Money League
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte hat passend zum BVB-Debakel, eine Liste der umsatzstärksten Fußballvereine der Welt erstellt. Mit “Umsatz” sind Einnahmen aus Stadion, Sponsoring, TV-Verträge, Merchandising u.ä. gemeint, nicht aber Einnahmen aus Spielertransfers.
ManU führt mit deutlichem Vorsprung die Liste vor Real und dem AC Milan an. Größter Aufsteiger ist, wen wunderts, Chelsea, springt von Platz 10 auf 4, dahinter ist Juve. Hinter den Top 5 tut sich ein großer Spalt bis zum 6ten Arsenal auf. Barca macht dank eines TV-Exklusivvertrages ebenfalls einen großen Sprung, von 13 auf 7.
In der Tendenz sind hat sich kein italienischer Verein verbessern können und beide Bundesligisten, Bayern und Schalke, sind um 4 bzw. 3 Plätze gefallen. 15 der 20 Vereine kommen aus England, Spanien oder Italien. Mich erstaunt immer wieder die gute Position der beiden Glasgower Clubs die zuhause mehr oder weniger eine Micky-Maus-Liga haben und europäisch nicht wirklich durch konstant stramme Leistungen auffallen, ebenso wie Marseille, deren letzter Titel nun auch schon Äonen her ist (und in Sachen Mentalität sowieso eher Italiener als Franzosen sind). Und Manchester City? Aston Villa? Wow.
Die britische Dominanz (10 der 20 Teams) erklärt sich aus recht breiten Einnahmefeldern, während Spanier und Italiener sehr stark von TV-Verträgen abhängen. Unschlagbar sind die Briten in Sachen Stadioneinnahmen.
Deloitte sieht eine noch stärkere Dominanz der englischen Clubs kommen, wenn Arsenal in sein neues Stadion umzieht (15.000 “executive seats“!) und Chelseas aktuelle Zahlen dürften noch besser als die Zahlen aus 03/04 sein. Die Blauen könnten erstmals ManUs acht Jahre währende Spitzenposition gefährden. Bei ManU steht wiederum eine Vergrößerung der Stadionkapazität auf 76.000 an.
Für die nächsten Jahre wird zudem der Eintritt von noch mehr Franzosen erwartet, als Folge des 1,8 Mil.-TV-Deals.
Den Einfluß der Championsleague auf den generierten Umsatz taxiert Deloitte auf 10-20%. Als Gefahr wähnt Deloite eine Sättigung der Fans durch zu große Verbreitung von Logos und anderem Merchandisingmaterial. Daher loten die Vereine immer stärker außereuropäische Märkte aus.
Nicht ein einziger außereuropäischer Verein konnte sich in die Top 20 platzieren.
Die Umsatz-Top 20
(in Millionen Euro)
1 (1) – Manchester United 259.0
2 (4) – Real Madrid 236.0
3 (3) – AC Mailand 222.3
4 (10) – Chelsea London 217.0 (75Mio EUR mehr als im Vorjahr)
5 (2) – Juventus Turin 215.0
6 (7) – Arsenal London 173.6
7 (13) – C.F. Barcelona 169.2
8 (6) – Inter Mailand 166.5
9 (5) – Bayern München 166.3
10 (8) – F.C. Liverpool 139.5
11 (9) – Newcastle United 136.6
12 (11) – AS Rom 108.8
13 (18) – Celtic Glasgow 104.2
14 (16) – Tottenham Hotspur 100.1
15 (15) – SS Lazio Rom 99.4
16 (n/a) – Manchester City 93.5
17 (14) – Schalke 04 91.4
18 (n/a) – Olympique Marseille 88.0
19 (n/a) – Glasgow Rangers 86.2
20 (n/a) – Aston Villa 84.4
Links:
BBC, Guardian, deutsche Pressemitteilung.
Reaktionen
Ich bin gar nicht so ueberrascht von den Glasgower Clubs. Celtic hat eines der groessten Stadien in Grossbritannien, ich glaube Rangers Stadion ist auch recht gross, da bin ich mir nicht ganz sicher. Beide haben eine sehr grosse Anhaengerschaft und ziemlich regelmaessig volle Stadien (was einen grossen Teil des Umsatzes ausmacht). Teilweise reisen Leute auch von sehr weit an, angeblich sehr viele Skandinvier kommen recht regelmaessig ruebergeflogen. Von deren Dauerkartenabsatz koennen die meisten Clubs nur traeumen.
Auch international sind beide recht gut vertreten (nicht unbedingt spielerisch, aber kommerziell). Celtic hat einen grossen Markt in Irland (historisch bedingt), beide arbeiten daran international Merchandise zu verkaufen. Ich habe keine Zahlen, aber ich vermute dass obwohl es kein eigentlicher Fussball-Markt ist Verkaeufe in den USA recht gut sind. Beide Vereine gehen da ziemlich regelmaessig auf Tour (Saisonvorbereitung, wie auch ManU oder Liverpool), dabei koennen sie den “schottischen” Markt beackern. Sehr viele Amerikaner haben schottische Vorfahren (u.a. eine Folge der Highland Clearances) und duerften deshalb empfaenglich dafuer sein.
Soweit ich mich entsinnen kann war es kein grosses Problem ein Celtic Trikot in Deutschland zu finden (oder diverse andere Trikots britischer Clubs), dagegen ist es von Bayern Muenchen Trikots abgesehen einiges schwieriger hier deutsche Trikots zu finden.
Es duerfte weitere Gruende geben, ich bin jedenfalls nicht ueberrascht.
Ich stimme meinem Vorposter zu. Celtic und Rangers sind keine einfachen Vereine – sie sind eine Religion. Genaugenommen sind es zwei Religionen (sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne).
Das ist schon klar. Aber wovon sollen die Fans kommen?
Okay, es gibt eine Reihe von Übersee-Fans, Iren und Schotten. Aber deren Bindung und Geldwert ist natürlich eine andere als die der Fans vor Ort selber.
Die Fans vor Ort wiederum, bekommen bei Lichte betrachtet, eine Liga mit vier Spieltagen serviert: den vier Spielen zwischen Celtic und Rangers. Alles andere ist, übertrieben gesagt, Micky-Maus.
Auf europäischer Ebene kommen die Rangers und die Celtics kaum zu Potte. Vor 2-3 Jahren gab es einen UEFAcup-Finalspiel, ansonsten scheiden beide Vereine recht früh raus. Dieses Jahr haben die Rangers sich erst gar nicht für die CL qualifiziert und die Celtics rauschen nach der Hauptrunde und mit wirklich beschämenden Niederlagen als Vierter raus.
Ich will die Vereine nicht madig machen und habe nix gegen die Rangers und noch weniger gegen Celtic, ich bin nur schlichtweg verblüff und fasziniertt, dass sie nicht nur in Sachen Umsatz gut, sondern so gut da stehen und wie wenig dies z.B. mit sportlicher Basis zu tun hat (zumal Schottland/Irland nicht die wirtschaftlich potenste Region ist).
Bei Manchester City und Co. könnte ich es ja noch versuchen zu erklären, wg. attraktiver Premier League, ertragsreich etc…
Dies Top20, auch wenn sie den Stand vor 6 Monaten wiederspiegelt, läßt ahnen, wie sehr sich der Umsatz und damit die Attraktivität von Vereinen für Fans, inzwischen von sportlichen Qualitäten entkoppelt hat. Dafür stehen Caltic und Rangers nicht alleine.
Vergiss nicht dass der weitaus groesste Teil der schottischen Bevoelkerung im Central Belt wohnt. Von Edinburgh aus ist es ungefaehr eine Stunde mit dem Zug, dazwischen liegt auch noch einiges (auch wenn die eigene Erstligaclubs haben). Dann die ganzen Retortenstaedte suedlich von Glasgow und was alles so den Firth of Clyde runter liegt. Da kommt ganz schnell ein sehr grosses Einzugsgebiet zusammen in dem sich mehrere Millionen Menschen tummeln.
Selbst wenn das Geld knapp ist, fuer eine Reise zum Spiel reicht es immer. Da geht es um viel mehr als um ein Spiel, da geht es um Spass, Gemeinschaftsgefuehl, Freunde treffen usw usf. Dafuer wird dann halt woanders gespart.
Die Intensitaet die dort herrscht kann ich mir in Deutschland nur schwer vorstellen:
Ich war bis jetzt nur bei einem Pokalspiel von Celtic gegen einen Zweitligaverein (weiss nicht mehr so genau), selbst da war das Stadion besser gefuellt als ich es in Deutschland bei einem Bundesligaspiel gegen jemanden aus der unteren Tabellenhaelfte erwarten wuerde. Und selbst wenn die Stimmung ruhig war (das Spiel war ja nur Formsache), irgendwie war dort etwas in der Luft, eine gewisse Elektrizitaet, sehr schwer zu beschreiben. Aber es hat mir einen Eindruck gegeben, wie es bei einem wichtigeren Spiel sein muss.
Vor ein paar Jahren habe ich mal Bayern gegen ManU gesehen (weiss nicht mehr ob das vor oder nach dem beruechtigten Finale war), da konnte man fast einschlafen. OK, das Olympiastadion mag dazu beigetragen haben, aber ausser der Fankurve waren alle nur ruhig und schliefen auf ihren Sitzen.
Wenn ich diese beiden Erlebnisse vergleiche, dann weiss ich warum Celtic (und wohl auch Rangers) so gut dastehen.
Mal davon abgesehen, so schlecht wie immer gesagt wird geht es Schottland und Irland gar nicht, bzw es sind noch immer massenhaft Leute da die genug verdienen. Es ist nicht alles so wie in Trainspotting und aehnlichen Filmen dargestellt ;-)