AAFL – Football mit Abschluß

Der geneigte Football-Fan kennt verschiedene Versuche in den USA eine Frühjahrsliga zu etablieren. Alle gescheitert. Zuletzt musste sich Anfang der Neunziger die “World League” der NFL in eine World League Europe neu erfinden und nutze all die Kohle und Credentials die die World Wrestling Entertainment hatte, nicht um die XFL zu etablieren. Auch ein Versuch der CFL über die kanadischen Grenzen hinweg, mit US-amerikanischen Franchises im Sommer und Herbst spielen zu lassen, musste nach zwei Jahren gestoppt werden und hätte beinahe die gesamte traditionsreiche Liga (gegr. 1958 mit Wurzeln die bis 1884 zurückreichen) mit in den Orkus gezogen.

Es gehört also eine Portion Hybris dazu, sich Ende Juli hinzustellen und eine neue Liga anzukündigen: AAFLAll American Football League.

Noch einen Schlag Hybris oben drauf, braucht es, um eine professionelle Liga zu gründen, die aber gleichzeitig mit dem universitären College Football kuschelt. Einerseits tut man alles um hervorzuheben, dass man kein Konkurrenzprodukt zur NFL auf die Beine stellen will (anders als XFL und CFL) und kein verkapptes Farmsystem der NFL werden will. Auf der anderen Seite reduziert sich die raison d’être der Liga auf: Geld verdienen. Nur weil dieses in Kooperation mit Colleges geschieht, darf man das nicht so laut sagen. Das ist wie wenn man mit seinen vegetarischen Freunden ins Restaurant geht, totes Schwein vom Grill bestellt und vorgibt, man hätte es nur wegen der Lecker Salatbeilage bestellt.

Acht, neun Monate vor Saisonbeginn kann nicht viel über die Liga nicht gesagt werden. Es gab, wie gesagt, Ende Juli eine Pressekonferenz, danach kümmerten sich ein paar regionale Zeitungen in den USA um das Thema und seitdem ist an der Nachrichtenfront recht tote Hose. Statt eines ausgearbeiteten Konzeptes führt die Website diverse Umfragen: welche Spieler man gerne sehen wolle und welche Teams man gerne haben wolle.

Prolog

Jede Diskussion über den College Sport in den USA kann nicht geführt werden, ohne das man kurz auf die für deutsche Verhältnisse völlig unübliche Strukturen verweist.

Die Profisportarten in den USA kennen bekanntlich keinen Auf- und Abstieg. Der Unterbau ruht stattdessen auf zwei Säulen: den sog. Farmteams in kleinen Ligen (mit Ausnahme der NFL und in Abstrichen der NBA) und dem College Sport.

Junge Sportler können nach der High School an Universitäten und Colleges gehen, dort studieren und mit den dortigen Mannschaften spielen. Dabei gibt es vom College Sport-Verband NCAA strenge Regeln, die es den Studenten verbietet aus ihrem Sport jedwede Vergünstigungen zu ziehen. Andererseits bringen Topmannschaften den Colleges dank ausverkaufter Stadien (im College-Football sind teilweise 100.000er-Stadien ausverkauft!) und Fernsehgelder Einnahmen in zweistelliger Millionenhöhe. Man kann sich vorstellen, dass in diesem Spannungsfeld nicht alles so koscher abläuft wie es ablaufen sollte, aber zumindest nach außen hin, wird extrem viel Wert auf die Sauberkeit und Reinheit des College Sportes Wert gelegt. Die Fans danken es mit nicht minder “echten” Enthusiasmus. Wenn das lokale College spielt, ist die gesamte Region im Umkreis von hundert Meilen wie im Rausch.

Die Teams sind in unterschiedlichen Kategorien klassifiziert. In der obersten Kategorie gibt es beim Football zirka 120 Mannschaften die in 12 Conferences spielen. Nach vier Jahren ist das Studium zu Ende und die Studenten können sich von den profiteams begutachten lassen und werden angeheuert,

(Ja, ich weiß, etwas stilisiert und vieles ausgelassen. Es geht nur um einen kurzen Abriß. Wer mehr über College Sport wissen will, kann hier auch was zum College Basketball lesen.)

Die Facts, please

Die AAFL wird derzeit von einem Board von 13 Mitgliedern geführt, die überwiegend aus dem Bereich des College Sports kommen. Die AAFL betont, dass ihre Pläne mit der NCAA und Colleges abgesprochen seien.

Nach der NFL-Draft im April 2007, soll die Liga mit 8 Teams starten. Geplant ist eine Saison mit (je nach Quelle) 10 bzw. 14 Spieltagen.

Das große Plus der AAFL soll nach Ansicht des Boards die enge Koppelung zwischen der AAFL-Profiteams und den Colleges sein, womit das positive Image und der Enthusiasmus des College Sports auf die Liga transferiert werden soll.

So werden die Teams an Collegestandorten, in Collegestadien spielen. Schwerpunkt soll der erdige, bodenständige Südosten der USA werden. man will regional und nicht national agieren und nicht um jeden Preis in Metropolregionen gehen. Gespräche sind mit der ACC, SEC und Big 10 geführt worden. Die Teams sollen sogar die Nicknames der Colleges übernehmen. Angeblich haben sich Tennessee, Purdue und NC State zum Ausleihen ihrer CI für eine AAFL-Franchise bereit erklärt haben. Florida und Alabama sollen auch zugeneigt sein.

Die Teams mit einem Roster aus 44-48 Spielern, werden ausschließlich aus Footballern mit College-Abschluß bestehen. Verkauft wird das ganze als Sportprogramm für Football-Spieler die nicht den Sprung in die NFL geschafft haben. Das Mindestsalär soll 100.000 US$ pro Saison sein und ist damit mehr als dreimal so hoch wie das Mindestsalär anderer “Footballer-ABM-Maßnahmen” wie NFL Europe oder Arena Football.

Die Liga schätzt einen finanziellen Bedarf von knapp 50 Mio US$ pro Jahr, von denen sie bislang 5 Mio zusammenbekommen haben…

Wie üblich im US-Profisport handelt es sich bei der AAFL um eine Art Franchising-System. Investoren kaufen sich für geschätzte 2-3 Mio US$ eine der acht Franchises. Zudem müssen Stadionmiete und “Ausleihgebühr” für Nickname an die Colleges bezahlt werden. Die Colleges können zudem rund um die Veranstaltungen Konzessionen vergeben, z.B. Parkplatzgebühren und so weitere Einnahmequellen generieren.

Die Spieler sollen ihr Geld nicht von den Teams, sondern von der Liga bekommen. Wobei mir nicht klar ist, woher diese benötigten 35 Mio US$ kommen sollen. Weitere Unkosten für die 8 Teambesitzer (würde 4-5 Mio US$ p.a. machen)?

Keinerlei Erwähnung finden andere geplante Einnahmequellen wie Fernsehen oder Werbung. Bei Ticketpreisen von 30 US$ und möglicherweise anfangs niedrigen fünfstelligen Zuschauerzahlen (Birmingham hatte zur World League-Zeiten einen Zuschauerschnitt von 12.000), wird sich das vermutlich nicht ohne weiteres tragen.

Ich kann für die Colleges in der AAFL einen Benefit sehen. Immerhin können sie ihre teuren Stadien für 5-7 weitere Veranstaltungen im Jahr vermieten.

Ich kann einen Benefit für die Spieler sehen.

Aber wo ist er bei der wichtigsten Komponente im Franchisingsystem, wo ist der Benefit für einen Besitzer?

Das ist mir noch zu wackelig. Solange die NFL sich nicht in die Geschichte einkauft um ein Farmsystem nach dem Modell anderer Ligen aufzubauen, sehe ich keine Gefahr für die NFL Europe. Und ein Farmsystem ist sooooo notwendig nicht. Bereits mit 32 Profimannschaften ist die Qualität der Roster an ihre Grenzen gekommen und mit der CFL und Arena League gibt es bereits professionelle Spielerquellen.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Es könnte sein, dass durch die enge Anbindung an die Colleges eine größere Fanbasis generiert wird(das war bisher immer das Problem der Frühjahrsligen).
    Ich sage könnte weil ich nicht ganz überzeugt bin, aber es ist ein neuer Ansatz, nachdem hohe Gehälter(USFL), Anbindung an die NFL(World League), Show(XFL) und andere Regeln(CFL) nicht funktioniert haben.
    Die College Mannschaften haben eine riesige Fangemeinde und wenn es gelingt nur einen Teil dieser Fans zu mobilisieren(und man will ja auch lokale Collegestars die den Sprung nicht geschafft haben(und das können durchaus klangvolle Namen sein wie Heisman Winner Eric Crouch) in den örtlichen Profimannschaften spielen lassen) kann dieser Versuch tatsächlich zum Erfolg führen.

  3. ich glaube das gerade dieser imagetransfer der große trugschluß ist. ich glaube nicht dass es reicht den nickname und einige college-spieler zu nehmen und fertig ist das team mit dem sich jeder identifiziert.

    so ähnlich funktioniert doch auch die NFLE: baue ein team in einer stadt auf, im falle von hamburg: greife den nickname der etablierten football-mannschaft auf, nimme paar nationals und einen ortsverbundenen national coach und fertich die soße.

    schon der termin ist ein teil des problemes: die wollen im april starten, aber gleichzeitig die nfl-draft abwarten. d.h. ein teil der spieler käme allenfalls 3 wochen vor saisonbeginn in die mannschaft.

    mit 10-14 spielen kannst du dich nicht großartig einspielen.

    die spielergehälter sind sehr hoch.

    neee, da ist mir noch zuviel wackelei bei. das möchte ich sehe, wie die Vols eine saison durchhalten und sich im schnitt 15.000 im 104.000 zuschauer fassenden neyland stadium verlieren.

  4. Danke für die Infos Dogfood,

    ich sehe viele Punkte ähnlich wie Du. Allgemein ist das Konzept der AAFL für mich schlüssiger als es solche “Dinge” wie die XFL waren.

    Ein bekannter hat mich gerade aufgeklärt, dass sowohl in der AFL als auch der CFL ebenfalls nur 2 Wochen Vorbereitung üblich sind. In der CFL kämen dann noch zwei Wochen Preseason dazu. Legt man also einen Maßstab für Spielqualität ähnlich der CFL und AFL an sollte die geringe Vorbereitungszeit von 2 bis 3 Wochen ausreichen. Immer vorausgesetzt seine Angaben stimmen.

    Die Auswirkungen auf die NFLE sind noch nicht komplett absehbar. Sieht man z.B. den Cut von Henson als Maßstab für den Wert der eigenen Farmliga in der NFL haben viele NFL Teams mit ihrer ungeliebten Tochter ein Identifikationsproblem.

    Nach fünf Jahren des Bestehens als reine Farmliga und dem Erfüllen jeglichen potentiellen Wunsches eines NFL Teams durch die Verantwortlichen in der NFLE ist das doch sehr verwunderlich und teils schwer zu verstehen.

  5. Die Vorbereitungszeit ist ja nur ein Teil. In der CFL bleibt ja z.B. der Nukleus der Mannschaft über die Jahre bestehen. Die Mannschaften der CFL wechseln ihre Spieler nicht häufiger als die NFL. Man ist also auch über die Jahre hinweg eingespielter, als es die alljährlich neu zusammengewürfelten Söldner der NFLE sind.

    Die XFL fand ich übrigens als Konzept überzeugender als die AAFL. Nicht mein Bier, aber in den USA sind eine Reihe von neuen Ligen aus Variationen von Sportarten entstanden, nur “kompakter”, “schneller” und “härter”. Siehe Arena League oder LaCrosse, dessen Profiversion nicht das große Outdoor-Lacrosse, sondern das kleine, schnelle Indoor-Lacrosse auf einem Eishockey-Feld ist.

    Dazu mit der WWE viel Crossmarketing möglich… Ich glaub man hatte zuwenig Geduld mit der Liga gehabt.

  6. Also den Begriff Söldner finde ich dann doch in Verbindung mit der NFLE etwas übertrieben. Geld verdienen kann man in der Liga nicht wirklich, hier steht bei den meisten Spielern tatsächlich der mögl. Sprung in die NFL im Vordergrund.

    Für andere ist das hier bezahlter Urlaub mit Footballunterbrechungen.

    Naja und bei der XFL hatte man doch mindestens ein Drittel vielleicht auch zur Hälfte des Budgets von 120 Mio $ verbraten. Das Ganze bei Zuschauerzahlen jenseits von Gut und Böse, sowohl im TV als auch zu den Halbfinals und zum Finale im Stadion.

    Geduld, sicherlich, aber da hätte man wohl auch einen Radikalsparkurs fahren müssen wie in den vergangenen Jahren der NFLE.

  7. Ich habe mir den Newsletter gleich am Anfang bestellt.
    Bis heute nicht eine News!!

    Ich glaube das wird nichts obwohl es sich gut anhört das nur Spieler mit Abschluss spielen dürfen.Dann gäbe es mehr Spieler die einen Abschluss machen und nicht wie heute viele ohne abgehen.

    Auch das Spielniveau kann nicht besonders hoch sein noch unter der NFLE und daher schlechte Aussichten.