Die Skepsis-Choreographie
Die deutsche Variante
Und wenn ich denn am Wochenende ein Übelkeitsgefühl bekommen habe, dann war es der mediale Hype um die US-amerikanischen Physiotherapeuten, die Klinsmann und Co. einfliegen liessen.
Dagegen gibt es nix einzuwenden. Kann man machen und wenn es gefällt, sogar öfters. Ausprobieren ist legitim.
Wer und was sich aber alles zum Bedenkenträger aufgeschwungen hat, war schon krass. Keine seriöse und unseriöse Tageszeitung die nicht mindestens zwei Spalten über die Trainingsstunde gebracht hätte. Und nahezu unisono das Unbehagen über Klinsmanns Attitüde “einfach mal ausprobieren“, oder im Bierhoff-Sprech, “neue Reize setzen“, die Umwälzungen und die Verwendung einer neuen Rhetorik.
Es scheint als hätten die Verbreiter von seit Reporter-Generationen eingefrästen Sprach-Versatzstücken Probleme, wenn jemand im Fußball jene Sprache einführt, die jeder Selbständiger oder sonstwie in der freien Wirtschaft Tätige verwendet.
Klinsmann, Bierhoff und Löw reiten aber fürwahr auf einem dünnen Grat. Dort wo man Umwälzungen versucht, müssen viele Widerstände überwunden werden und viele fühlen sich zurückgesetzt, beleidigt oder beschuldigt. Der “Andersmacher” wird als “Besserwisser” angesehen. Die Fäuste werden in den Taschen geballt und es wird der Moment abgewartet, an dem die Stunde der Rache kommt.
Es erinnert mich an Berti Vogts in Leverkusen, der mit noch mehr Pathos versucht hat, völlig anders an die Leitung einer Mannschaft heranzugehen. Weil er sich optisch und verbal leicht zum Klugscheißer und Witzfigur abstempelt läßt, hat es exakt eine Niederlage gedauert, bis das Hinterfragen angefangen hat und zwei Niederlagen bis die Demontage einsetzte.
Die wahre Bewährung für Klinsmann-Bierhoff-Löw kommt, wenn die ersten Rückschläge einsetzen. Die Gegner haben schon längst ihre Artillerie ausgerichtet. Die BILD-Zeitung stichelt wo sie nur kann (“Gummi-Twist”) und findet leicht Verbündete (Neururer).
Die englische Variante
Einer der derzeit sich irgendwo zwischen “Hinterfragt-werden” und “Demontage” befindet, ist Sven-Göran Eriksson, der englische Nationaltrainer.
Die Vorarbeit hat Eriksson mit privaten Geschichten und einem, nach englischem Empfinden, enttäuschenden Abschneiden bei der EM geleistet. Der Rückhalt im Verband ist nicht mehr existent und nach dem Unentschieden gegen Österreich vom Wochenende, scheint Eriksson nur noch eine Niederlage davon entfernt zu sein, sturmreif geschossen zu werden.
Es ist schlimm bestellt, wenn offen ausgesprochen wird, dass Erikssons bester Schutz gegen seine Entlassung, die hohe zu zahlende Abfindung ist.
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