Six Nations 2010 nach dem zweiten Spieltag
Über das Highlight des zweiten Spieltages der Six Nations braucht man nicht lange zu diskutieren: Wales – Schottland 31:24 (9:18) war eines der spannendsten Rugby-Spiele was ich je gesehen habe.
Das Spiel schien am Samstag nachmittag langsam einer Sensation entgegenzuschippern, als Schottland – letzte Woche noch deutlich den Franzosen unterlegen – in Wales Stück um Stück seine Führung ausbaute und den Walisern nur wenig gelang. Die Schotten standen vorallem im Zentrum sehr kompakt und verschoben sich bei walisischen Angriffen sehr schnell.
Bei den Walisern lief vieles nicht rund, aber sie gaben nicht auf und versuchten immer wieder mit dem Kopf durch die schottische Wand zu laufen. Kurz nach Halbzeit gingen die Schotten per Straftritt 21:9 in Front. Wales verkürzte auf 14:21. Zwölf Minuten vor Spielende schien Schottland mit einem Drop Kick zum 24:14 dann die Sargnägel reingekloppt zu haben. Doch die Waliser rannten weiter gegen die Schotten an.
Dann die 74te Minute. noch sechs Minuten zu spielen, zehn Punkte Rückstand. Da bekommt der Schotte Lawson ein überflüssige gelbe Karte = zehnminütige Zeitstrafe. Die Waliser waren letzte Woche selber noch Opfer einer gelben Karte, als sie sich in der zehnminütigen Unterzahl 17 Punkte der Engländer einfingen. Statt die Strafe schnell per Strafkick in Punkte umzumünzen – es waren eh zwei Scores notwendig – versuchten die Waliser immer wieder einen Versuch zu legen. Anderthalb Minuten später war es soweit und man brach ins Malfeld durch, aber der Versuch wurde wegen eines regelwidrigen Blocks zurückgepfiffen.
Wieder knapp anderthalb Minuten später, in der 77ten Minute, gelang es den Walisern Tempo aufzulegen, das Spiel schnell nach rechts zu verlagern und dort endlich Überzahl gegen die schottischen vierzehn Mann zu erzielen. Halfpenny brach durch, konnte ins Malfeld laufen und den Versuch für eine leichte Erhöhung zentral ablegen. Verkürzung auf 21:24 – es wäre der Ausgleich gewesen, wenn man die gelbe Karte Minuten zuvor für einen Strafkick benutzt hätte.
Noch zwei Minuten reguläre Zeit nach dem Anstoß, 21:24. Es hielt keinen Zuschauer mehr auf den Sitzen. Ein Ballverlust der Waliser und die Schotten hätten die Uhr einfach runterlutschen können. Dann die 79te Minute; Durchbruch von Roberts in der Mitte, ein hoher Kick von ihm ins Malfeld, doch beim Hinterherrennen seines eigenen Kicks wird er von Godman aus dem Verkehr gezogen. Godman stellt ihm ein Bein. Die Entsprechung zur Notbremse: Godman fliegt vom Feld. Der frischgebackene englische Nationaltrainer der Schotten Andy Robinson steht fassungslos in den Tribünen. 40 Sekunden zu spielen, doppelte Überzahl und der Strafkick zum Ausgleich. 24:24.
Wieder Anstoß und Ballbesitz Wales. Man ist inzwischen in der Nachspielzeit. Jeder Ballverlust, jedes Ins-Aus-Kicken führt zum sofortigen Ende des Spiels. Nach einigen kurzen Pässen, kicken die Waliser den Ball weit und hoch nach rechts raus, der Ball prallt auf dem Boden und von dort in die Hände eines Walisers. Die kurze Abgabe zu Halfpenny, der bricht durch, wird aber zwei Meter vor dem Malfeld gelegt wird. Aus dem Ruck heraus, wird der Ball wieder kurz in die Mitte gespielt, wieder wird der Waliser 2m vor dem Malfeld von den Schotten gelegt. Wieder aus dem Ruck raus, in die Mitte. Wieder von den Schotten gelegt. Die Uhr ist inzwischen bei 90 Sekunden Nachspielzeit. Dann aus dem Ruck heraus ein längerer Pass nach links raus und Shane Williams rennt zentral in das Malfeld und macht inkl. Erhöhung das 31:24.
Für die Schotten war es einfach nur erschütternd in die 77te Spielminute mit einem 10-Punkte-Vorsprung reinzugehen und das Spielfeld etwas später als Verlierer zu verlassen. Für alle anderen die noch zwei Cent für Rugby über haben, war es ein sensationelles, unvergeßliches Finish einer ansonsten nicht immer hochkarätigen Begegnung.
Frankreich – Irland 33:10 (17:3)
Das war eine beängstigend eindeutige Angelegenheit, bei der Titelverteidiger Irland nur in der ersten Halbzeit mithalten konnten. Der Halbzeitstand 17:3 für die Franzosen erinnerte an die Dominanz der Trikolore am letzten Samstag in Schottland.
Behandelt man die walisische Niederlage gegen England als einmaligen Ausrutscher, scheinen die Waliser die einzigen bei den Six Nations zu sein, die den Franzosen diese Saison noch das Wasser reichen können.
Italien – England 12:17
Spätestens mit dieser Partie sollten sich die Engländer trotz ihres zweiten Sieges im zweiten Spiel, aus dem Favoritenkreis verabschiedet haben. Es war ein zynischer, schon fast erbärmlich herausgewürgter Sieg. Nach anfänglicher Dominanz, verabschiedeten sich die Engländer aus dem Spiel und hatten am Ende sogar Glück, dass sie die Partie nicht noch verloren. Die Italiener mit mehr Ballbesitz in der Schlußphase, aber auch zu naiv. Es war erst ein Straftritt von Jonny Wilkinson der den Engländern in der Schlußphase das Spiel sicherte.
Die Enttäuschung in England über die gezeigten Leistungen bleibt groß und wenn es so weiter geht, wird nur seine Popularität als Ex-Spieler Coach Martin Johnson oder die Unlust anderthalb Jahre vor der WM den Trainer auszutauschen, Johnson vor dem Verlust seines Arbeitsplatzes bewahren.
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