The Evening Hoyzer

Hoyzers Aussagen kursierten heute den ganzen Tag durch die Medien, nicht zuletzt weil der DFB Akteneinsicht bekommen hat. Darüber hinaus zeigen sich einige Medien wieder besser informiert und berichten neue Details über den Skandal.

In “Hoyzer versucht, sich an anderen zu rächen” äußern sich Lutz Michael Fröhlich, Olaf Blumenstein und Manuel Gräfe, die drei Berliner Schiedsrichter die mit ihren Aussagen den Fall Hoyzer los traten, zu Hoyzer und geben sehr spannende Einblick wie Schiedsrichter untereinander “ticken”

Lutz Michael Fröhlich: Schon kurz vor Weihnachten hatte uns Felix Zwayer gesagt, dass ihn Robert unter anderem im Zusammenhang mit dem Zweitligaspiel Essen gegen Köln angesprochen hätte. Er hatte gesagt, dass Köln heute gewinnen müsse. Aber Felix wollte damit nichts zu tun haben und beendete das Gespräch. Mit dieser Auskunft und anderen Informationen aus seinem privaten Umfeld und Schiedsrichterkreisen haben wir uns über Weihnachten geschleppt. Auf der DFB-Halbzeittagung haben wir Robert noch einmal genauer beobachtet und bekamen zusätzlich von Felix die Information, dass Robert ihn im Januar beim Hallenturnier in Riesa noch einmal angesprochen habe. Dann haben wir beschlossen, bei Schiedsrichterobmann Volker Roth anzurufen und die Sache zu melden. Das war am 19. Januar […]

Es gab nur einmal eine Anfrage an mich, ob ich gehört hätte, dass Robert wettet – aber nur wettet. Damit habe ich Robert Ende August, nach dem Spiel Paderborn – Hamburger SV konfrontiert. Ich habe ihm gesagt, es gebe das Gerücht, dass er wette. Er hat gesagt, da sei nichts dran. Dann habe ich ihm einen einstündigen Vortrag gehalten, unter anderem über korrektes Auftreten und Verhalten in der Öffentlichkeit […]

In seinem Auftreten hatte er etwas, das nicht authentisch war. Er kam immer ein bisschen gekünstelt rüber. Aber da denkt man eher, der hat noch Probleme mit sich selbst. Die Persönlichkeitsentwicklung war auf jeden Fall nicht in Harmonie mit dem Potenzial, das er als Schiedsrichter hatte.

Manuel Gräfe: Wir hatten auch noch Informationen aus seinem Umfeld über seinen Lebensstil und seine Lebensführung. Da kam ein Mosaikstein zum anderen. Mit den Aussagen von Felix Zwayer ergab sich dann ein vollständiges Bild.

Alle drei Schiedsrichter verteidigten im Interview Felix Zwayer, der ja auch von Hoyzer beschuldigt wurde. Erst Zwayer hätte mit seinen Aussagen den Fall ins Rollen gebracht. Hoyzers Aussagen wären vermutlich nur Racheakte. Fröhlich nimmt auch den jetzt ins Fokus gerückten Schiedsrichter Jürgen Jansen in Schutz, der nur wenig Sympathien für Hoyzer übrig hatte und Dominik Marks, dessen grundsoliden Lebensverhältnisse gegen Bestechung sprächen (frisch verheiratet, Kind, Ausbildung).

Unterm Strich ein sehr intensives Interview. Lesen.

Andere Formen der Bestechung

Unterdessen legt die SZ in einem Artikel von Hans Leyendecker, Thomas Kistner und Johannes Nitschmann eine Erweiterung der Vorwürfe nahe. So sollen nun im Frankfurter Raum auch der Zusammenhang zwischen Schiedsrichterbetreuung und dem Rotlichtmilleu untersucht werden.

In dem Artikel der SZ wird auch präzisiert warum Hoyzer die Manipulation von zwei Spielen mislang. In einer Partie gab er Unterhaching einen “faulen” Strafstoß, den Copado aber nicht zum Ausgleich versenkte, stattdessen schoß Saarbrücken im Gegenzug das 3:1. Hoyzer musste das Geld zurückzahlen.

Die SZ wiederum weiß von Merkwürdigkeiten bei der Durchsuchung vom Hotelzimmer vom Aachener Reghecampf zu berichten. Reghecampf war von der Durchsuchung an seinem früheren Wohnort in Cottbus telefonisch unterrichtet worden und wurde eine halbe Stunde später von den Polizisten in Aachen auf dem Klo gefunden, wie er eilig dabei war, Dokumente zu zerreissen und im Klo runterzuspülen.

Oder auch nur Geld

Dem SPIEGEL sollen lt. versch. Medien Informationen über die Geldsummen vorliegen. So soll Dominik Marks nach Angaben von Hoyzer 5.000 EUR für das Verpfeifen eines Regionalliga-Spiels bekommen haben und 30.000 für ein Zweitliga-Spiel. Doch obacht: hier sei an das obige Interview mit den Berliner Schiedsrichter erinnert, die sich so richtig einen korrupten Dominik Marks nicht vorstellen können.

Jürgen Jansen hat den “Passauer Neuesten Nachrichten” ein Interview gegeben, dass zu einem Großteil online zu lesen ist.

[Meine Gefühlslage] ist irgendwie zweigeteilt: Auf der einen Seite meine persönliche Situation, auf der anderen die des Schiedsrichters Jansen. Ich fühle mich als Schiedsrichter vom Deutschen Fußballbund absolut allein gelassen. Alles und jeder rückt von mir ab, obwohl die Verantwortlichen wissen, wo ich bin und wer mich vertritt. Ich hätte erwartet, dass sich bei dieser Tragweite auch mal der DFB-Präsident mit mir in Verbindung setzt. Als Mensch bin ich tief getroffen, in meiner Seele und in meinem Herzen! Ich bin mit Leib und Seele Schiedsrichter, ich habe mit 15 Jahren meine Schiedsrichter-Prüfung gemacht und bin jetzt 44. Ich habe in allen Klassen gepfiffen und meinen Buckel hingehalten. Ich habÂ’ sicherlich ein breites Kreuz, aber das ist mein schwerstes Spiel. Hier geht es nicht mehr nur um Fußball, sondern auch darum, einen Menschen fertig zu machen. Aber ich werde auch in dieser schweren Zeit wieder aufstehen – ob noch mal als DFB-Schiedsrichter, das wird man sehen. Momentan ist in mir eine absolute Leere und Traurigkeit.

Morgen will Jürgen Jansen auf einer Pressekonferenz mit Videos seine Unschuld beweisen. Zwar bezweifle ich dass die Videos als Beweismittel dienen können. Aber auch Jansen weist auf einen gewaltigen Schwachpunkt der Ermittlungen derzeit hin: von all den Namen die im Umlauf sind, sind nur Hoyzer und zwei Spieler von der Staatsanwaltschaft offiziell bestätigt worden. Bis dahin stehen bei den anderen Fällen wie Jansen oder Marks Aussage gegen Aussage.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Meine Fresse! Ich wollte doch einfach “nur” Fußball… Das wird ja immer verrückter!
    Wird eigentlich am Samstach gespielt?

  3. Wenn wir alle zusammenlegen, reicht es vielleicht für ein Spiel.

  4. Übrigens meldet die BILD dass gegen Marcel Reif ein Strafverfahren wg. Steuerbetrug oder Geldwäsche anhängig ist, weil er angeblich für einen Kumpel eine sechsstellige Geldsumme im Porsche von Zürich nach München brachte.

    Marcel Reif sagt dass er die Einzelheiten des Verfahrens und der Vorwürfe nicht kennt und sich daher noch nicht äußern will.

  5. … das mit Herrn Reif ist mir auch gerade erschienen…
    Fußballspocht als übler Sumpf skrupeloser Geldgeier. Das gibt Stoff zum Schreiben über Jahre hinaus…

  6. Im Falle Reif: abwarten. Bestätigt ist nix, wissen tut man recht wenig und das auch nur aus einer recht sumpfigen Quelle.

  7. Ja, die Freunde von der BILD sind ja so ein Pack für sich…

    Ich finde allerdings die moderate Reaktion von Herrn Reif sehr seltsam. Warum ist er nicht empört und weißt die Vorwürfe auf das schärfste mit allen rechtlichen Mitteln zurück?

  8. Was soll Reif sagen, wenn er noch nichts von der Staatsanwaltschaft gehört hat?

  9. Nachtrag: Marcel Reif wird am Wochenende aufgrund der Geschichte nicht kommentieren.