Vor der NFL-Draft 2006
Langsam gilt es sich auf das Großereignis vom Wochenende einzugrooven. In eine Draft kommt man nicht einfach so rein, in dem man zwei Stunden vorher sich einige Websites durchliest…
TV
Dank NASN Europe gibt es die Draft auch für einige Haushalte in Deutschland live zu sehen:
Sa 17h00 – 5h00 NFL-Draft, Runde 1 bis 3, live
Mo 15h30 – 19h00 NFL-Draft, Runde 4-7, delayed
Man muss Verständnis haben, dass der zweite Drafttag mit einem Tag Verspätung als Tape serviert wird. Am Sonntag herrscht bei NASN mit 3 NHL-, 1 NFLE und 1 AFL-Übertragung Hochbetrieb.
Ich tippe im übrigen darauf, dass man das NFL Networks-Signal und nicht ESPN übernehmen wird.
Was ist “Draft”
“Draft” heißt “Rekrutierung” oder “Einziehen von Rekruten”. Jeder kennt die Situation noch aus seiner Schulzeit, als der Sportlehrer seine zwei Lieblingsschüler aufforderte zwei Mannschaften zu bilden. Abwechselnd zeigte einer der beiden auf den Haufen desinteressierter Kollegen und wählte einen für seine Mannschaft aus und man selber konnte ruhig nochmal auf Klo gehen, denn es würde eh noch fünf Minuten dauern bis man gewählt werden würde.
So ähnlich ist auch die Draft in der NFL.
Die Draft ist der populärste Weg um den NFL-Teams neue Spieler zuzuführen. Es gibt ein Pool von College-Spielern die sich der Draft stellen. Die 32 Teams haben in 7 Runden Gelegenheit nacheinander jeweils einen Spieler auszuwählen. Die Reihenfolge ist so ausgerechnet, dass die schwächsten Teams der abgelaufenen Saison zuerst drankommen. In den folgenden Wochen und Monaten kommt es dann zu Vertragsverhandlungen zwischen Club und Spieler und sollte man sich nicht einigen, muss der Spieler ein Jahr lang zuschauen.
Zur Draft stellen sich hauptsächlich, aber nicht nur, College-Spieler. Bedingung ist: minimum drei Jahre aus der High-School draussen sein. Vor der Draft gibt es ein “NFL Combine“, eine dreitägige Einladungsveranstaltung in der die College-Spieler vor NFL-Scouts verschiedene Übungen (z.B. 40yds Hürdenlauf), Messungen und sogar einen IQ-Test absolvieren (auf NFL-Niveau müssen mehr als Hundert Spielzüge auswendig gelernt werden). Die Combines sind inzwischen so populär geworden, dass sie im Fernsehen übertragen werden.
Nicht jeder Athlet nimmt an den Combines teil, da er aus irgendwelchen Gründen wie z.B. Verletzungen befürchtet, dass die Werte schlecht sind und er damit seiner Ausgangslage im Draft schädigt.
Alternativ zum Combine haben vorallem die großen Colleges “Pro Days” eingeführt, in der “ihre” Athleten vor den interessierten Augen der Scouts Combine-artige Übungen durchführen, allerdings halt im heimischen College.
Seit Jahren wird die Draft in voller Länge im Fernsehen übertragen, was angesichts des (Nicht-)Tempos der ersten Runden eine für alle Nicht-NFL-Fans ultramasochistische Übung ist. Das Prozedere: ein NFL-Vertreter tritt auf die Bühne, sagt dass nun ein Team mit seiner Wahl dran ist, tritt ab, kommt nach einigen Minuten wieder auf die Bühne und nennt die Wahl des Teams. Zwischendurch gibt es im Fernsehen Spielerinterviews und wird alles an Analysten aufgefahren, was zwei Beine und einen Mund hat und beurteilt die Spieler oder die Wahl der Teams und was für Reaktionen es bei anderen Teams geben könnte. Sehr… “speziell”, das Ganze.
Trotzdem ist Popularität in den letzten Jahren gestiegen, die Ratings bei ESPN haben sich binen 20 Jahre verdreifacht, weil es idealer Stoff ist, um in den Monaten vor Beginn der NFL-Saison sich die Köpfe heiß zu reden und wild zu spekulieren. NY Times:
The audience […] is 79 percent male, and seemingly about 97 percent obsessed. Normal life grinds to a halt each year during draft weekend. Travel plans are delayed, social obligations are put off and wives and girlfriends are tuned out.
“The season ends in late January and starts in July, and between, there is a time lapse I call the “desert,’ ” said Henry Browning, 38, a pharmaceutical research scientist who uses the draft as a pretext to leave his wife behind in Kalamazoo, Mich., and travel — to San Francisco this year — with four old graduate school buddies and hold a two-day draft party. “I consider the draft the oasis.”
For a large and growing subculture of American women, this is a weekend to be endured.
“It’s insane,” said Mia Rosenwasser, 28, a high school Spanish teacher in Atlanta who loses her fiancé, Chad Kishel, for about 48 hours every April as he and his male friends temporarily transfer their emotional commitment to the slick-haired ESPN draft analyst Mel Kiper Jr. “I think it’s uniquely male.”
Most women go through at least a phase of trying to understand it.
“Last year, I was trying to be supportive, and I sat with my boyfriend for maybe an hour,” Ms. Rosenwasser said. “Then I found out it went on all day. He was going to be spending seven and a half hours in the same room, without leaving.” […]
Ms. Rosenwasser said her fiancé has been planning to observe a meticulous draft day regimen. He will start with an early morning workout to get the juices flowing, will fire up the barbecue grill around noon, and will spend every free minute beyond those chores reviewing the draft analysis he has been compiling for months. When his beloved Pittsburgh Steelers are on the clock to make a selection, it is understood that everyone in the room is to remain silent.
Es gibt sieben Runden. Die ersten drei Runden finden am ersten Tag statt, die Runden 4 bis 7 am Sonntag statt.
Während der Runden ist ein Team “on the clock” und hat nun einige Minuten Zeit um seinen “Draft Pick” zu benennen und aus dem einheimischen “War Room” seine Wahl an das NFL-Hauptquartier in New York durchzutelefonieren:
- Runde 1: 15 Minuten Zeit
- Runde 2: 10 Minuten Zeit
- Runde 3 – 7: 5 Minuten Zeit
Nach Ablauf der Zeit ist das nächste der 32 Teams dran. Verpennt ein Team das Zeitlimit, so wie es vor 2-3 Jahren bei den Baltimore Ravens passiert ist, können diese mit Verspätung trotzdem noch einen Spielern benennen, vorausgesetzt er ist noch “verfügbar.”
Die Zeit wird vorallem in den ersten Runden gerne voll ausgenutzt, denn hinter den Kulissen herrscht ein Geschacher ohne Ende. Die “Draft-Picks” sind Handelsware. Da melden sich Teams die in der Reihenfolge ganz hinten sind, aber unbedingt einen begehrten Spieler haben wollen, bei Teams oben in der Reihenfolge und bieten den Tausch von Draft-Picks an: ich geb dir meinen Pick aus den Runden 2, 3 und 5 und du gibst mir deinen aus der ersten Runde.
Es gibt auch die umgekehrte Situation: ein Team will eine ganz bestimmte Lücke in seinem Kader schließen und hat dazu einen bestimmten Spieler im Auge. Sie ahnen dass dieser Spieler frühestens als Fünfzehnter gewählt werden würde, weil die anderen Teams andere Baustellen haben. Also sucht das Team einen Abnehmer für seinen hohen Draft-Pick um im Tausch dafür noch weitere Picks zu bekommen.
Ein solcher Fall könnten am Wochenende die Green Bay Packers sein. Sie kommen in der Draft-Reihenfolge in der ersten Runde bereits als Fünfter. Die größte Baustelle ist eigentlich die QB-Position für einen Favre-Nachfolger und die wurde eigentlich schon letztes Jahr durch die Draft von QB Rodgers angegangen. Daher könnte es bei den Packers die Überlegung geben, ihren Pick mit jemanden anderen zu tauschen und dafür in den anderen Runden zwei oder drei zusätzliche Spieler draften zu können.
Das Theater um die Draft ist mit der Draft noch nicht abgeschlossen, da die gedrafteten Spieler auch unter Vertrag genommen werden. Gerade bei den Spitzenspielern der ersten Runde artet dass in zähen Verhandlungen um zweistellige Millionenjahresgehälter und siebenstelligen Handgeldern aus. Sowohl dem Spieler als auch dem Team rennt die Zeit davon. Das Team will den Spieler möglichst gut in die Mannschaft und das Spielsystem integriert wissen und daher früh in den Trainingscamps sehen. Auf der anderen Seite gibt es in der NFL Obergrenzen für das Gehaltsbudgets von Teams und eine teure Verpflichtung bedeuten, dass Abstriche an anderen Stellen im Spielerkader gemacht werden müssen. Und das für einen jungen Spieler, der sich erst noch in der NFL bewähren muss und möglichweise zum Vollflop wird.
Umgekehrt schädigt ein Spieler sein Ansehen bei den Fans aber auch seine spielerischen Qualitäten, wenn die Vertragsunterzeichnung lange warten lässt.
In den nächsten Tagen mehr zur Draft 2006.: “Draft 2006: Spieler und Top-Picks“
Reaktionen
Wie auch schon beim Thema March Madnes eine absolut super Erklärung, wird ja langsam zum Bildungsblog ;)
Ein Frage: Gibt es irgendwo die Rangliste für diese Jahr und nach welchen Gesichtspunkten wird diese ermittelt, nur nach den Ergebnissen der letzten Saison?
Ich drück mal die Daumen das die Bills sich noch irgendwie verstärken, ansonsten sehe ich eine ganz bittere Saison auf mich zukommen ;)
Den kompletten Draft-Wahnsinn kann man auf den Draft-Seiten bei ESPN sehen, ansonsten die üblichen Verdächtigen: CNNSI, Foxsports, NY Times, NFL.com
Die diesjährige Draft-Reihenfolge gibt es z.B. bei NFL.com. Dort kann man schön sehen, dass die Picks auch Bestandteil anderer “Transfers” während der Saison sind. Die NY Jets haben z.B. für ihren Headcoach Herm Edwards von Kansas City einen Pick in der 4ten Runde bekommen. Daher tauchen einige Mannschaften in bestimmten Runden mehrmals auf, andere hingegen gar nicht.
Die Reihenfolge in der Draft ergibt sich aus dem Abschneiden in der Saison, sprich der Anzahl der Siege. Der Super Bowl-Sieger Pittsburgh kommt als letztes, Super Bow-Teilnehmer Seattle als vorletztes dran, etc…, Houston als schwächstes Team als erstes dran.
Es gab letzte Saison am letzten Spieltag den sogenannten “Bush Bowl”, als Houston und San Francisco zufällig aufeinandertraffen um unter sich auzumachen wer das schlechteste Team der Liga wäre und somit als “Hauptgewinn” für eine Niederlage als erstes Reggie Bush draften könnte. SF hat gewonnen und hat auch noch diverse Tie-Breaker für sich entschieden, weswegen es nur als Sechstes in der ersten Runde platziert ist.
Aber mehr dazu morgen oder übermorgen
Ich bin immer verblüfft, wie Du diese Seite so aktuell mit Inhalten stopfst. Längst gehört der täglich Besuch Deiner Seite zu meinen “Must Do’s” des Tages. Aber hej wieso laufen Deine 24 Stunden langsamer als meine? Du musst ja auch noch von irgendwas Leben und Miete bezahlen, oder?!
Diese DRAFT-Erklärung ist ein wahres Highlight! Dank dafür!
Sehr gut erklärt!!…da bleibt nichts zuzufügen….mir ist leider Favres Entscheidung zur Karrierefortführung nicht bekannt. Heisst das, dass er sich zum Karriereende entschieden hat?
Es steht eigentlich schon fest das auf NASN die NFL Network Sendung gezeigt wird.
Sehe zum ersten mal die Draft Live.Freue mich schon sehr drauf.
Zum Beispiel: 15 Minuten nur auf einen Namen zu warten :-).
…ja, ich freu mich auch schon tierisch die Draft endlich live verfolgen zu können!
@number13
Favre hat sich noch nicht entschieden.Für meinen Geschmack läßt er sich zu viel Zeit.Schlecht für das Team.
@andi
Der Meinung bin ich auch. Um ihn hat sich jahrelang (1 1/2 Jahrzehnte) alles bei den Packers gedreht. Karrieremäßig wird er wohl kaum noch die ganz grossen Erfolge feiern können. Er hat die NFL geprägt, doch sollte er fürs Team entweder von vornherein da sein oder es dann doch endgültig sein lassen. Je länger es dauert umso länger wird sich das Team suchen und finden müssen.
Er sollte sich auf jeden Fall noch vor dem Wochenende entscheiden.
@number13: Favres Entscheidung steht noch nicht fest, er hat sich erst vor dem Wochenende noch mehr Zeit erbeten und es gab ziemlich viele Packers-Fans die etwas angepisst waren. Nächste Deadline soll jetzt Ende Juli sein, Beginn der offiziellen Trainingscamps.
Das Problem mit Favre: die Packers werden ihn nicht von alleine los, da er einen “Rentenvertrag” hat. Sie können ihn nicht “cutten” ohne sich dumm und dämlich zu zahlen. Und sie können ihn nicht traden, da kein Team sich so einen Vertrag wird aufhalsen wollen. Also sind sie auf seinen Rücktritt angewiesen, wenn sie ihn loswerden wollen.
So richtig in Zugzwang sind aber die Packers nicht. Mit Rodgers hat man seinen Nachfolger letztes Jahr gedraftet, also besteht kein Not noch einen zweiten QB zu draften.
hiermit ernenne ich DOGFOOD zum US-Sport Aussenminister.
kleiner spaß am rande: es fehlt nur noch franzi van a. mit den puscheln.
Dogfood, als stiller täglicher Leser jetzt mal Riesenrespekt und Dank für die tolle Arbeit!
Damals wer seine Draftrunde verpennt hat und dann erst den nächsten Draftpick abwarten musste bevor man zum Zug kam, das waren nicht die Ravens sondern das waren Dumpfbacke Mike Tice und seine Minnesota Vikings. Damit hat man sich landesweit lächerlich gemacht, aber ganz besonders bittere Kritik hagelte es daraufhin von der regionalen Presse und den eigenen Fans.
Andere WICHTIGE Schlagzeilen (kann im Moment den Artikel nicht lesen) entnehme ich, dass RB Ricky Williams wie erwartet ein ganzes Jahr gesperrt wird.
Damit fällt er nach einer sehr guten Saison in 05 für die Dolphins aus und nun liegt die Last auf den Schulteren vom noch FastRookie RB.
Ich denke ein spürbarer Verlust für MIA die ja auch in der Free Agency heftigst aufgerüstet haben.
Mal sehen ob sein Nachfolger der sich letztes Jahr mit Ricky die Spielzeit geteilt hat, ein every down RB ist oder ob MIA nochmal Verstärkung holt.
MIA QB Culpepper hätte nach seiner letzten Katastrophen Saison in MIN, ein gut funktioniereneds und gefährliches Laufspiel sicher gut getan und Ricky hätte hier seinen Teil dazu beigetragen.
Interessant wird sein , welche Substanz zur Sperre von Ricky geführt hat.
Weiter wichtige Schlagzeile: GB QB hängt Favre doch noch ein Jahr dran .
Gruß, Alex
das Favre noch ein Jahr dranhängt überrascht mich doch ein wenig…aber gut, dass die Endscheidung endlich gefallen sein soll…wobei ich auf packers.com nicht davon gelesen habe…offizelle Meldung scheint zumindest noch zu fehlen!
@rockhound….ist dir vielleicht r7 ein begriff? …nur so nebenbei frag
Auf Yahoo US Sports NFL steht das mit Bezug auf eine AP Meldung.
http://sports.yahoo.com/nfl/news?slug=ap-packers-favre&prov=ap&type=lgns
Alexander
ja…auf nfl.com ist es auch gemeldet! Favre hängt noch ein Jahr dran.