aussehenden – mich – im radebrechenden Italo-Englisch ob das die U-Bahn zur Messe sei.

Ich bejahte, ich müsse da auch hin. Er fragte mich daraufhin, ob ich “Seller” oder “Buyer” wäre. Ich fing dann zu erzählen, dass ich als Sportblogger dort eingeladen wäre und zu einem Panel über die Zukunft der Sportmedien diskutiert habe. Er nickte zustimmend. Ich fragte ihn was er denn auf dem Kongreß machen würde?

Ich verkaufe hier handgefertigte, hochwertige Frauenhüte.

Das war hinsichtlich der SpoBiS eine für mich etwas unerwartete Antwort. Ich nickte ihm zu und schwieg ihn für einige Minuten an, ehe ich begriff, dass er zur benachbarten Modemesse gehörte. Ich beschloss seine Geschichte genauso zu ignorieren, wie er meine Ausführungen zur Sportbloggerei ohne Regung hinnahm.

Bonustipp für den Umgang mit italienischen Geschäftsmänner: auf der Suche nach Konversation nicht das Thema “Berlusconi” wählen.

Rund um das CCD ist ein – trotz Modemesse – recht totes Messegelände gewesen. Das CCD ist besteht aus diversen sechseckigen Räumen und Sälen, mit stark verglasten Fronten und kann bzw. will sich nicht so recht zwischen 70er-Jahre-Style und den 90ern entscheiden. Im Eingangsbereich meldete man sich an und legte seine Mäntel und Koffer/Taschen ab. Dann ging es per Rolltreppe rauf in ein sehr großes Foyer mit einigen Ausstellungsständen und zahlreichen Tischen und Getränkestände. Vom Foyer ging ein geräumiger Gang Richtung 1.000 Plätze fassendes Auditorium ab. Vom Gang gingen wiederum einige sechseckige Wintergärten mit Tischen, Getränke- und Ausstellungsständen ab. Ein Stockwerk höher wurden in vier kleineren Waben-Räumen mit Fassungsvermögen von 70 bis 100 Personen Panels abgehalten.

Das Programm sah jeweils am Nachmittag eine zweistündige Veranstaltung im Auditorium statt. Vormittags und am frühen Nachmittag fanden jeweils fünf Tracks zu je einem Thema gleichzeitig statt.

Die Themen der Veranstaltungen klangen interessant, können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es vor allem in den Wintergärten und Foyers brummte. Wie mir einige Leute dann auch sagten, geht es weniger darum, sich auf den Veranstaltungen zu informieren. Der wichtigste Event sei viel mehr das “Get together” am Abend des ersten Tages und der eigentliche Nutzwert der SpoBiS liege im Networking: es gibt keine andere Möglichkeit zu einem Zeitpunkt an einem Ort so viele Kollegen und Bekannte zu treffen, wie in den Fluren und Gängen der SpoBiS, vor allem wenn dann die Musik aufspielt, Häppchen und Getränke gereicht werden.

Tatsächlich war der Informationswert vieler Veranstaltungen “überschaubar”. Entweder man drehte den Fokus ganz weit auf und schaute sich an, wie sich bestimmte Redner, bestimmte Menschen gaben. Wie positionierte sich zum Beispiel SKY-Sportvorstand Carsten Schmidt? Oder man verkleinerte den Fokus und hielt sich an Details auf, wie zum Beispiel die Ankündigung von DFL-Geschäftsführer Christian Seifert, für die nächste Rechteperiode keine weiteren Anstoßzeiten anzubieten.

Der Networking-Aspekt ging natürlich ziemlich an mir vorbei, da sich die Zahl meiner Kontakte in diesem Bereich in Grenzen hielt. Immerhin bekam ich einige Gesichter zu den eMail-Adressen zu sehen und man konnte sich endlich mal austauschen.

Ich werde später noch auf einige Tracks detaillierter eingehen. Aber insgesamt war ich schon verblüfft wie wenig ergiebig viele Tracks und Vorträge waren. Ich hätte schon erwartet, dass der Wissenshunger der Teilnehmer größer wäre.

  • Auch wenn es eine Insiderveranstaltung war, wurde sie nicht als Schauplatz zur Verkündung von Neuigkeiten genutzt. Viele gaben sich genauso zugeknöpft wie bei normalen Presseterminen oder Mitteilungen.
  • Auch wenn es eine Insiderveranstaltung war, wurde bei vielen Vorträgen versucht das Publikum als “interessierte Laien” mitzunehmen. Folge: man bekam zuviel Altbekanntes serviert.
  • Der Diskussiondrang auf den Veranstaltungen war gering und wurde auch nicht wirklich gefördert. Vom Publikum kam zu selten etwas und die Vortragenden wurden nicht aus der Reserve gelockt – oder ich war einfach nur auf den falschen Tracks.

Vielleicht ticke ich da auch anders, weil ich im Web-Bereich schon aufgrund der sich permanent wandelnden Technologien immer unter Druck stehe, mir neues Know-How und Technologien anzueignen – während es in dem Sportbusinessbereich mehr um Kontakte und Informationsvorsprung geht.

Es war zwei Tage lang interessant zuzugucken, aber als “networking-loser” Gast war das Thema dann nach zwei Tagen auch erst einmal durch. Ich werde in weiteren Blogeinträgen versuchen, auf einige der Themen konkret einzugehen.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Sehr schön, dieses wirklich keine Bekleidungs-Fragen offenlassende Bild aus dem Programmheft :-)

  3. @millerntor: äh, doch. frauen sind nicht abgebildet.

  4. Die Kleidung sieht auf der dmexco (Online-Marketing) identisch aus. Das ist halt d. Marketing/Agentur-Einheitskleidung ;)

    Und zum Networking: Finde ich bei BarCamps und Co. vergleichbar. Die meisten Vorträge kennt man und man kommt nur wegen den Kontakten.

  5. klingt nicht danach, dass das die super bowl wert war.

  6. Ist doch schön, wenn sich die Menschen einen gewissen Restfunfaktor des Themas bewahren und geschlossen casual erscheinen.

  7. @Linksaussen: rechts oben im Eck meine ich zwei Frauen zu sehen

  8. @blafasel: könnte hinkommen. man sieht aber ihre kleidung nicht (keine kalauer bitte). woran sollen sich die armen teilnehmerinnen denn bitte orientieren?

  9. […] alle, die jemals in diese sportaffinen Kreise geladen werden: Krawatten gibt es darin nicht. Das erwähnte dogfood allerdings ohnehin schon mehrfach von vergleichbaren Veranstaltungen […]