Zeilensport: vorolympisches

Der freie Journalist Jens Weinreich hat sich gestern bzw. vorgestern (je nach gefühlter Zeitzone) nach Peking aufgemacht und wird in seinem Blog schildern, wie die journalistische Arbeit in Peking sein wird. Gestern ist er dann in der chinesischen Hauptstadt aufgeschlagen.

Bonuspunkte gibt es für die alten Presseausweise und Schilderung der technischen Ausrüstung die Jens Weinreich seit Barcelona 1992 benützt hat.

Bei Jens Weinreich habe ich auch den Hinweis gefunden, dass der SWR “Report Mainz” ein 48seitiges PDF online gestellt hat, mit dem die Kommunikationsabteilung des IOCs die IOC-Mitglieder einweist, wie bei Journalistenfragen mit dem Thema “Olympische Spiele in Peking” umzugehen sei. Das PDF listet alle erdenklichen Themenkomplexe und Fragen auf und zeigt wie man die Fragen am unverfänglichsten beantworten oder ausweichen kann. Es werden auch alle Interessensgruppen (NGOs) mit ihrer Agenda und Aktivitäten aufgelistet. Know your enemies.

Amnesty International (AI) – Issues: Death penalty, administrative detention, censorship

Das ist Powerpoint-kompatibel und für die gemeine Führungskraft schnell zu erfassen. Passenderweise gibt es auch einen Musterbrief für IOC-Mitglieder für Anfragen von NGOs. Der Beitrag des SWRs ist online zu sehen, das Manuskript ebenfalls online abgelegt.

Nun ist so ein “Briefing Kit” selber noch nicht verwerflich, aber im Zusammenspiel mit dem sonstigen Verhalten des IOCs – Stichwort: Devot gegen die chinesische Führung, fast völlige Abschottung in Peking gegenüber Medienvertretern – bekommt das eine üble Wagenburg-Mentalität. Man braucht sich nur eines der patzigen Interviews des unerträglichen Thomas Bach anzusehen. Wer sich wie das IOC als Weltverbesserer positioniert – nicht zuletzt auch um mit diesem Image Sponsoreneinnahmen abzugreifen – muss sich daran auch messen lassen.

Als einer der zentralen Punkte im IOC-Briefing heißt es:

The IOC would like to reiterate:
– Our organisation believes strongly that the Olympic Games are above all a force for good, which can have a positive impact on the social development of a country. This does not mean the
Olympic Games are a panacea for all ills.

– The Olympic Games can and do shine a spotlight on issues which fall outside the remit of the IOC. The IOC welcomes the debate this engenders on important subjects such as human rights and environmental issues, and meets regularly with organisations specialised in these areas.

– The IOC’s role is to engage through sport, thereby helping to bring positive developments from within Olympic host countries. We work with a patient and quiet approach based on our Olympic values, in partnership with Olympic Games Organising Committees.

Das weltweit bekannteste politische Wochenmagazin “The Economist” macht in seiner neuen Ausgabe mit dem Schwerpunkt Sports Business und Olympia auf. Hinsichtlich der Spiele in Peking argumentiert man, dass die Spiele für Chinas Weg zur Freiheit & Demokratie eher hinderlich sind:

Those who have argued for the beneficial effect of the Olympics on China have made three specific claims, none of which holds water. First, Chinese officials themselves said the games would bring human-rights improvements. The opposite is true. China’s people are far freer now than they were 30, 20 or even 10 years ago. The party has extricated itself from big parts of their lives, and relative wealth has broadened horizons. But that is not thanks to the Olympics, which have brought more repression. To build state-of-the-art facilities for the games, untold numbers of people were forced to move. Anxious to prevent protests that might steal headlines from the glories of Chinese modernist architecture or athletic prowess, the authorities have hounded dissidents with more than usual vigour. And there are anyway clear limits to the march of freedom in China; although personal and economic freedoms have multiplied, political freedoms have been disappointingly constrained since Hu Jintao became president in 2003.

Second, these would be the first “green” Olympics, spurring a badly needed effort to clean up Beijing and other Olympic venues. This was always a ludicrous claim. Heroic efforts to remove toxic algae blooms from the rowing course do not amount to a new environmentalism […]

The Olympics are taking place against the backdrop of the rise of a virulently assertive strain of Chinese nationalism—seen most vividly in the fury at foreign coverage of the riots in Tibet, and at the protests that greeted the Olympic-torch relay in some Western cities.

And all that was before the games themselves begin. Orwell described international sport as “mimic warfare”. That is of course infinitely preferable to the real thing, and there is nothing wrong in China’s people taking pride in either a diplomatic triumph, if that is how the games turn out, or a sporting one (a better bet). But there is a danger. Having dumped its ideology, the Communist Party now stakes its survival and legitimacy on tight political control, economic advance and nationalist pride. The problem with nationalism is that it thrives on competition—and all too often needs an enem

Der Economist mit seinem Leitartikel zu China.

Der Economist mit seiner Analyse zu China.

Der Economist mit seinem Themenschwerpunkt Sports Business:
Fun, games and money
How do you view?
Sponsorship form
Go Aigo
Local Heroes
Cricket, lovely Cricket
Chunnies on the tree
For the joy of it

Die Papierausgabe des Economist ist für 5,20 EUR in Deutschland in überraschend vielen Zeitschriftenläden erhältlich.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Der freie Journalist Jens Weinreich

    Das tut immer noch weh beim lesen.
    Mein Briefkasten fühlt sich irgendwie einsam, so ganz ohne Zeitungsabo. Liebe Medienkonzerne: Die nächste Zeitung, die Herrn Weinreich zum Sportchef macht, hat mich als Kunden gewonnen.

  3. Auch hübsch: Der DOSB verpasst seinen Athleten einen Maulkorb und verbietet ihnen jegliche “journalistische Betätigung” während der Spiele, wozu auch das Verfassen von Blogs gezählt wird. Wie war das noch mal mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung?

  4. Ich wollte mich in Sachen Athleten-Blogs nächste Woche darum kümmern, denn ganz so eindeutig wie das mit Athleten-Blogs ist, ist es doch nicht.

    Athleten-Blogs während der Olympischen Spiele galten lange Zeit als verboten und Athleten drohten Sanktionen (es gab trotzdem einige). 2007 wollte die Athleten-Kommission aber neue Richtlinien erlassen, die Bloggen in gewissen Umfang erlauben. Deswegen bin ich etwas über die Meldung des Tagesspiegels erstaunt. Aber schon 2007 hinkte der DOSB hinter dem aktuellen Stand der Dinge her.

  5. Auf die Schnelle gefunden: es gibt “Blogging Guidelines” vom IOC, vom März des Jahres

    The IOC considers blogging, in accordance with these Guidelines, as a legitimate form of personal expression and not as a form of journalism.

  6. es gibt doch viel mehr sportler, die für die zeitungen ein tagebuch führen, als blogger im internet.

    fast jede lokalzeitung hat ihren eigenen olympionike, der für die zeitung seine erlebnisse von peking schildert.

    was ist mit der regelung, dass man im schlimmsten fall die gewonnenen medaillen verlieren kann, wenn während der spiele ein werbespot mit einem zu sehen ist (2002: hannawald).

    Im Fußball ist der Kommerz zumindest klar zu sehen, bei Olympia ist es dagegen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft (Coca-Cola-Spiele etc. bei den Funktionären und Werbeverbot für die Sportler)

  7. Spiegel online schaut schon voller Vorfreude nach Sotschi 2014.
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,569331,00.html
    Wieder Enteignungen zum Wohle Olympias, damit sich ein Staat brüsten kann. Und wieder dürfte niemand der IOC-Herrschaften etwas unternehmen.

  8. Das IOC hat früher teilweise Ausnahmegenehmigungen erteilt. Für FM4 berichtete damals z.B. die Schwimmerin Anja Richter aus Athen. Auf Nachfrage schrieb mir FM4 damals, dass der ORF und Anja Richter sich dieses haben explizit vom IOC per Genehmigung absegnen lassen.

  9. ich glaube nach sotschi (2014) lässt der IOC einfach keine Journalisten mehr rein, den Sportlern wird auch der Kontakt zu Außenwelt untersagt – und alles an Berichte und Bildern produziert der IOC einfach selber.

  10. Hm, nachdem sich nun bei aas doch in letzter Zeit so einige Einträge angesamelt haben welche (völlig zu Recht) die medienpolitische Situation ansprechen stellt sich mir die Frage, wie dogfod denn eigentlich an die Spiele bzw. die Wettbewerbe herangehen wird, wenn es denn nun bald losgeht.

    – eine “distanziert-kritische” Berichterstattung nach öffentlich-rechtlichem Tour de France – Modus?

    – Intensives Liveblogging wann immer es denn – aufgrund der Zeitverschiebungen – möglich ist?

    – oder einfach nach Lust und Laune ohne sich da jetzt schon was Konkretes vorzunehmen?

    Da dies mein erstes Olympia ist, seit ich aas als “Begleitlektüre” zum Sport schauen entdeckt habe, interessiert mich das einfach und ich bin sehr gespannt.

  11. Ich habe nichts geplant und könnte es angesichts meiner Auftragslage nicht. Bei einem Projekt wird mitten während Olympia die Closed Beta starten. Ich weiß schlichtweg nicht wann ich wieviel Zeit habe und wann Meetings stattfinden. In weiterer Konsequenz weiß ich nicht, inwieweit ich meinen Tag/Nacht-Rythmus umstülpen kann. Ich werde nehmen wie es kommt.

    Es stellt sich auch die Frage was die Fernsehsender zeigen werden. Wenn vom Kanu-Slalom nix gezeigt wird, kann ich auch nix machen.

    Das große Fragezeichen wird es sein, inwieweit Leichtathletik und Schwimmen ihre Faszination beibehalten haben oder man in einem Gestus verfällt “mich interessieren die Sprintstrecken nicht, weil dort eh jeder was eingeworfen hat”. Davon könnten Randdisziplinen profitieren.

    Ob ich das meiste als Live-Blogging machen werde oder als Einträge verarbeiten, weiß ich noch nicht.

  12. Danke erstmal. Also gehe ich doch mal davon aus, dass sicher die eine oder andere Geschichte auch mal live mitgebloggt wird.

    Ich bin auch gespannt, wie das mit der Umstellung des Tagesrhythmus hinhauen wird. Beruflich habe ich an sich die Möglichkeit dazu und früher (Atlanta, Sydney) konnte ich das auch. Aber man wird ja nicht jünger…

  13. Zum Thema Olympia war heute im österreichischen “Kurier” ein interessanter Artikel über die Wasserqualität im Segelhafen “Quingdao” (leider hab ich ihn nicht online gefunden):

    Kurz-Fazit: ein österreichischer Segler hat Wasser in die Heimat “geschmuggelt”, welches in einem chemischen Labor ausgewertet wurde. Das Ergebnis war erschreckend: Das Wasser wimmelt nur so von diversesten Bakterien welche unzählige Krankheiten auslösen können. Zitat eines Chemikers: “Ich könnte keinem empfehlen, in diesem Wasser zu baden. Manche Bakterien waren in einer Menge vorhanden, das hierzulande bei Wasser messbar ist, welches kippt.”

  14. […] Wie immer gehört dogfood bei allesaussersport zur Pflichtlektüre. Er kümmert sich um das Thema, auf das ich hier bereits aufmerksam gemacht habe: den Umgang des IOC mit Journalisten und die internen Sprachregelungen zu kritischen Reporterfragen. […]

  15. GLÜCKWUNSCH an dogfood zu dem Artikel über allesaussersport.de im FOCUS am Montag. Bezeichnend wie Premiere reagiert.

  16. Passend zu Olympia: Laut der heutigen F.A.S. (in einem netten Breitbild-Artikel a la HD-Format) wird Kabel Deutschland ANIXE HD ab Freitag in das Programm einbinden. Anixe HD bringt u.a. diverse Randsportarten aus Peking.

  17. Anixe zeigt doch auch immer mal Bundesligaspiele aus der Konserven – bringen die Olympia auch aus der Konserve oder sogar live?

  18. @lobandogfood: Was steht im Focus über allesaussersport.de?

    Taz und 11 Freunde haben ja dogfood schon längst entdeckt ;-)

  19. @hot: Anixe sendet ausgewählte Highlights täglich ab 20:15 als Re-Live Ausstrahlung, siehe hier: http://www.areadvd.de/news/2008/07/29/hdtv-das-olympia-programm-von-anixe-hd/

  20. @Vetter Itt: Merci beaucoup.

  21. Bestimmt auf Seite 99. ;)

  22. aha, endlich ist es raus: das alles hier ist also ein “Internet-Dienst” Oho, stattlichstattlich!

    (und dann in einem doch recht belanglosen Artikel auch noch falsch abgeschrieben: wurden statt werden! Von wegen Fakten³)

  23. aha, endlich ist es raus: das alles hier ist also ein “Internet-Dienst” Oho, stattlichstattlich!(und dann in einem doch recht belanglosen Artikel auch noch falsch abgeschrieben: wurden statt werden! Von wegen Fakten³)

    gibt es den artikel online? habe auf die schnelle nix auf focus.de gefunden,,

  24. @forlan: spätetens in einer bis zwei wochen wird der artikel im archiv online gestellt

  25. @hot: danke für den hinweis. das ist natürlich in diesem zeitalter eine kleine ewigkeit :-)) aber trotzderm danke.

  26. @forlan: hab mal den focus durchgeblättet – ist kein artikel über allesaussersport.de, sondern eine kleine meldung über premiere, wo als quelle (zu kürzung des sportprogramms) allesaussersport.de erwähnt wird.

  27. @hot: danke dir.habe auch geblättert, gelesen und gestaunt – über das zitat des premiere sprechers, der sinngemäß sagt, dass die abonneneten das so wlolten. aha, leider hat mich grad keiner gefragt, aber mich hat auch noch nie jemand vor den wahlen gefragt, und doch wussten alle wie ich wähle….