BVB und Chelsea. Zwei Highflyers.

Um mal eine neue Verschwörungstheorie ins Spiel zu bringen: ich gehe fest davon aus, dass die ganze Hoyzer-Geschichte vom BVB inszeniert worden ist, um von den eigenen Problemen abzulenken. Obwohl: bei Dortmunds Finanzen sind wahrscheinlich noch nicht einmal die 15.000,– EUR zur Schiebung drin. Gestern wurde bekannt dass der BVB 8,9 Angestellte der Geschäftsstelle entlässt.

Der BVB ist das deutsche Paradebeispiel für eine Vereinspolitik, die glaubt nur mit viel Geld am ganz großen Rad in Europa drehen zu können. Ein anderes Beispiel auf europäischer Ebene ist Chelsea FC.

BVB – oder wie auch immer der Club heißen mag

Lange hat man nichts mehr vom Duo Infernale, von der medialen BVB-Zange Röckenhaus/Hennecke (SZ/KICKER) gehört. Wo immer ein Papier vom BVB durchsickerte, waren die beiden nicht weit. Die nahezu parallele Veröffentlichung des neuesten Streichs der BVB-Führung legt nahe, dass die beiden wieder bewusst angefüttert wurden (SZ vom 3.2., KICKER am 3.2.).

Manager Michael “RosaLaune-Bär” Meier hat im Jahre 2000 mit dem Gerling-Konzern eine Vereinbarung getätigt. In typischer Meier/Niebaum-Manier wurde Borussias gefloppte Sportartikel-Marke “goool.de” an den Gerling-Konzern für 20 Mio EUR verkauft und gleichzeitig gegen eine jährliche Gebühr von 1,4 Mio EUR zurückgeleast.

So weit, so schön. Die Probleme entstehen nun, weil erst dieser Tage zwei Details aus dem 2000er-Deal bekannt wurden.

1/ Als Sicherheit hat der BVB den Vereinnamen und das Vereinsenblem verpfändet. Kann der BVB die Gebühr nicht zahlen, landen Logo und Name beim Gerling-Konzern.

2/ Der Gerling-Konzern besitzt ab diesem Sommer eine Ausstiegsoption und kann damit den BVB zwingen die Marke “goool.de” für 20 Mio EUR zurückzukaufen. Der BVB hat derzeit alles, nur keine 20 Millionen. Und dreimal darf man raten was passiert, wenn der Gerling-Konzern die Option zieht und der BVB das Geld nicht aufbringen kann: Logo und Name landen beim Gerling-Konzern.

Röckenhaus und Hennecke zitieren Insider, die wissen wollen, dass der Gerling-Konzern die Option ziehen will.

Als Kollateralschaden aus diesen bislang geheimgebliebenen Nebenaspekten des Gerling-Deals sind nun einige Menschen recht sauer. “Retter” Rauball will von nichts gewusst haben (“Es werden sich daraus jetzt emotionsgeladene Diskussion ergeben.“, großartiger Satz!). Finanzmakler Stephen “die Anleihe” Schächter war auch nicht informiert und weigert sich jemals wieder mit Meier/Niebaum zu sprechen.

Es gibt darüber hinaus interessante Details bezüglich des Gerling-Konzerns, deren englische Tochter unlängst Leeds United gegen die Wand hat fahren lassen und dessen damalige Mutter, die Deutsche Bank, den Börsengang des BVBs begleitet hat und möglicherweise den Anlegern nicht alles gesagt hat, was konzernweit bekannt gewesen ist. Für diese Details wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an den Artikel von Freddie Röckenhaus in der SZ.

Das Chelsea-Modell

In einem Punkt unterscheidet sich der BVB von Chelsea. Wo der BVB auf dem freien Markt nach Geld suchen muss, hat Chelsea einen Besitzer der britische Pfund in den Verein reinpumpt. Dieser Tage wurden die letztjährigen Bilanzen für Chelsea veröffentlicht. Die Blauen fuhren den mit Abstand höchsten Verlust in der Geschichte der Premier League ein: knapp 130 Mio EUR. Zum Vergleich: der bisherige Rekordhalter Leeds United fuhr 2003 etwas mehr als die Hälfte, 75 Mio EUR Schulden ein, ehe wenige Monate später der Stecker rausgezogen wurde.

Jedermann weiß das Chelsea derzeit von den Launen Abramovichs abhängt. Er hat seit seinem Erscheinen im Sommer 2003 450 Mio EUR reingebuttert. Was passiert wenn Chelsea die dritte Meisterschaft und die 2te Championsleague gewonnen hat, wird Abramovich noch willens sein, weiterhin zweistellige Millionenbeträge in den Verein zu investieren?

Das weiß natürlich auch der Geschäftsführer Peter Kenyon, der einst ManU mit Ferguson aufgebaut hat. Deswegen sucht er nach Mitteln und Wegen Abramovichs aggressive Strategie in ein funktionierendes Geschäftsmodell umzuwandeln. Er selbst glaubt das Chelsea 2010 den break even schaffen wird.

Kenyon stellt Weichen. Auf der einen Seite werden die Ausgaben gekürzt. Von 2003/04 auf 2004/05 wurden die Ausgaben mehr als halbiert (von 260 Mio auf 125 Mio EUR).

Auf der anderen Seite sollen mehr Einnahmen gemacht werden Ein bis 2011 laufender Vertrag mit Ausrüster UMBRO wurde auf 2006 verkürzt, UMBRO mit 45 Mio EUR ausbezahlt. Diese Woche holte man stattdessen Adidas ins Boot. Bis 2014 bekommt man 18 Mio EUR jährlich aus Herzogenaurach überwiesen. Für die nächste Saison wird ein neuer Trikotsponsor gesucht, einer von sechs interessierten Konzernen wie Siemens und Orange sollen pro Jahr 1-2 Mio EUR mehr in die Kasse spülen (10-12 Mio EUR p.a.) .

Ferner möchte man aggressiv den chinesischen und US-amerikanischen Markt mit der Marke “Chelsea FC” abgrasen. Trotz dieser kühnen, weltumspannenden Pläne, erinnert diese Sorte von finanzieller Abhängigkeit an Mäzenatentum von Provinzfürsten bei kleinen Vereinen. Die Überlegenheit dieses Models gegenüber des BVB-Models muss sich erst noch zeigen.

Links: BBC, Guardian, Independent

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Chelseas Modell hat für mich den Vorteil der Transparenz, auch wenn man lieber nicht wissen will, wo Abramowitsch das Geld herhat.
    Was Dortmund ganz nah an die Grube gebracht hat, ist ja das undurchsichtige und scheinbar überragend inkompetente Gemauschel mit den verdeckten Krediten. Das eigene Vermögen (Stadion und jetzt Vereinsname, was immer das heißen mag) zu verscherbeln und dann teuer zurückzumieten, war noch nie eine gute Strategie.

  3. BVB Vereinsenblem verpfndet ?

    Borussia Dortmund in dieser Weise ins Spiel zu bringen hat schon was. Absurder geht es wohl kaum.
    So geschehen auf allesaussersport Mein Geschmack entspricht es nicht.

    Was mich erschreckt sind die Fakten.
    Borussia Dortmund verpfndet das Vereinse…

  4. der ausrüster-deal ist wohl nicht so überragend, etwa auf dem niveau von arsenal (19 mio, nike), deutlich unter dem von und manu (34 mio, nike). was den
    verlust angeht: chelsea schleppt nach den ganzen einkäufen natürlich eine masse an anschreibungsobjekten mit sich herum. alleine der fall mutu macht wohl 15-20 mio aus (24 mio kaufpreis, erstes jahr von vier oder fünf abgeschrieben, dann den kompletten rest auf einmal). insofern dürfte der operative verlust sich etwa in dortmunder dimensionen bewegen.