Valuev – Beck: die Wende
Nicolai Valuev schlägt Owen Beck in der dritten Runde klar und eindeutig KO, nachdem Beck bereits in der zweiten Runde schwer angeknockt war.
Über Valuev habe ich ja schon hinlänglich geschrieben. Bei aller nicht vorhandenen Wertschätzung meinerseits, konnte man in den letzten zwei Jahren immerhin Trippelschritte in Sachen Boxtechnik sehen.
Aber was ich heute gesehen habe… ich kriege meine Kinnlade nicht wieder hoch. Der Valuev hat richtig geboxt! Okay, langsame Schläge, okay unpräzise, aber in den zwei Jahren war es zum ersten Mal technisch so gut, dass ich ihn als vollwertigen Boxer akzeptieren kann. Ich fand es heute sehr okay anzusehen. Ich bin völlig baff über diese schlagartige (Haha) Verbesserung seit dem letzten Kampf, den Ruiz-Kampf.
Dies war einfach ein sauber herausgearbeiteter Sieg, mit all den Mitteln die Valuev hatte. Dies ist zwar immer noch mehr Körper & Physis als Technik, aber jetzt zum ersten Mal für meine “ästhetischen” Ansprüche völlig in Ordnung.
Ich bin immer noch fassungslos, nachdem da 18 Monate gar nix kam und nun so einen Brett von Kampf.
Die Schläge von Valuev sind faszinierend. Sie sind so langsam geschlagen, dass man gar nicht an eine Schlagwirkung glaubt, aber der Gegner liegt auf einmal auf dem Boden. Ich möchte nun nicht ins andere Extrem verfallen und Valuev zum Weltklasseboxer ausrufen. Aber ich fand sein bisheriges Boxen der letzten 2 Jahre so unglaublich grottenschlecht, das war das heute einfach zum ersten Mal ein anständiges Niveau.
Owen Beck war kein ebenbürtiger Gegner. Körperlich schon gar nicht, aber auch taktisch nahezu die Idiotie in Person. Ohne Deckung immer wieder auf Valuev gegangen. Keine Meidbewegung, überhaupt keine Beweglichkeit. Für einen WM-Kampf muss man sich anders vorbereiten. Man muss Beck unter diesen Umständen als Flasche titulieren. Aber Valuev hat auch gegen artverwandte Flaschen schon mal sehr viel elendiger ausgesehen. Seit heute will ich Valuev zugestehen, dass da im Laufe der Zeit auch noch mehr kommen wird.
Als Vorkampf gab es den Fight der Alliterations-Boxer: Sebastian Sylvester gegen Amin Asikainen um den EBU-Titel im Mittelgewicht. Sylvester verlor durch KO in der 8ten Runde.
Es war ein überwiegend enger und intensiv geführter Kampf, das vom Publikum in Hannover gar nicht gewürdigt wurde. Die Runden 3 und 4 gingen etwas deutlicher an Asikainen, die Runden 1, 2, 5 und 6 waren recht offen, aber Sylvester bekam taktisch immer stärker seine Grenzen aufgezeigt, wurde immer ratloser. Der Kampf neigte sich immer mehr zugunsten des Finnens, der KO in Runde 8 war die Konsequenz daraus, dass der Finne immer mehr aufdrehte.
Verdienter Sieg des Finnen. Realismus bei Sebastian Sylvester im Interview nach dem Kampf (krönende Reporterfrage an Sylvester: “Wie fühlen Sie sich?”) und Demut beim Trainer Hartmut Schröder, der die Niederlage auch (oder vorallem:) auf seine Kappe nahm.
Sylvester hat seine Grenzen aufgezeigt bekommen und muss sehen was er daraus macht. Nun kann er zeigen dass er ein Guter ist und aus dem Kampf lernen oder für immer und ewig ein limitiertes Talent bleiben. Immerhin scheinen er und seine Crew noch Bodenkontakt zu haben und zu wissen was sie machen.
Re: “Henry Maske”
Inhaltlich war es okay, dass muss ich zugestehen, aber die Form… Maske, werd mal wieder ein normaler Mensch.
Reaktionen
Alliterations-Boxer -> dafür gebührt Dir der WortWitzNobelPreis ;-)
Hatte eben meine Impressionen zu der Sendung schon bei Screensport eingetragen, jetzt sehe ich, daß Du auch dabei warst, also nochmal:
Ich fand’s imponierend, wie Beck den Kampf nutzte, um für seinen christlichen Glauben Werbung zu machen, mit dem Einzugslied und seinem Shirt: Relax, God is in control.
Valuev scheint mir ein absolutes Sonderphänomen zu sein, über das man noch in 20 Jahren sprechen wird. Und in 100 Jahren wird man behaupten, er sei ein Fabeltier gewesen ;-)
Henry Maske steht es überhaupt nicht, daß er so auf professioneller Fernsehmensch macht, wirkt wie 100% Plastik.
Waldi war ja gewohnt tollpatschig, als original Gold wert, als Journalist nicht allzu viel.
Die Interviews mit den Box-Ludern sind ja die Dummbatzigkeit pur, wobei Sky Dumont (der heißt wahrscheinlich in Wirklichkeit Hubert Müller-Schmidtchen :-)) ungewohnt männlich und kundig wirkte.
Mich stört immer noch der Geruch von Vertuschen und Show: warum hat man nicht diskutiert, welcher Protest aus der Beck-Ecke geäußert wurde? Ron King finde ich einfach unerträglich, schickt den doch bitte in die Wrestling-Szene, da wirkt er wesentlich angebrachter.
Der echte Name von Sky Dumont ist “Kaietamo Dumont”. Der Protest aus der Beck/King-Ecke wurde in der ARD im Interview mit Markus Beyer erklärt: der russische Coach soll beim Niederschlag zu früh am/im Ring gewesen sein.
Gut, Valuev ist, wie es Maske und Dumont richtig gesagt haben, mit 50kg mehr Fleischeinwaage eine andere Kategorie. Aber zum ersten Mal hat er sich in meinen AUgen die Bezeichnung “Boxer” verdient.
Und der Dank für die “Alliteration-Boxer” gehört meiner Freundin, die sich noch vorher mit Grausen vom Hutton-Kampf angewandt hat, nachdem dort beide Boxer mit Fransen-Shots auftraten.
Die Zeitlupenschläge sind aber echt beeindruckend. Habe mir gerade nochmal ein paar Jabs (sind dass noch Jabs wenn man schräg nach unten boxen muss???) angeschaut und es ist bewundernswert wie Valuev sich langsam zum Boxer entwickelt. Ich fand allerdings die Zusammenfassung von Sky Dumont hervorragend. So hat das nicht viel mit Boxen zu tun, hat eher was von Selbstmordkommando wenn man gegen einen 50 Kilo schwereren Gegner (Boxer sage ich noch nicht, mal sehen wie er sich weiter entwickelt) antreten muss. Mal sehen ob Herr Klitschko auf die Aufforderung eingehen wird, das wäre mal ein spannender Kampf…
gruß,
serkman
Nach längerem zeigt Valuev mal wieder was in ihm steckt (er benutzt beide Hände) und mittlerweile auch etwas mehr. Gegen Donald und Ruiz konnte man vielleicht sehen, dass er sich boxerisch entwickelt hatte, aber viel zu passiv war er da.
Naja, überzeugender Sieg gegen einen Beck der sich das Ganze wohl einfacher vorgestellt hatte. Aber wie schon gegen Austin hat er langsemere erkennbare Schläge genommen … er passte gut zu Valuev … aus Valuevs Sicht natürlich.
Mal schauen was kommen wird. Bis zu einer nächsten Pflichtverteidigung ist noch Zeit für einen freiwillige, Shannon Briggs und ein Kampf in den Staaten sind da übrigens im Gespräch (das könnte interessant werden).
BTW: Da John Ruiz mittlerweile wieder die WBA-Rangliste hinauf gestolpert ist (weil Toney und Klitschko, die vor ihm waren, WM-Kämpfe hatten) und wieder #1 ist, hat er sich entschlossen nicht an einem Eliminator bei der IBF gegen Sultan Ibragimov teilzunehmen. Daher soll nun wieder ein Kampf zw. Ibragimov und Ray Austin versteigert werden … dabei war Austin schonmal vorschlagen worden und hatte abgesagt (rechnete sich wohl auch aus, bei der WBA nach oben rücken zu können … im Gegensatz zu Ruiz hat er dieses Jahr zumindest nen Journeyman geboxt).
@Spundflasche
Wenn ich mich richtig erinnere, so habe ich mal gelesen, dass du Mont seinen Namen durch seinen kleinen Bruder erhielt, der in jungen Jahren sich wohl schwer damit tat die Kurzform “Cay” (von Cayemato) kurrekt auszusprechen…
Na ja auf einer Entfernung von ca. 20 cm die entscheidenden Schläge anzubringen RESPEKT. Die Ausholbewegung ist als solche kaum zu erkennen. Allerdings bringen 150 kg Lebendgewicht als Masse Ihre Vorteile. Wenn ich mich recht erinnere Kraft=Masse x Beschleunigung. Jetzt erzählt mir mal, wie man an einen Boxer ran kommen soll, der rein physikalisch, auf Grund seiner Größe, äußerst schwierig zu erreichen ist??? Man muss Ihn schon, mit Körpertreffern “vollpflastern”, dass er irgendwann schwankt. Aber wann ist diese möglich?