Borussia Dortmund vor dem Finanzcrash
Nun liegt der von der Netzeitung angerissene Artikel zumindest der “Süddeutschen” vor: “Borussia Dortmund vor dem Finanzcrash”
Wie bereits vorhin angerissen, Kicker und SZ melden, dass der BVB bei einem englischen Finanz-Dienstleister eine 100mio EUR schwere Anleihe nehmen muss, um Budget-Löcher zu stopfen, von denen at least 50mio bereits dieses Jahr problematisch werden.
Die SZ schreibt, im Tonfall könnte es nicht dramatischer sein,
Wie aus Vereinsgremien bekannt wird, regt sich erstmals erheblicher Widerstand gegen die Geldbeschaffungspläne des Klub-Präsidenten Gerd Niebaum. Anders als in Schalke, wo mit den Schechter-Millionen alte Kredite abgelöst wurden, würden die Anleihe-Millionen offenbar existenziell benötigt – um katastrophale Etatlöcher im laufenden Geschäftsjahr auszugleichen und liquide zu bleiben. „Wenn nicht noch ein Wunder geschieht“, wird der Hypovereinsbank-Analyst Peter-Thilo Hasler in Focus Money zitiert, „dürfte der BVB in der laufenden Saison gigantische Verluste einfahren.“ Geschätzt werden für die laufende Saison (die identisch mit dem Geschäftsjahr der börsennotierten Borussia Dortmund KGaA ist) mindestens 50 Millionen Euro Verlust. Das Tafelsilber, so eine Stimme aus dem engsten Führungskreis des BVB, sei bereits verkauft, nun plane Niebaum mit der Anleihe auf künftige Zuschauereinnahmen den „Ausverkauf der Zukunft des Vereins“.
Der SZ-Artikel macht klar, dass sich die Probleme der Borussia nicht nur aus der aktuellen sportlichen Krise erklären, sondern zu einem Großteil aus dem Finanzgebaren der letzten Jahre, bei dem allerlei in den Bilanzen getrickst wurde. Zahlreiche Löcher wurden durch Vorgriff auf zukünftige Einnahmen scheinbar gestopft.
Dieses Prinzip erinnert an den Baulöwen Schneider oder an Pyramiden-Spiele: es funktioniert solange für die Zukunft noch resourcen da sind. Aber irgendwann ist alles abgegrast, verpfändet oder vorweg genommen. Das ist der Moment in dem das Kartenhaus zusammenstürzt. ich zitiere wieder aus der SZ:
So melden zuverlässige Quellen, dass der BVB 15 Millionen Euro für den Spieler Evanilson an den AC Parma überwiesen habe. Dortmund kam damit einer Geheimvereinbarung nach, die schon im Sommer 2001 beim Transfer von Marcio Amoroso mit den Italienern ausgehandelt wurde. Damals hatte Dortmund seinen Brasilianer Evanilson für geradezu utopisch anmutende 20 Millionen Euro bei Parma in Zahlung gegeben und deshalb nur 7,7 Millionen für den Weltstar Amoroso überweisen müssen. Wahrer Zweck des absurden Tauschhandels: Die virtuellen 20 Millionen für Evanilson wurden pünktlich zum 30. Juni 2001, also am letztmöglichen Tag, in die erste Jahresbilanz der neuen Borussia Dortmund Kommanditgesellschaft auf Aktien eingebucht. Ohne den Evanilson-Schachzug hätte Dortmund schon im ersten Jahr nach dem Börsengang einen fulminanten Verlust von fast 20 Millionen Euro ausweisen müssen.
Dieser Moment könnte nun gekommen sein. Es ist wohl kaum Zufall, dass die Borussia eine derart spektakuläre Anleihe zu einem Zeitpunkt unternimmt, zu dem wegen der Weihnachtsfeiertage der mediale Aufruhr geringer als sonst üblich wäre.
Die Konsequenzen aus dem versuchten Anleihe-Deal: die Borussia halst sich laut SZ für kurzzeitig “frisches” Geld Fixkosten von 27mio EUR per annum auf, davon alleine 17mio für das vermeidlich “eigene” Stadion.
27mio EUR entspricht dem gesamten Saisonetat vom VfL Bochum.
Die SZ spricht ferner davon, dass dieses ganze Finanzgebahren inzwischen zu offener Kritik im Aufsichtsrat führt. Aufsichtsratsmitglieder legen ihr Amt nieder und der Aufsichtsratvorsitzende Materna stellt sich offen gegen die Anleihe: “Die Phantasie der Finanzjongleure und Geldverleiher kennt keine Grenzen. Aber als Aufsichtsratsvorsitzender einer KgaA hat man nicht die Möglichkeiten eines Aufsichtsrats einer normalen Aktiengesellschaft. Wir haben nur eine beratende Funktion. Das ist ein Nachteil. Meine Handlungsmöglichkeiten sind eingeschränkt.” (O-Ton lt. SZ)
Der Artikel ist von Freddie Röckenhaus geschrieben, einem freien Mitarbeiter der für verschiedene Medien seit Jahren u.a. über die Borussia berichtet. Röckenhaus ist ein ebenso informierter wie extrem kritischer Begleiter der Borussia. Er hat bereits oft und häufig den jetzigen Vorstand kritisiert, was die Schärfe des Artikels erklärt. Aber ich wüsste nicht wo Röckenhaus faktisch schon mal danebengelegen hätte…
Das werden alles andere als geruhsame Zeiten für den BVB.
Weitere Links:
Artikel in der SZ von Röckenhaus
Kommentar in der SZ von Röckenhaus
Forum des Fanclubs Schwatzgelb
Aktueller Thread im Schwatzgelb-Forum
Schwatzgelb.de
Reaktionen
Am Montag hat Borussia Dortmund um 14h00 auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz die finanziellen Probleme bestritten. Siehe dazu die Meldung auf der offiziellen BVB-Site: http://borussia-dortmund.lycos.de/?%82%98%2Ak%97%84%ECYb%E4%8D%9C
Die Erklärung Borussias liest sich üblich agressiv, verbreitet wieder die “Alle-sind-gegen-uns”-Atmo, ist aber äußerst dünn an konkretem Zahlenmaterial.
Was, zumindest in der BVB-Meldung fehlt, ist eine Offenlegung von Zahlen und Prognosen, die über das gesetzliche Minimum einer AG hinausgehen.
Stattdessen mit Strafanzeigen zu drohen, oder Dinge zu dementieren die so gar nicht behauptet wurden, kommt nicht nur unsouverän, sondern läßt die Vermutung zu: “Da wo Rauch, da auch Feuer”